Symphonie der Herzen
dass James’ irischer Akzent von Minute zu Minute stärker wurde.
Unmittelbar hinter dem noch relativ kleinen Eingangsbereich lag ein kreisrundes Atrium, das von einer Kuppel gekrönt wurde, und in der Mitte befand sich ein auf Hochglanz polierter kleiner Tisch, auf dem sich wiederum eine kostbare Vase aus Bleikristall mit blauem Rittersporn befand. »Dies ist die Rotunde«, erklärte James. »Mittlerweile bricht ja leider schon die Dämmerung herein. Aber am Tage glitzert dieser Raum regelrecht vor lauter Licht.«
»Ich finde die Architektur des Raumes auch im Dämmerlicht fantastisch.« Alles an diesem Gebäude beeindruckte Louisa.
»Vielen Dank. Ich habe ihn ja auch erst kürzlich neu gestalten lassen. Dieser Raum ist das Werk von keinem Geringeren als Sir Richard Morrison, der in meinem Auftrag übrigens auch noch andere Bereiche des Hauses umgebaut hat. Was die Inneneinrichtung betrifft, so habe ich vorsichtshalber noch gewartet. Ich dachte mir, dass du da bestimmt noch ein Wörtchen mitreden willst. Am besten, wir entwerfen einfach gemeinsam einen Plan.«
Louisa aber schwieg, während sie im Stillen schon wieder mit ihm grollte: Tu doch nicht so, als ob du dich für meine Wünsche interessierst - du versuchst doch bloß, höflich zu sein. Sie misstraute ihm noch immer.
»Möchtet Ihr, dass ich Euch auch gleich die restlichen Räumlichkeiten zeige, Lady Abercorn?«, mischte Mrs Connelly sich ein.
»Nein, vielen Dank. Heute Abend fühle ich mich dazu leider nicht mehr in der Lage - oder?« Bittend schaute sie zu James auf.
»Nein, da gebe ich meiner Frau Recht«, bestätigte er mit verständnisvollem Lächeln. »Das Einzige, was Lady Abercorn heute Abend noch benötigt, sind ein heißes Bad und ein weiches Bett.«
Auf ein knappes Zeichen der Hausdame hin verschwand die Dienerschaft wieder in der Küche oder wo auch immer sie sonst gerade zu tun hatten. Außer Mrs Connelly blieben also nur noch zwei junge Frauen übrig. »Ihr werdet sicherlich eine Zofe brauchen«, erklärte die Hausdame mit gewichtiger Miene und deutete auf das Mädchen links neben ihr. »Dies ist Meg. Und die Rundliche da, das ist Molly. Die Entscheidung, welche Euch lieber ist, liegt ganz bei Euch, Mylady.«
Aufmerksam musterte Louisa die diensteifrigen Gesichter der beiden und kam schließlich zu dem Ergebnis, dass es eigentlich recht unfair wäre, die eine der anderen vorzuziehen. »Ich nehme euch einfach beide mit«, entschied sie. »Meg kann mir schon einmal ein Bad einlassen, während Molly mir beim Auspacken hilft.«
Unterdessen holte gerade einer der Diener das Gepäck aus der Kutsche und trug es leise ächzend in den Hausflur. Siedend heiß fiel Louisa in diesem Moment ein, dass sie sich ja noch gar nicht nach ihren vorausgeschickten Gepäckstücken erkundigt hatte. »Sind denn eigentlich meine Truhen aus England schon eingetroffen, Mrs Connelly?«
»Aber sicher. Sind alle da. Ich habe sie schon einmal ins Schlafzimmer hinaufschaffen lassen. Aber wir haben natürlich noch nichts angerührt. Ich habe es meinen Untergebenen strengstens untersagt, auch nur eine einzige Truhe oder einen einzigen Koffer zu öffnen, bis Ihr dabei seid, um das Auspacken persönlich zu überwachen.« Kate Connelly zögerte einen Moment. »Außerdem waren da noch dieser zauberhafte Schminktisch mit dem dazugehörigen Hocker, die angeliefert wurden, sodass ich mir die Freiheit genommen habe, die beiden in das Zimmer gleich neben dem Schlafzimmer schaffen zu lassen. Ich denke, dieser Raum könnte ein wunderbares Ankleidezimmer für Euch werden, Lady Abercorn.«
»Dankeschön. Der Tisch und der Hocker sind ein Set, das mir meine Eltern zur Hochzeit geschenkt haben. Es gehörte einst Joséphine de Beauharnais, gemeinsam mit den Spiegeln und den goldenen Schalen, die zu dem Tisch gehören.«
»Das ist ja nicht zu glauben!«, hauchte Mrs Connelly mit höflicher Bewunderung.
James nahm seine große Reisetasche auf, während der Diener Louisas Koffer ergriff. Mit energischen Schritten ging Abercorn voraus; seine Frau und die beiden Zofen folgten ihm. Unterdessen betrachtete Louisa angenehm überrascht und mit großen Augen die dem Atrium nachgelagerte Haupthalle, in der ihr zu Ehren an diesem Abend sogar sämtliche Kerzen und ein knisterndes Kaminfeuer entzündet worden waren. Doch Louisas Blick schweifte bereits weiter, denn hinter einem ausladenden Mauerbogen schwang sich die Haupttreppe ins Obergeschoss empor.
Das Schlafzimmer, in dem sie und James
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