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Symphonie der Herzen

Titel: Symphonie der Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virgina Henley
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unendlich wütend und zugleich über alle Maßen enttäuscht. Sie verfluchte ihren Ehemann, den sie als die Quelle ihres Kummers betrachtete, und wünschte, sie könnte endlich ausbrechen und eine Runde im See schwimmen - es war doch solch ein schöner sonniger Tag. Stattdessen jedoch hatte man sie hier eingesperrt, in einem winzigen Zimmer ohne jede Ablenkung, und ihre einzige Gesellschaft waren ihre Erinnerungen.
    In Gedanken wanderte Lu zurück zu jenem Tag, als James mit ihr die Bootstour über die Seenkette unternommen hatte. War das ein herrlicher Ausflug gewesen!, seufzte sie im Stillen. Dann erinnerte sie sich daran, wie er ihr das Schwimmen beibrachte und dabei so unendlich viel Geduld bewiesen hatte. Ich hatte ihm vollkommen vertraut und mich ganz in seine Hände begeben, sinnierte sie verträumt. Ja, wahrscheinlich war mein Vertrauen überhaupt erst der Schlüssel dazu, warum ich so schnell schwimmen gelernt habe.
    Und als ich ihm schließlich auch noch erlaubte, mich zu lieben, da war es, als ob ich meinen eigenen Schatten übersprungen hätte. Und dann wirft er mir im Gegenzug vor, ich würde ihm nicht vertrauen? Wie konnte er nur so etwas sagen!
    Doch nur einen knappen Wimpernschlag später begriff Lu auch schon, was wohl der Grund für James’ scharfe Erwiderung gewesen war. Nun, sprach sie im Geiste zu sich selbst, das hat er schlicht und einfach deshalb gesagt, weil ich ihm vorgeworfen habe, Kitty geschwängert zu haben. Aber genau das hatte Kitty ja auch behauptet - sie sagte, James sei der Vater ihres Kindes! Auch wenn James’ Entrüstung, als ich ihm genau dies vorwarf, ziemlich glaubwürdig wirkte. Was hat er doch noch gesagt: »Vor allem aber solltest du nicht darüber nachgrübeln, ob du mir trauen kannst, sondern versuche zu erspüren, ob du dir selbst traust, denn in deinem Selbstvertrauen liegt der Schlüssel zu unserer Ehe.«
    Mit einem Mal fiel ihr wieder eine der Latein-Lektionen aus ihrer Kindheit ein: Qui ama, crede - wer liebt, vertraut. »Genau das hat auch James gesagt«, murmelte sie leise. »Wenn ich ihn lieben würde, dann würde ich ihm auch vertrauen.« Schweigend saß Lu da und hing ihren Gedanken nach.
    Aber ich liebe ihn doch! Ich liebe ihn sogar von ganzem Herzen!
    Und warum vertraue ich ihm dann nicht?
    Weil er ein Mann ist.
    Andererseits hat James mir doch schon tausendmal bewiesen, dass er anders ist als all die anderen Männer. Was also wäre, wenn Kitty vielleicht gelogen hätte und Abercorn eben doch nicht der Vater ihres Kindes ist? Sie wäre schließlich nicht die Erste, die in einer solch ausweglosen Situation plötzlich zu einer Notlüge greift. Ich habe ja selbst schon einmal gelogen, als es um eine Schwangerschaft ging ...
    Nachdenklich öffnete Louisa das Fenster und schüttelte ihr Bett auf. Anschließend goss sie etwas Wasser aus dem großen Krug in eine der goldenen Schüsseln, die einst Joséphine de Beauharnais gehört hatten. Das Wasser war zwar kalt, doch Louisa nahm die Kälte kaum wahr, da sie, als sie sich wusch, in erster Linie an Napoleon Bonaparte und seine Kaiserin dachte. Ich wüsste gerne, ob die beiden sich wohl auch geliebt haben. Mutter erzählte mir zwar einst, dass Napoleon seiner Angebeteten leidenschaftliche Liebesbriefe geschrieben hätte, aber andererseits soll er ihr auch immer wieder Vorhaltungen gemacht haben, was ihre eheliche Treue anbetraf; ich schätze also, er hat ihr wohl niemals wirklich vertraut.
    Plötzlich glaubte Louisa Stimmen zu hören und trat ans Fenster. Sie erhaschte gerade noch einen flüchtigen Blick auf James und den Ältesten der Gebrüder Herdman, wie diese den Innenhof verließen und hinter einem der Häuser verschwanden. Dann ist er also zur Spinnerei hinuntergeritten, überlegte Lu. Dieser irische Teufel denkt auch nur ans Geschäft. Wie es mir hier in meinem Gefängnis ergeht, ist ihm vollkommen egal. Ich werde noch den Verstand verlieren, wenn ich länger hier drinnen ausharren muss.
    Da fiel ihr mit einem Mal wieder ihr Tagebuch ein. Am besten, ich bringe meine Wut zu Papier. Dann werde ich sie wenigstens nicht so schnell wieder vergessen. Rasch marschierte Lu zum Kleiderschrank hinüber, zog einen ihrer alten Schuhkartons hervor und nahm ihr Tagebuch heraus. Anschließend öffnete sie ihre Schmuckschatulle und tastete nach dem winzigen Schlüssel.
    Als sie das Buch aufschlug, griff sie jedoch nicht gleich zur Feder, sondern las zunächst noch einmal ihren letzten Eintrag - und errötete. Diese letzten

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