Symphonie der Herzen
gibt’s doch gar nicht! Du durchtriebenes Ding. Dann hast du also bereits ein heimliches Stelldichein. Sag schon, mit wem triffst du dich? Doch wohl hoffentlich nicht mit Teddy.«
»Mach dich nicht lächerlich, Georgy. Mit dem doch nicht. Aber wenn du es unbedingt wissen willst: Ich gehe ins Theater, um mir die Nachmittagsvorstellung von The Brigand anzusehen. Sobald der Kutscher uns abgesetzt hat, nehme ich mir eine Droschke und fahre zum Covent Garden Theatre.«
»Aber du hast das Stück doch schon gesehen.«
»Ich könnte es mir einen kompletten Monat lang jeden Tag aufs Neue anschauen und wäre es noch immer nicht leid. Ich liebe einfach alles an diesem Stück, an diesem ganzen Theater.«
»Aber ich dachte, du hilfst mir, den Schnitt und die Farbe auszusuchen. Du hast ein viel besseres modisches Gespür als ich. Mal abgesehen davon würde Mutter es ganz gewiss nicht gutheißen, wenn du vollkommen allein durch London irrst.«
»Und genau darum vertraue ich ja darauf, dass du ihr nichts davon erzählen wirst. Zumal ich mir ziemlich sicher bin, dass Mutter,
als sie in meinem Alter war, sich auch nicht mehr hat vorschreiben lassen, wohin sie gehen durfte und wohin nicht.«
»Wenn du unbedingt meinst. Aber ich sage dir etwas: Dafür wirst du dich revanchieren! Irgendwann kommt der Tag, an dem auch ich etwas zu verstecken habe, und dann vertraue ich darauf, dass du ebenfalls dichthältst. Außerdem finde ich es ziemlich egoistisch von dir, mich ausgerechnet bei der Kleideranprobe alleinzulassen.«
In der Bond Street angekommen, verließen die beiden jungen Frauen das elegante Gefährt, woraufhin ihr Kutscher sofort weiterfuhr, um einen geeigneten Platz zum Parken zu finden. Sobald die Kutsche sich wieder in Gang gesetzt hatte, huschte Louisa auf die andere Straßenseite und winkte eine Mietdroschke heran.
»Kathleen ... Kitty, ich muss schon sagen - Ihr habt es Euch hier wirklich sehr gemütlich gemacht.«
»James, wie soll ich Euch nur jemals dafür danken, dass Ihr mir solch eine fantastische Unterkunft zur Verfügung stellt?«
»Ihr braucht mir dafür nicht zu danken. Ich sehe es einfach als meine Pflicht an, Euch während Eures Aufenthalts in London ein sicheres Zuhause zu bieten.« Aufmerksam schaute er sich in dem kleinen Apartment um, das er in einem der hochherrschaftlichen Häuser in der Maiden Lane für sie gemietet hatte. Allerdings verschwieg er ihr, dass er der Vermieterin noch einen kleinen Bonus gezahlt hatte, damit diese stets ein wachsames Auge auf ihre junge Mieterin behielt. »In jedem Fall«, fuhr James fort, »freue ich mich sehr, dass es Euch hier gefällt. Und da Ihr ja heute in der Nachmittagsvorstellung mitspielt, wie wäre es da, wenn ich Euch einfach bis zum Theater begleite? Ich schätze, dass man von hier auch bequem zu Fuß bis nach Covent Garden kommt?«
»Ja, das ist einer der vielen Vorteile daran, wenn man in Maiden Lane wohnt. Alles ist so zentral.«
Galant half Abercorn Kitty in ihren Mantel und beobachtete dann voller Genugtuung, wie sie sorgsam die Tür abschloss. Gemütlichen Schrittes passierten sie das Rules Restaurant ganz am Ende der Straße. »Ich glaube, das hier ist das älteste Lokal von ganz London«, erklärte er. »Irgendwann, wenn Ihr mal wieder eine Abendvorstellung habt, werde ich Euch im Anschluss hierhin ausführen.«
»Das wäre wirklich fantastisch. Es ist so elegant dort. Außerdem sind da auch jede Menge Berühmtheiten zu Gast. Ich habe schon so manchen von ihnen hineingehen gesehen.«
James lächelte. »Eines Tages könntet Ihr vielleicht zu dieser illustren Truppe dazugehören. Und dann werde ich vor meinen Freunden damit prahlen, dass ich schon mit Kitty Kelly befreundet war, als sie noch im Chor sang.«
Kitty lächelte geschmeichelt und stellte sich bereits vor, wie sie vielleicht irgendwann die begehrteste Dame von ganz London wäre - und Abercorns Geliebte, wenn sie es nur ein wenig geschickt anstellte.
Genau in dem Moment, als die beiden schräg über die Straße auf das Theater zustrebten, entdeckte James plötzlich Lady Louisa Russell, die gerade aus einer der Mietdroschken ausstieg. Verdutzt beobachtete er, wie sie auf das Kartenhäuschen zueilte, und schloss daraus, dass sie sich wohl die Vorstellung ansehen wollte. Vor allem aber war sie diesmal ganz allein, sodass er Kitty nur noch rasch bis zum Bühneneingang begleitete und sich dann auch schon von ihr verabschiedete. Er hatte Dringlicheres zu tun.
Neugierig schlenderte er
Weitere Kostenlose Bücher