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Symphonie des Lebens

Symphonie des Lebens

Titel: Symphonie des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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eine Geldquelle, die nie versiegen wird. Adieu, Carola … ich habe die große Begabung, Dummheiten schnell vergessen zu können –
    »Chikago? Oh!« Doris Kinley verzog etwas ihr schönes, gepflegtes, amerikanisches Puppengesicht. »Es ist nicht schön für den, der nur die Schlachthöfe kennt. Mein dritter Mann Frankie – wir wurden vor neun Monaten geschieden – war Fleischer. Können Sie sich das vorstellen – mit seiner Sekretärin machte er eine Alaskafahrt. Na ja –«, sie hob die weißen Schultern, »nun habe ich fünfzig Prozent an seinen dreiundzwanzig Filialen. Aber ich frage Sie: Was soll ich mit den Läden? Soll ich herumreisen und mir nur Schlachthäuser ansehen? Ich habe alles einem Verwalter übergeben.«
    Jean legte seine linke Hand auf ihre Schulter. Er spürte, wie sie unter dieser Berührung zusammenzuckte. Zwei hektische rote Flecken bildeten sich unterhalb ihrer Wangen und breiteten sich aus über den ganzen Hals. Er lächelte wieder, als sie den Kopf zu ihm drehte, aber diesmal war sein Lächeln wissend und ermutigend.
    »Eine Frau wie Sie und ein so blutiges Handwerk, das ist eine Verhöhnung der Schönheit, Madame«, sagte er mit seiner einschmeichelnden Stimme. »Wissen Sie, was wir Südfranzosen sagen? Eine Frau ist von Gott der Welt geschenkt worden, um zu lieben – ist es nicht so, Madame?«
    Doris Kinley atmete etwas heftiger. Ihre langen, schlanken Finger spielten mit dem Häufchen Chips, die Jean noch vor seinem Platz auf dem Roulette-Tisch liegen hatte. »Charmant –«, sagte sie mit belegter Stimme und starrte auf die rollende Kugel im Roulette. »Ein schönes Stück Land, diese Riviera.«
    »Ein Land der Liebe und des Vergessens, Madame.«
    »Ich weiß es nicht. Ich bin erst zu kurz hier –«
    »Die ersten Menschen warteten, um ein Feuer zu entfachen, auf einen Blitz oder rieben Steine aneinander.« Jean griff in die Tasche, holte sein Feuerzeug hervor und knipste es an. Fast genüßlich blies er die kleine Flamme dann wieder aus. Doris Kinley starrte ihn aus großen Augen an. »Heute geht es in einer Sekunde, Madame. So ist es auch mit der Liebe –«
    In die Augen Doris Kinleys trat ein flimmernder Glanz. Waren sie bisher wasserhell, wo wurden sie jetzt dunkel und tief.
    »Sie sind ja ein Dichter, Monsieur –«, sagte sie leise.
    »Die Gegenwart schöner Frauen verzaubert mich immer.«
    Jean wagte den ersten massiven Angriff. Er ergriff die rechte Hand Mrs. Kinleys, zog sie zu sich empor und küßte sie. Er spürte einen kleinen Widerstand, aber er brach ihn unsichtbar, indem er den Druck seiner Finger verstärkte und dann mit seinen Lippen die Handfläche streichelte. Dann ließ er die Hand los und richtete sich steif auf. Doris Kinley starrte mit schmalen, zusammengepreßten Lippen über den Spieltisch.
    »Darf ich für Sie setzen?« fragte sie nach einer ganzen Zeit des Schweigens. Jean nickte.
    »Ich weiß, daß Sie mir Glück bringen, Madame«, sagte er doppelsinnig.
    Doris Kinley setzte die gesamten Chips auf einmal. Die Kugel rollte, lag auf einer Zahl, der Rechen des Croupiers fegte das Häufchen weg.
    »Verloren«, sagte sie und lächelte. »Böse?«
    »Wie könnte ich, Madame.« In Jean begann das Blut kalt zu werden. Mein letztes Geld, dachte er. Nun bin ich ohne einen Franc. Ich bin pleite. Es bleibt mir gar nichts anderes übrig, als der Schoßhund von Doris Kinley aus Chikago zu werden. Ohne daß sie es weiß, hat sie mich eben gekauft. Ich bin ihr Eigentum geworden.
    »Ich werde es wieder herausholen«, sagte Mrs. Kinley. Sie öffnete ihre Abendtasche und legte einen dicken Pack Geldscheine auf den Tisch. »Ich war leichtsinnig. Spielen wir jetzt gemeinsam mit etwas Verstand …?«
    Jean Leclerc nickte. »Leider verstehe ich nichts vom Roulette, Madame. Ich verlasse mich immer auf mein Glück … und das ist ohne Verstand.«
    Doris Kinley lachte und warf ein paar Scheine auf verschiedene Nummern. Sie beugte dabei den Kopf zurück und sah Jean mit glänzenden Augen an. Ein lieber, netter Junge, dachte sie, und man sah, was sie dachte. Es war ihr erster Europatrip, und es schien, als würde es sich lohnen. »Wagen wir es«, sagte sie und hielt Jeans Hand fest, die auf ihrer Schulter lag. »Und was wir gewinnen – 50 : 50!«
    Jean nickte wieder. Und wenn wir verlieren, dachte er und wagte nicht, weiterzudenken an das, was dann kommen mußte.
    Seine Sorge war unbegründet. Doris Kinley und Jean gewannen in dieser Nacht 10.000 Francs.
    Und sie fuhren gemeinsam

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