Symphonie des Todes
bisher noch nicht gelungen war.
»Liza«, sagte er, und ihr Fuß zuckte weg, als hätte sie sich plötzlich an seinem Schoß verbrannt. Ihre Miene zeigte deutlich, dass ihr das peinliche Versehen nun aufgefallen war.
»Wie schmeckt es Ihnen?«, fragte er sie freundlich.
»Es ist wirklich köstlich. Vielen Dank.«
Roarke wartete, bis er nach dem Essen und dem abschließenden Champagner mit Mick in seinem Wagen saß.
Er nahm sich eine Zigarette, bot seinem Kumpel eine an, und eine Zeit lang pafften sie in angenehmem Schweigen vor sich hin.
»Kannst du dich noch daran erinnern, als wir uns die LKW-Ladung mit Kippen unter den Nagel gerissen haben? Himmel, wie alt sind wir damals gewesen? Zehn?« Mick streckte behaglich seine Beine aus. »Noch am selben Nachmittag haben wir – du, ich, Brian Kelly und Jack Bodine – eine halbe Stange weggequalmt, und der arme Jack, Gott hab ihn selig, hat sich von dem Zeug die Seele aus dem Leib gekotzt. Den Rest haben wir mit einem anständigen Gewinn an Sechs-Finger-Logan weiterverkauft.«
»Das habe ich nicht vergessen. Genauso wenig, dass Logan wenige Jahre später ohne Finger, Zehen und vor allem ohne Schwanz bäuchlings im Liffey treibend aufgefunden worden ist.«
»Hmm …«
»Übrigens, Mick, was bildest du dir eigentlich ein, dass du mit der Freundin von Vince Lane was angefangen hast?«
Mick tat, als wäre er schockiert. »Wovon zum Teufel redest du? Ich kenne diese Frau doch kaum …« Er brach ab und schüttelte dann lachend seinen Kopf. »Meine Güte, der Versuch, dich zu belügen, ist die reinste Energieverschwendung. Du hast in deinem ganzen Leben nie den geringsten Schwindel geglaubt. Wie hast du es herausbekommen?«
»Sie hat mir auf dem Weg zu dir eine nette Beinmassage angedeihen lassen. Sie hat einen guten Fuß. Nur um ihre Zielgenauigkeit ist es offensichtlich ziemlich schlecht bestellt.«
»Frauen … Sie haben kein Gramm Diskretion in ihren schönen Leibern. Tja, nun, Tatsache ist, dass ich heute mit ihr in deinem prächtigen Hotel zusammengestoßen bin, als ich mir die Ausstellung angesehen habe. Eins führte zum anderen, und am Ende nahm sie mich mit rauf in ihre Suite. Was hätte ich da bitte machen sollen?«
»Das ist Wilderei.«
Mick verzog den Mund zu einem breiten Grinsen. »Und was willst du damit sagen?«
»Versuch bitte, diese Sache nicht an die große Glocke zu hängen, bis meine Geschäfte mit den Leuten abgeschlossen sind.«
»Das ist das erste Mal, dass ich erlebe, dass du dich über ein bisschen außerehelichen Sex aufregst. Aber um der alten Zeiten willen werde ich dir den Gefallen tun.«
»Dafür bin ich dir sehr dankbar.«
»Ist keine große Sache. Schließlich hatte es nichts weiter zu bedeuten. Allerdings bin ich ein bisschen überrascht, dass du dir mit Liza nicht auch schon ein paar schöne Stunden gemacht hast. Sie ist echt süß.«
»Ich habe bereits eine Frau. Ich bin ein verheirateter Mann.«
Mick lachte unbekümmert auf. »Seit wann haben sich die Männer durch die Ehe daran hindern lassen, hin und wieder auch mal etwas anderes zu kosten? Schließlich tut das niemandem weh.«
Roarke verfolgte, wie das Eingangstor zu seinem Grundstück lautlos und geschmeidig zur Seite schwang. »Einmal haben wir alle – du, Bri, Jack, Tommy, Shawn und ich – uns mit irgendeinem selbstgebrannten Zeug fürchterlich betrunken. Und während wir dasaßen, haben wir uns überlegt, was sich jeder von uns mehr als alles andere wünscht. Was ihm so wichtig wäre, dass er alles andere aufgäbe, damit er es behalten kann. Kannst du dich daran noch erinnern, Mick?«
»Allerdings. Der Fusel hatte kleine Philosophen aus uns allen gemacht. Ich habe gesagt, ich wäre rundum zufrieden, wenn ich möglichst viel Kohle machen würde, denn dann könnte ich mir alles andere einfach kaufen. Und Shawn hätte sich, typisch Shawn, einen Schwanz so lang und dick wie der von einem Elefanten wachsen lassen. Allerdings war er am besoffensten von uns allen und hat die praktischen Konsequenzen dieses Wunsches nicht bedacht.«
Er musterte Roarke fragend. »Jetzt, wo ich daran denke, kann ich mich nicht daran erinnern, dass du selber einen Wunsch geäußert hast.«
»Das habe ich auch nicht. Weil ich nicht wusste, wonach ich mich am meisten sehnte. Freiheit, Geld, Macht, eine verdammte Woche, in der mich mein Alter nicht verprügelt. Es fiel mir schwer, mich zu entscheiden. Deshalb habe ich geschwiegen. Aber inzwischen ist mir klar, was für mich das Wichtigste
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