Symphonie des Todes
Meinung nach nicht ganz das Richtige für ihn war.«
»Und warum nicht?«
»Er war ein großer, grobknochiger Typ – Herr, wollte ich sagen – mit einem ziemlich kantigen Kopf. Bereits beim ersten Blick auf ihn habe ich gedacht, dass er irgendwas mit seinen Händen macht, Sie wissen schon, Handwerker oder vielleicht Künstler oder so. Der ›Ehrenwerte Gentleman‹ war für ihn einfach viel zu elegant. Aber er war total auf das Modell fixiert. Hat es selber aufgesetzt und schien genau zu wissen, wie man so was macht.«
»Was für Haare hatte er? Ich meine, wie sah er ohne Perücke aus?«
»Oh, er war völlig kahl … Er hatte einen so genannten natürlichen Skalp. Und er sah sehr gesund aus. Hatte eine schöne Farbe und wirkte wie frisch poliert. Ich habe echt keine Ahnung, weshalb er den verdecken wollte. Dann hat er den ›Tollen Hengst‹ im Schaukasten gesehen und gefragt, ob er auch den mal ausprobieren kann. Der passte schon viel besser. Ich fand, dass er damit aussah wie ein General, und als ich ihm das sagte, sah er sehr zufrieden aus. Er hat sogar gelächelt, und sein Lächeln wirkte warm und nett. Außerdem war er sehr höflich. Er hat Fräulein Letta und bitte und danke zu mir gesagt. Das hat man nicht oft.«
Sie machte eine kurze Pause, während derer sie stirnrunzelnd unter die Decke sah. »Dann hat er gesagt, dass er ein bisschen ›Jugend‹ kaufen wollte. Dabei hat er gelacht, weil es einfach witzig klingt, wenn jemand sagt, dass er Jugend kaufen will. Ich habe ein bisschen mitgelacht, bevor ich mit ihm an den Tisch mit den Hautpflegeprodukten gegangen bin. Wir sind darin ausgebildet, den Klienten bei der Auswahl sämtlicher Produkte behilflich zu sein, damit sie während ihres Aufenthalts bei uns nicht ständig die Verkäufer wechseln müssen. Wobei er mir genau erklärt hat, was er wollte, und, wieder durchaus höflich, jeden Vorschlag abgelehnt hat, der dazu von mir gekommen ist. Am Ende sind wir bei den Diätsachen gelandet, und ich habe gemeint, dass er so etwas doch ganz bestimmt nicht braucht. Aber er hat mir erklärt, dass er leider viel zu gerne isst. Als er alles hatte, hat er mir erklärt, er würde seine Einkäufe gleich mitnehmen, statt sie sich gratis von uns heimbringen zu lassen. Also habe ich ihm alles eingepackt. Dann hat er mir diesen Riesenstapel Bargeld auf den Tisch geblättert, wobei mir fast die Augen aus dem Kopf gequollen sind.«
»Dann ist es also nicht normal, dass ein Klient bei Ihnen bar bezahlt?«
»Oh, doch. Aber ich hatte bis dahin nie mehr als zweitausend Dollar Bargeld eingenommen, und das, was er bezahlt hat, war fast viermal so viel. Ich schätze, ihm ist aufgefallen, wie mir die Augen übergegangen sind, denn er hat noch einmal gelächelt und gesagt, ihm wäre es einfach lieber, wenn er, was er kauft, auch gleich bezahlt.«
»Dann haben Sie anscheinend ziemlich lange mit ihm zugebracht.«
»Über eine Stunde.«
»Erzählen Sie mir, wie er gesprochen hat. Hatte er einen Akzent?«
»Einen leichten. Allerdings hätte ich nicht sagen können, was für ein Akzent es war. Außerdem hatte er eine überraschend hohe Stimme. Fast wie die einer Frau. Aber durchaus nett, sanft und, tja, ich schätze, kultiviert. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, finde ich, dass seine Stimme besser zu dem ›Ehrenwerten Gentleman‹ gepasst hat als sein Aussehen, wenn Sie wissen, was ich damit meine.«
»Hat er gesagt, wie er heißt, wo er lebt oder vielleicht, wo er arbeitet?«
»Nein. Ganz zu Anfang habe ich versucht, ihm seinen Namen zu entlocken, indem ich etwas in der Art gesagt habe wie ›Ich zeige Ihnen auch gerne noch andere Stilrichtungen, Mr …‹, aber er hat nur gelächelt und den Kopf geschüttelt, und so habe ich die ganze Zeit nichts anderes als ›Sir‹ zu ihm gesagt. Ich dachte, dass er aus New York ist, weil er die Sachen mitgenommen hat, statt sie sich irgendwohin schicken zu lassen.«
»Sie haben gesagt, Sie glauben, Sie hätten ihn vorher schon mal im Paradise gesehen.«
»Ich bin mir ziemlich sicher. Und zwar nicht allzu lange, nachdem ich hier angefangen hatte, als die Leute ihre ersten Weihnachtseinkäufe erledigt haben, Ende Oktober, vielleicht Anfang November. Auch am Tresen mit den Hauptpflegeprodukten. Er trug einen Hut und einen langen Mantel, aber ich glaube, dass es derselbe Mann gewesen ist.«
»Haben Sie ihn damals ebenfalls bedient?«
»Nein, das war Nina. Aber ich kann mich deshalb daran erinnern, sicher, ich kann mich deshalb daran
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