Symphonie des Todes
spielten mit der langen Goldkette, die sie neben ihrem Ehering als einziges Schmuckstück trug.
»Er ist ein Soziopath und wahrscheinlich intelligent und reflektiert genug, um sich dessen bewusst zu sein. Vielleicht ist es eine Frage des Stolzes. Stolz scheint auf jeden Fall ein Antriebsmotor für ihn zu sein. Er sieht sich als Geschäftsmann, als einen der besten in der von ihm gewählten Branche. Und er hat diese Branche ganz eindeutig freiwillig und vorsätzlich gewählt. Er hat Spaß an schönen Dingen. Eventuell ist er sich dessen nicht bewusst, aber die Vergewaltigung seiner Opfer steigert die Befriedigung, die er durch seine Arbeit erfährt. Für ihn ist es eine zusätzliche Möglichkeit, das Opfer auszulöschen. Ob Mann oder Frau, spielt dabei keine Rolle. Es geht dabei natürlich nicht um Sex, sondern um Erniedrigung.«
Dr. Mira warf einen kurzen Blick auf ihre Uhr, dann auf ihr Link und dann ins Leere. »Effizienter wäre es, die Opfer einfach zu erdrosseln, aber er schlägt und vergewaltigt vorher noch. Das gehört für ihn einfach dazu. So, als ob ein Mensch, bevor er einen guten Wein trinkt, erst die Farbe und das Bouquet genießt.«
»Er hat also Spaß an seiner Arbeit.«
»Oh, ja«, bestätigte die Psychologin Eve. »Sogar großen. Aber seiner Meinung nach ist es trotzdem Arbeit. Es ist unwahrscheinlich, dass er jemals wahllos oder aus persönlichen Motiven einen Mord begeht. Er ist ein Profi und erwartet, dass man ihn für seine Arbeit gut bezahlt. Der Silberdraht ist seine Visitenkarte. Wenn Sie so wollen, wirbt er damit neue potenzielle Kunden an.«
»Er versucht nichts zu verbergen. Weder den Draht noch sein Gesicht noch seine DNA. Trotzdem tritt er regelmäßig leicht verkleidet auf.«
»Ich glaube, dass er das nur deshalb tut, weil es ihn amüsiert. Weil es die ganze Sache etwas abenteuerlicher macht. Und zum Teil vielleicht aus Eitelkeit.« Untypisch rastlos lief sie weiter im Zimmer auf und ab.
»Es macht ihm wahrscheinlich Spaß, sich herzurichten und das Ergebnis seiner Mühe zu betrachten, bevor er zu seiner Arbeit aufbricht. So wie ein normaler Mann, bevor er morgens ins Büro fährt, ein frisches Hemd auswählt. Sie, das Gesetz, machen ihm nicht die geringste Angst. Er weicht den Armen des Gesetzes bereits seit vielen Jahren erfolgreich aus. Ich nehme an, dass er eventuell sogar über die Polizei lacht.«
»Das Lachen wird ihm bald vergehen.«
Eve bemerkte, dass Dr. Mira stirnrunzelnd erneut einen Blick auf ihre Uhr warf. Selbst den Tee hatte sie vergessen, und so etwas hatte Eve in all den Jahren nie zuvor erlebt. »Alles in Ordnung?«, fragte sie deshalb.
»Hmmm. O ja, alles in Ordnung.«
»Sie wirken ein wenig abgelenkt.«
»Ja, das bin ich. Meine Schwiegertochter erwartet heute ihr erstes Kind, und ich warte sehnsüchtig auf einen Anruf meines Sohnes, dass alles gut verlaufen ist. Während wir alle ungeduldig darauf warten, lassen sich die Babys, bis sie sich endlich auf die Welt bequemen, leider häufig jede Menge Zeit.«
Da Dr. Mira einen erneuten sorgenvollen Blick auf das Link auf ihrem Schreibtisch warf, trat Eve an ihrer Stelle vor den AutoChef und zog die Teetassen darunter hervor.
»Danke. Dies ist das zweite Mal in einer Stunde, dass ich meinen Tee vergessen habe. Ich schreibe Ihnen Ihr Täterprofil, Eve. Das lenkt mich zumindest ab. Aber ich glaube, dass es Ihnen nicht viel Neues sagen wird.«
»Warum Roarke? Können Sie mir das sagen?«
Ihre eigenen Sorgen, merkte Dr. Mira, hatten sie für Eves persönliche Probleme mit dem Fall völlig blind gemacht. Jetzt nahm die Psychologin Platz und wartete darauf, dass Eve sich ebenfalls setzte. »Nicht mehr, als Sie bestimmt bereits vermuten. Er ist reich und mächtig und hat vermutlich jede Menge Feinde, oder besser gesagt professionelle und persönliche Rivalen. Sein offizieller Lebenslauf weist jede Menge Löcher auf, in denen sich möglicherweise Menschen verstecken, die ihm nicht besonders wohlgesinnt sind. Ich bin sicher, darüber haben Sie schon mit ihm gesprochen.«
»Ja, aber das hat mich nicht weitergebracht. Falls jemand versucht hätte, es so aussehen zu lassen, als hätte er den Mord begangen oder wäre zumindest direkt in dieser Sache involviert, dann würde ich es eventuell verstehen. Dann würde ich auf einen Rivalen aus der Geschäftswelt tippen, der sich eines Konkurrenten entledigen will. Oder ich würde jemanden suchen, mit dem es irgendwann irgendwelchen Ärger gegeben hat. Aber ein Zimmermädchen
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