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syrenka

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Titel: syrenka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Fama
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Marijns Hals und betrachtete versonnen das kleine goldene Herz auf ihrer hellen Haut. Dann hob sie das Baby mit Tränen in den Augen an ihre Brust und küsste es.

Als Hesters Vater am Sonntag die schwere Kirchentür öffnete, flog ihm Pastor Marks geradezu entgegen. Mit wehenden Rockschößen eilte er zum Gemeindebüro.
    »Ich bin gleich wieder da, Malcolm«, rief er über die Schulter. »Ich muss den Ältestenrat zusammenrufen.«
    »Wa- ...«, versuchte Malcolm nachzufragen.
    »Bitte halten Sie Ihre Sprösslinge fern«, warf Pastor Marks Nancy noch schnell zu. »Es ist wirklich kein passender Anblick für sie.«
    Nancy und Malcolm sahen einander fragend an, während Malcolm die Tür aufhielt.
    »Wer spricht denn heute noch von ›Sprösslingen‹?«, meinte Sam und tauchte unter dem Arm seines Vaters hindurch.
    Hester folgte ihm. »Nur die Darsteller der Plimoth Plantation.«
    Die Gläubigen, die bereits eingetroffen waren, standen im Vorraum. Sie steckten die Köpfe zusammen und zischelten im Flüsterton und unter gehobenen Augenbrauen miteinander. DieTüren zum Kirchenschiff waren geschlossen, obwohl sie normalerweise weit geöffnet hätten sein müssen.
    Hester stahl sich an der Menge vorbei, öffnete die Tür einen winzigen Spalt breit und schlüpfte hindurch. Bis auf den Vikar und die Bildungsbeauftragte, die leise miteinander redeten, war das Kirchenschiff leer.
    Hester kam alles vollkommen normal vor. Die geschnitzten Holzbänke, die Kronleuchter, die von den Deckenbalken herabhingen, die Orgel – alles sah genauso aus wie immer. Zu beiden Seiten des Altars stand ein Strauß weißer Rosen und an der Gangseite der Bänke hingen weiße Schleifen – untrügliche Anzeichen dafür, dass hier am Tag zuvor eine Hochzeit stattgefunden hatte. Hester wollte sich gerade wieder hinausstehlen, warf aber noch einen kurzen Blick zu den bunten Glasfenstern hinauf.
    Die Fenster waren der ganze Stolz der Gemeinde. Es waren original Tiffany-Fenster aus dem Jahr 1898, die eine Reihe wichtiger Momente aus dem Leben der Pilgerväter zeigten: die Ankunft der Mayflower am Plymouth Rock, die Unterzeichnung des Siedler-Vertrags und Gouverneur Carver beim Austausch von Geschenken mit den Massasoit, vor der Unterzeichnung des Friedensabkommens.
    Mit einem Mal fiel Hester die Kinnlade herunter. Sämtliche Figuren trugen im Bereich ihrer Genitalien riesige Haarbüschel. Und das Haar schien echt zu sein – weder aufgemalt, noch angesprayt oder mit Filzstift gezeichnet. Hester konnte sich ein Kichern nicht verkneifen – auch wenn sie wusste, dass sich das in der Kirche nicht unbedingt gehörte.
    Ruckartig drehte der Vikar ihr den Kopf zu. »Du findest Vandalismus also komisch?«, fragte er säuerlich.
    »Es tut mir leid«, entschuldigte sich Hester. »Aber ist das ... ist das echtes Haar?«
    »Hester Goodwin«, stieß die Bildungsbeauftragte aus. Unglaublicherweise kannte sie Hester noch – aus der Sonntagsschule von vor zehn Jahren. »Bitte geh zurück in den Vorraum. Pastor Marks ruft gerade den Ältestenrat zusammen und wir möchten diese Angelegenheit mit so wenig Tamtam wie möglich hinter uns bringen.« Sie lächelte, wie nur Lehrerinnen lächeln können. »Wir wären dir sehr dankbar, wenn du es den anderen Kindern nicht weitertratschen würdest.«
    Als ob Hester noch ein Kind gewesen wäre! »Ganz ehrlich, Ms. Strickland, ich werde es kaum über mich bringen, meinem Bruder Sam nichts davon zu erzählen. Aber ich verspreche Ihnen, ich werde ihn bitten, diskret damit umzugehen.«
    Durch einen Seitenausgang des Kirchenschiffs schlüpfte sie hinaus. Sie wollte zum Vorraum zurück, wie man es von ihr verlangt hatte. Doch links lag die schwere alte Tür zur Krypta. Auf einem aufgenagelten Plastikschild stand: »Nur für Personal«. Und Hester wusste nun, dass Eleanor Ontstaan auf mysteriöse Weise in eben dieser Krypta umgekommen war!
    Sie öffnete die Tür ein Stück weit und spähte dahinter. Am Kopf der Treppe befand sich ein altmodischer Lichtschalter – zwei Druckknöpfe übereinander: Der untere sprang heraus, sobald der obere eingeschaltet wurde. Hester drückte auf den oberen Knopf, aber nichts tat sich. Sie versuchte es noch zweimal, und endlich leuchtete das Licht auf, zunächst flackernd, dann konstant. Eine Reihe staubiger nackter Glühbirnen, die durch altmodische, mit Textil ummantelte Kabel miteinander verbunden waren, hing von der steinernen Decke und wand sich die Treppehinab. Sie leuchteten sehr hell und

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