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syrenka

syrenka

Titel: syrenka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Fama
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stark und wütend. Er wusste nicht, wie lange Eleanor die Luft würde anhalten können. Er schlug auf Sarahs Rücken ein, aber es waren schlecht gezielte Hiebe, die nichts ausrichteten. »Herrgott, steh mir bei!«, rief er über seine eigene Machtlosigkeit entsetzt aus.
    Jetzt ertastete Eleanors linker Zeigefinger Sarahs rechtes Auge und drückte es nach innen. Sarah schrie vor Schmerz und stieß ihre Widersacherin so heftig von sich, dass Eleanors Hand wegrutschte. Eleanor wand sich aus Leibeskräften, um Sarah abzuschütteln. Und je länger sie unter Wasser war, umso panischer und zielloser schlug sie um sich.
    Allmählich wurden Eleanors Bewegungen schwächer und aus ihrem Mund und ihrer Nase stiegen keinerlei Luftblasen mehr auf. Dennoch drückte Sarah sie weiter unter Wasser, bis ihre Armmuskeln vor Anspannung bebten.
    »Lassen Sie sie los, Sarah!«, schrie der Pastor. »Um Himmels willen, Sie töten sie noch!«
    Panisch blickte er sich um. Er musste Eleanor beistehen, irgendwie! Er bückte sich, nahm das Messer und tat etwas, das gegen alles verstieß, woran er je geglaubt hatte: Er hob den Arm, schloss die Augen und stach auf Sarah ein.

»Linnie?«, fragte Hester mit belegter Stimme. Sie ließ ihre Augen über den Friedhof schweifen, aber das kleine Mädchen war nirgends zu sehen. Sie nahm ihre Tasche und schob das Journal sorgfältig hinein. Als sie zur Kirche sah, stand Pastor McKee in der Tür und winkte sie eifrig zu sich.
    Unsicher hielt sie noch einmal zwischen den Gräbern Ausschau nach ihrer Freundin aus Kindertagen. Die Abendsonne tauchte die Grabsteine in ein rosafarbenes Licht. Der Wind wehte sanft. Linnie hatte gesagt, der alte Pastor suchte sie. Woher hatte sie das gewusst?
    »Ich erwarte dich schon«, sagte er ungeduldig, als Hester schließlich bei ihm ankam.
    »Haben Sie das kleine Mä- ...?«
    »Komm herein, bitte, komm herein!«, fiel er ihr ins Wort und winkte sie dabei in einem fort mit sich, als könnte er sie durch den Windhauch, den er auf diese Weise erzeugte, zu sich hineinziehen.
    Unten in der Krypta war es kühl und feucht. Dieses Mal standen dort zwei Stühle einander gegenüber. Offenbar hatte der alte Mann eigens einen Stuhl für Hester besorgt. Er ließ sich auf dem einen nieder und bedeutete Hester, auf dem anderen Platz zu nehmen.
    »Setz dich nur, setz dich!«, sagte er atemlos.
    »Lassen Sie sich einen Augenblick Zeit, Pastor.« Hester stellte ihre Tasche auf den Boden. So gut es ging, befreite sie die geflochtene Sitzfläche des Stuhls vom Staub. »Sie müssen erst wieder Luft bekommen.«
    »Nein, es macht keinen Unterschied. Mir geht es immer gleich. Das ist mein Problem.«
    Hester setzte sich. »Das kleine Mädchen, das da vorhin war – haben Sie es auch gesehen?«
    Pastor McKee starrte sie an, als müsse er über die Antwort gut nachdenken.
    »Also, entweder Sie haben sie gesehen – oder eben nicht.« Hester lachte unsicher.
    »Ich habe sie gesehen. Sie heißt Adeline.«
    »Adeline?«, wiederholte Hester erstaunt. »Sie heißt doch Linnie.«
    »Ich würde meinen, Linnie ist eine Koseform von Adeline«, antwortete er mit seinem schottischen Akzent.
    »Ist Ihnen schon mal etwas an ihr aufgefallen? Sie ist ... man täuscht sich in ihr. Ich kenne sie schon seit zehn Jahren.«
    »So.«
    »Und in diesen zehn Jahren ist sie um keinen Tag gealtert.« Hester rieb sich die Augen mit den Handrücken. »Ich weiß, es klingt verrückt – aber sie kann kein normales kleines Mädchensein. Kein Mensch. Sie ist ... sie ist eine Außerirdische ... oder eine ...«
    »Eine übersinnliche Erscheinung.«
    Hester ließ die Hände sinken. Der Pastor nickte bedächtig.
    »Sie halten mich also nicht für verrückt?« Hesters Augen wurden groß. »Heilige Sch- ... wollen Sie vielleicht sagen, dass sie der Geist ist, der in dieser Kirche spukt? Aber nein, sie kann doch kein Geist sein ...« Hesters Hirn arbeitete fieberhaft. »Hören Sie, Pastor.« Hester verschränkte die Arme. Mit einem Mal fror sie. »Linnie ist real. Ich habe mit ihr gespielt. Ich habe ihre Haut berührt und ihr Kleid angefasst. Ich habe sie zum Lachen gebracht.« Sie dachte an ihre erste Begegnung, an Linnies verlorene Puppe. »Und zum Weinen.«
    Der Pastor lehnte sich auf seinem Stuhl ein Stück vor. Das Gespräch schien ihn sehr zu berühren. »Ich kenne Adeline seit vielen Jahren. Viel länger als du. Armes kleines Ding! Sie ist vollkommen harmlos. Sie ist kein böser Geist – sondern ein trauriger.«
    »Ein trauriger

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