syrenka
drückte seine Finger auf den Schnitt, um die Blutung zu stoppen. Aber das Blut strömte weiter. Es floss über seine Hand und rann von seinen Handgelenken bis zum Ellbogen hinab.
Unter großen Mühen versuchte er, Sarah auf die Seite zu drehen. Ihre Haut war jetzt nicht mehr weiß, sondern grau. Sarah atmete nicht mehr. Der purpurrote Strom aus ihrem Hals verlangsamte sich mit ihrem sinkenden Blutdruck und ihr Herz hörte auf zu schlagen. Ezra legte seinen Mund auf ihre Lippen und blies Luft in ihre Lunge.
Unterdessen rappelte sich der Alte auf und wankte unkontrolliert weinend auf Ezra zu.
»Sie hat Mrs. Ontstaan ertränkt«, brachte er, zwischen Schluchzern nach Atem ringend, hervor.
Noch immer versuchte Ezra verzweifelt, Sarah Atem zu spenden. Er wusste selbst, dass es aussichtslos war – wollte es sich aber nicht eingestehen. Im selben Moment, in dem er aufhörte, für sie zu atmen, müsste er beginnen, ohne sie zu leben.
»Ich habe versucht, sie abzuhalten ... ich wollte ihr nichts tun!« Der Pastor sah auf die Waffe in seiner Hand. »Dies ist nicht mein Messer! Was habe ich nur getan?«
Ezra ließ Sarah los. Ihre Augen waren geschlossen und ihre Züge entspannt. Sie sah friedvoll aus im Tod.
Im Tod.
Mit starrem Blick drehte Ezra sich zu McKee. Er packte den Pastor am Hals, drückte zu und schüttelte seinen Kopf. Das Gesicht des Alten wurde dunkelrot. Ein Gurgeln stieg aus seiner Kehle und seine Augen traten hervor. Der Hals des Pastors war so dünn, dass Ezra ihn mit beiden Händen umfassen konnte undsich seine Fingerspitzen berührten. Sein dürrer Körper – Haut und Knochen, die mit Kleidung behängt waren – gab unter ihm nach, und Ezra musste feststellen, dass er das gesamte Gewicht des Mannes, was nicht mehr als vielleicht sechzig Kilo sein mochten, hielt. Es war grotesk, dass dieses Fliegengewicht Sarah aus dem Leben befördert hatte. McKee konnte geradezu Mitleid erregen.
In Ezras Blick mischten sich Skrupel. Er musste seinen Griff lockern, bevor der Alte bewusstlos wurde. Und zwar jetzt, sonst gab es kein Zurück mehr.
Aber es war zu spät für Erbarmen. Das Messer, das der Pastor noch immer in der Hand hielt, bohrte sich tief in Ezras linke Brusthälfte.
Zunächst spürte Ezra nur einen Druck, keinen Schmerz. Er sah an sich hinab und nahm den bizarren Anblick des aus seinem Körper herausragenden Griffes wahr.
Seine Daumen lagen auf dem Kehlkopf des Pastors. Aus Leibeskräften drückte er so lange zu, bis er spürte, wie der Kehlkopf nachgab und sich verschob, sodass Ezra nun die Luftröhre gegen die Halswirbel presste. Schließlich ließ er ihn fallen. McKee sank zu Boden, das Gesicht blau verfärbt. Ein hoher Pfeifton drang aus seiner Kehle, während er vergeblich zu atmen versuchte. Er erstickte.
Ezra schrie vor Kummer auf. Sarah war tot.
Der Alte starb.
Und er würde nun ebenfalls sterben.
Das Messer in seinem Körper schmerzte nun und er spürte noch immer einen seltsamen Druck auf seiner Brust. Aus der Wunde sickerte kaum Blut. Nur zu gern hätte er das Messer herausgezogen, aber instinktiv wusste er, dass es die Wunde versiegelte und ihn noch für kurze Zeit am Leben halten würde.
Viel Zeit blieb ihm allerdings nicht.
Er dachte rasch nach. Ohne an das Messer zu kommen und damit seinen Tod herbeizuführen, konnte er Sarah nicht auf den Armen tragen. Daher drehte er sich mit dem Rücken zum Sarkophag und legte Sarahs rechten Arm über seine linke Schulter. Ihren linken Arm ließ er herabbaumeln. Dann schob er seinen rechten Arm zwischen ihre Beine und stemmte sie in die Höhe, sodass sie auf seinen Schultern lag. Ihr Körper war noch warm. Ihr Gesicht lag schwer auf seinem linken Oberarm, als wenn sie schliefe.
Ein abgrundtiefer Schmerz breitete sich in Ezras Herz aus.
Er trug sie die Treppe hinauf und durch den Hintereingang der Kirche hinaus ins Freie. Schweiß und Tränen machten ihn blind.
»Oje! Die arme Mrs. Doyle! Was ist denn nur passiert?« Es war die Stimme des kleinen Mädchens, irgendwo zu Ezras Füßen. Er lief an ihr vorüber, aber sie folgte ihm und trat mit ihrer Schuhspitze gegen seine Ferse. Sein Fuß schlüpfte aus dem Schuh. Ezra strauchelte und wäre durch das Gewicht auf seinen Schultern beinahe hingefallen. Ein stechender Schmerz durchschoss seine Brust. Schwindel überkam ihn. Einen Augenblick lang wurde es schwarz vor seinen Augen.
»Bitte helfen Sie mir, Sir«, sagte das kleine Mädchen. »Ich will nach Hause. Ich will zu meiner Mom.«
Ezra
Weitere Kostenlose Bücher