syrenka
beschädigt worden ist!«
»Adeline hatte sie dabei, als sie ermordet wurde.« Peter zeigte auf einen Fuß der Puppe. »Und der Familiensaga nach ist bei dieser Gelegenheit auch der kleine Puppenschuh verloren gegangen.«
»Du hast mir nie erzählt, dass Adeline ermordet worden ist!«
Peter zuckte die Schultern. »Es ist mir auch gerade erst wieder eingefallen.«
»Wer hat sie denn umgebracht?«
»Soviel ich weiß, hat man das nie herausgefunden. Sie lag einfach tot auf dem Friedhof. Und irgendwo gab es da noch ein Waisenkind, das Adelines Eltern dann adoptiert haben. Mehr weiß ich nicht.«
»Peter«, begann Hester und nahm alle Kraft zusammen, um nicht den wahren Grund zu verraten, warum sie ihn ins Museum geschleppt hatte. »Ich muss mir diese Puppe unbedingt ausleihen. Nur für einen Tag. Es geht um ein Geschichts-Projekt.«
»Meine Eltern haben sicher nichts dagegen. Aber bis Mai ist die Puppe noch in der Ausstellung.«
Bevor er zu Ende sprechen konnte, schüttelte Hester schon ungeduldig den Kopf. »Das ist zu spät. Ich brauche sie sofort. Wenn du den Direktor dazu bringst, sie dir heute nach Museumsschluss mitzugeben, kann ich sie morgen schon wiederbringen – wahrscheinlich sogar noch vor der Öffnung. Für die Museumsbesucher wird es keinen Unterschied machen, gerade so, als hätte ich sie gar nicht ausgeliehen.«
Peter wandte seinen Blick von der Puppe zu Hester. Sie hatte zu heftig protestiert. Er blickte sie durch seine Brille hindurch an, nachdenklich und eingehend, und zum ersten Mal wurde Hester klar, dass er sie so gut kannte wie kaum ein anderer Mensch auf der Welt. Vielleicht ein bisschen zu gut.
»Von einem Geschichts-Projekt höre ich zum ersten Mal. Was ist in letzter Zeit bloß mit dir los?«
»Gar nichts ist mit mir los! Ich muss ein paar Fakten recherchieren. Für ein Referat.«
»Ein Referat? Über was denn? Was musst du denn jetzt noch machen, Hester? Das Schuljahr ist doch um!«
»Sag mal, nimmst du mich jetzt ins Kreuzverhör?«
Eine Besucherin mit zwei Kindern kam vorbei. Sie füllten einen Zettel zu der Ausstellung aus. Das Museum bot eine Art Schnitzeljagd an, mit der Aussicht auf einen Preis am Ende. Vor den Puppen blieb die Familie stehen und kreuzte zwei Kästchen auf ihren Zetteln an. Peter wartete, bis sie weitergezogen waren.
»Die Bibliothek hat gestern bei meinem Dad angerufen«, sagte er.
Hester erstarrte.
»In ganz Plymouth gibt es nur eine Familie Angeln, darum haben sie sich bei uns gemeldet.«
»Aha ... und worum ging´s?« Hester versuchte, harmlos zu klingen, und zwang ihren Körper, sich zu entspannen.
»Sie waren auf der Suche nach einer Esther Angeln. Mein Vater hat ihnen erklärt, dass wir keine Esther in der Familie haben.«
»Willst du mir vielleicht irgendetwas unterstellen?«
»Bis gerade eben wäre ich nicht darauf gekommen. Warst du das vielleicht, Hester?«
»Was soll ich gewesen sein?« Sie sprach laut und heftig. Um zu betonen, dass sie nichts zu verbergen hatte. Aber sie errötete, als die anderen Besucher sie ansahen.
Peter wartete, bis die Leute sich wieder abgewandt hatten. »Hast du dieses Buch aus der Sonderabteilung mitgenommen?«, fragte er leise.
Hesters Augen weiteten sich vor Empörung. »Du kennst mich doch. Habe ich vielleicht schon jemals etwas gestohlen?«
»Nein, natürlich nicht ...«
»Außerdem, als ich das letzte Mal nachgesehen habe, hieß ich nicht Esther.«
Peter starrte auf die Puppen. »Ich weiß. Es war nur ein merkwürdiger Zufall. Tut mir leid, dass ich überhaupt davon angefangen habe.«
Hester schwieg. Linnies Puppe war so nah. Was für ein Ärger, dass sie nicht einfach zugreifen konnte! Sie biss sich in die Wange und ließ ihren Blick über die Vitrinenränder schweifen. Dabei bemerkte sie, dass es kein Schloss gab. Wenn sie wirklich wollte, musste sie den Glasdeckel also bloß anheben und zugreifen. Jetzt und hier. Möglicherweise brauchte sie Peter gar nicht ...
»Ich werde mit meinen Eltern reden«, unterbrach er Hesters Gedanken. »Vielleicht können sie fragen, ob wir die Puppe für ein oder zwei Tage haben können.«
»Nein, lass es!«
»Aber fragen kostet doch nichts.«
»Vergiss es!« Das war zu heftig, wie Hester bemerkte. Sie atmete durch und senkte ihre Stimme. »Nein ehrlich, danke, aber es geht auch ohne.«
Peter schüttelte den Kopf. Er verstand sie einfach nicht. »Von mir aus. Aber ich muss dich jetzt zur Plantation zurückbringen. Sonst komme ich zu spät.«
»Ist nicht
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