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syrenka

syrenka

Titel: syrenka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Fama
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hinauf. »Ich muss wieder zurück.«
    »Du siehst Syrenka ganz und gar nicht ähnlich«, widersprach Needa und schüttelte den Kopf wie über eine vollkommen abwegige Idee. Dabei bauschte sich ihr Haar anmutig. »Nur innerlich«, fügte sie hinzu und legte ihre Hand auf Hesters Brust.
    Hester starrte sie verblüfft an. »Warum bin ich noch am Leben?«, fragte sie, sobald sie ihre Stimme wiedergefunden hatte.
    Offenbar verstand Needa die Frage, denn ein hilfloses Lächeln huschte über ihr Gesicht und ließ ihre spitzen Zähne sehen. »Weil du eben Syrenka bist.« Sie legte sanft ihren Arm um Hesters Hüfte. »Jetzt komm. Noo´kas erwartet dich.«
    »Warte!«, rief Hester, aber es war zu spät. Die Sirene hatte sie schon an sich gezogen, und unter den kräftigen Schlägen von Needas Schwanz glitten sie über den Meeresboden. Hester musste den Mund schließen und den Kopf senken, um den Wasserwiderstand auszuhalten.
    Sie schwebten über den Metallrumpf eines gesunkenen Schiffs hinweg. Er war schwarz vor Rost und seine Oberfläche war von einem feinen daunenartigen Belag überzogen. Durch seine zahlreichen Löcher schwammen Fische ein und aus.
    Sie kamen an Riffen vorbei und an Zivilisationsmüll, einem Außenbordmotor, kaputten Hummerfallen und Hunderten von Flaschen und Dosen. Eine weitere Sirene gesellte sich zu ihnen und schwamm mit ihnen weiter. Sie konnte sich nicht verkneifen, Hesters Haar zu berühren. An den Spitzen ihrer Finger ragten scharfe, schartige Krallen hervor. Hester stieß ihre Hand beiseite, achtete allerdings sorgsam darauf, dass sie ihren Handgelenksflossen nicht zu nahe kam.
    Als sie ein Gebiet erreichten, das durch ineinandergewobene Masten unzähliger Schiffe an vier Seiten eingezäunt war, verlangsamten sie ihr Tempo. Im Inneren dieses Areals befanden sich allerlei Spielzeug und demolierte Geräte eines Spielplatzes, darunter eine weitgehend intakte, aber rostige Schaukel und eine Seite einer Wippe. Es gab ein von Algen überwuchertes rot-gelbes Rutschauto, wie Sam als kleiner Junge eines besessen hatte, und Wiegen und Stubenwagen aus Holz, die sich allmählich zersetzten. Das gesamte Gelände war eingerichtet wie ein Kinderheim, bis hin zu Babyfläschchen voller rund geschliffener, vom Meer ausgespuckter Glasscherben sowie Teller, Löffel und Dutzende ausgebleichter, löchriger Gummischnuller. Am verstörendsten aber waren die Massen von Puppen in allen erdenklichen Größen und Ausprägungen. Es gab Kunststoffpuppen, Puppen mit Porzellanköpfen und Stoffleibern, Puppen aus Holz, selbst gemachte Puppen, kopflose, dickbäuchige Torsi, lose Arme und Beine und unzählige abgetrennte Köpfe, die sich aufden Ablagen von Hochstühlen stapelten sowie auf einer Kommode und einem Tisch. Allem Anschein nach war jede Puppe, die jemals von einem Kind über Bord geworfen, in einen Fluss gefallen oder von einem Sturzregen davongespült worden war, in dieser Kinderheim-Imitation gelandet. Die Sirene, die sich zu Hester und Needa hinzugesellt hatte, nahm sich einen Moment Zeit und stellte einen Stubenwagen wieder auf, der von der Strömung umgerissen worden war. Hester warf einen kurzen Blick zurück und sah, wie sie eine Puppe ohne Augen sorgsam in das Bettchen zurücklegte und dann weiterschwamm, um sich ihnen wieder anzuschließen.
    Hester überlegte, wie viel Uhr es sein mochte. Oben, an Land, hatte sie doch etwas vorgehabt – aber sie erinnerte sich nicht mehr, was es war. Sie wollte Needa eine Frage stellen, aber die Frage entfiel ihr.
    Mittlerweile hatten sie ein riesiges Riff auf dem Grund des Meeres erreicht. Ein Berg von Unrat türmte sich darauf. Im Näherkommen versuchte Hester zu erkennen, woraus er im Einzelnen bestand.
    Über einen schmalen Zugang schwammen sie in diesen Berg hinein, und hier stellte Hester fest, dass die Wände zu beiden Seiten aus einer schier unendlichen Anzahl von Dingen bestanden, die Menschen verloren hatten. Sie waren allesamt aus Metall. Manche glänzten und schimmerten noch, andere waren stumpf und schwarz.
    »Das ist Noo´kas´ Schatz«, erklärte Needa, während sie allmählich langsamer schwammen. »Wenn du irgendetwas auf dem Meeresgrund findest, muss du es ihr bringen. Falls sie es nicht haben mag, kannst du es behalten.«
    »Ich ... ich kann nicht hierbleiben«, protestierte Hester.
    Der Zugang weitete sich zu einer Art Saal, der nach oben hin offen und rundum von den Aufhäufungen des Schatzes begrenzt war. Noo´kas quetschte sich in einen riesigen, kunstvoll

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