syrenka
Verbrennung. Der Schorf in der Mitte der Wunden war kaum mehr zu sehen. Eine weitere Sirene schwamm in der Nähe und sah mit kritischem Blick zu – oder hielt Wache.
»Wie lange bin ich schon hier?«, fragte Hester.
»Hallo, Hester«, antwortete Needa lächelnd. »Mach dir keine Sorgen. Du bist gerade erst gekommen.«
»Noo´kas will, dass sie Semiramis heißt!«, zischelte die Wärterin Needa zu.
Needas Lippen wurden schmal. Sie deutete auf die andere Sirene. »Das ist Weeku«, erklärte sie.
»Aber ... meine Wunden sind schon verheilt«, stellte Hester fest. »Das braucht doch sonst Wochen ... oder ... im Salzwasserschließen sie sich eigentlich überhaupt nicht. Ich hätte verbluten können.«
»Es tut mir leid, wenn du Angst hattest. Wirklich, es tut mir leid. Aber es ist verboten, diesen Ablauf vorher zu verraten. Hättest du gewusst, wie leicht wir Wunden heilen können, hättest du dich vielleicht weniger gewehrt. Und Noo´kas hat mittlerweile kaum noch Unterhaltung ...«
Hester traute ihren Ohren nicht. »Sie hätte mich fast getötet! Und es tut höllisch weh!«
»Es war sehr unwahrscheinlich, dass du sterben würdest«, schaltete Weeku sich energisch ein. »Noo´kas kann sehr gut zielen. Und den Schmerz wirst du schnell vergessen haben – er vergeht nach kurzer Zeit…«
»Wie spät ist es?«, platzte Hester heraus. Sie stützte sich auf ihre Ellbogen, um sich aufzurichten.
»Die Zeit ist ohne Bedeutung«, antwortete Weeku. »Und sie wird auch dir bald nichts mehr bedeuten.«
»Ich muss aber ... irgendwohin ...« An welchen Ort genau, das hatte Hester vergessen. Es schien aber dringend gewesen zu sein.
Needa drückte ihren Oberkörper zurück. »Hier ist dein Platz! Noo´kas wünscht, dass du hierbleibst.«
»Meine Beine kribbeln. Sie sind eingeschlafen.«
»Ihre Verwandlung hat begonnen. Es geschieht langsam. Aber es tut nicht weh. Wir werden deine Beine zusammenbinden, um den Prozess zu erleichtern. Die Haut wird zusammenwachsen und die Knochen ebenfalls. Aber zunächst und da du nun wach bist: Noo´kas will dich sehen. Dabei hat sie noch nie einen Neuankömmling vor der Verwandlung zu sich gerufen. Offenbar mag sie dich.«
Hester schüttelte den Kopf. »Willst du damit sagen ... meine Beine werden ...?«
»Richtig.«
»Das geht nicht! Needa, ich bin keine ...«
»Du gehörst hierher«, antwortete Weeku streng.
»Ich gehöre hierher?«
»Ja.«
Es war vollkommen logisch – alles war vollkommen logisch. Und gleichzeitig passte es nicht. Hester lehnte sich wieder zurück, irgendwie verunsichert. Der Druck des Wassers, das sie umgab, war angenehm – aber hätte er sie nicht eigentlich töten müssen? Der Seetang fühlte sich behaglich an. Aber müssten seine glitschigen Tentakel sie nicht eher abstoßen? Hester schloss die Augen. Ihre Muskeln entspannten sich. Ihre Gedanken verflüchtigten sich auf angenehme Weise. Sie ruhte.
Needa beendete ihre Arbeit. »Sag Noo´kas, dass wir gleich kommen werden«, wies sie Weeku an. Die Dienerin beugte ihren Kopf und schwamm eilig davon.
Needa griff unter das Lager aus Seetang und zog den silbernen Flachmann hervor, den sie in Hesters Hand gefunden hatte. Sie betrachtete ihn. Schließlich strich sie Hester über die Wange. Im selben Moment schlug Hester die Augen auf.
»Was ist das?«, fragte Needa sanft und zeigte Hester den Flachmann.
»Ich weiß nicht«, antwortete Hester verlegen. »Ich habe es aus Noo´kas´ Schatz. Es hat mich an etwas erinnert. Es schien mir wichtig zu sein.«
»Erinnert es dich an dein Leben an Land?«
»Ja.«
»Kannst du es in deine Tasche stecken?«
»Sollte ich es nicht besser zurückgeben?«
Needa dachte einen Augenblick nach. Dann schüttelte sie den Kopf. »Behalte es vorerst. Lass uns deinem Instinkt vertrauen. Aber sieh dich vor: Solange du dich in Noo´kas´ Gegenwart befindest, darfst du nicht daran denken. Sonst spürt Noo´kas, dass du sie bestohlen hast.«
Needa richtete sich auf. »Ich muss dich jetzt zu ihr bringen. Die Zeit reicht kaum, um dir noch zu sagen, was du wissen musst. Aber ich will es versuchen. Du darfst es weder Noo´kas noch Weeku oder sonst jemandem verraten, hörst du?«
»Warum hilfst du mir, Needa?«
Needa lächelte wehmütig. »Ich wünsche mir, und zwar von Herzen, dass du bei uns bleibst. Aber anders als Noo´kas denke ich, dass es deine Wahl sein sollte. Oh!« Sie schlug sich die Hand vor den Mund. »Ich begehe Hochverrat.« Nervös schwamm sie eine anmutige Acht. »Aber
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