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System Neustart

System Neustart

Titel: System Neustart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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schlafe noch. Bis eben, jedenfalls.«
    »Ich muss mit Ihnen reden.«
    »Wo ist Milgrim? Und Heidi ...«
    »Darüber sprechen wir gleich. Heidi hat damit nichts zu tun.«
    Sie blinzelte zu dem hellen Lichtschein an den Rändern des Vorhangs hinüber. Ließ den Hörer so leise wie möglich auf die Gabel sinken. Garreth atmete gleichmäßig weiter.
    Sie setzte sich vorsichtig auf. Betrachtete die dunklen Horizontalen seiner Beine. Er hatte darauf bestanden, in Hosen und Strümpfen zu schlafen. Auf seiner nackten Brust befanden sich frische Narben, verheilt, aber noch immer rötlich verfärbt, direkt neben den älteren, die sie aus dem Gedächtnis hätte zeichnen können. Sie stand auf, tappte ins Bad, schloss die Tür hinter sich und schaltete das Licht an.

54. Im Schein des Air
    »Ferguson«, sagte Winnie Tung Whitaker, »der mit dem Vokuhila. Er saß im selben Flieger wie Gracie von Genf nach Heathrow.«
    Im Schein des Bildschirms und der beleuchteten Tastatur des Air kauerte Milgrim vor dem Schreibtisch, in den MontBell-Schlafsack gehüllt. Er hatte versucht zu schlafen, war jedoch immer wieder aufgestanden, um einen Blick auf Twitter zu werfen. Bei seinem sechsten oder siebten Versuch hatte ihre Antwort aus einer Nummer bestanden. Er hatte ihre Visitenkarte hervorgekramt und festgestellt, dass es sich um ihre Handynummer handelte. In den Telefonbüchern unter den Stoffmusterbüchern war er nach einigem Suchen auf die notwendigen Vorwahlen gestoßen.
    »Der mit den Hosen?«, hatte er in der vergeblichen Hoffnung gefragt, dass er sich irrte.
    »Mike Ferguson. Sehen Sie? Ich hatte recht!«
    »Wann fliegen Sie wieder zurück?«
    »Hm, die Geschichte, die Sie mir erzählt haben, könnte sogar einen Urlaub en route notwendig machen.« »Was heißt das?«
    »Der einzige Schwindel, der FBI-Agenten noch erlaubt ist, wie wir so schön sagen. Im Moment bin ich dienstlich unterwegs. Falls ich die Erlaubnis dafür bekomme, kann ich mir zwei Tage freinehmen. 16 Stunden Urlaub pro Jahr. Als ich Ihren Tweet gesehen habe, habe ich gleich meinem Chef gemailt. Allerdings ginge das auf meine eigene Rechnung.« Sie klang nicht besonders glücklich darüber. »Andererseits wird die Sache langsam richtig interessant. Auch wenn mein Chef es nicht interessant genug findet, um mich auf Spesen hier zu behalten. Diesen Streich, den Sie da in Paris aufgeführt haben, das hätte ich Ihnen allerdings nicht zugetraut. Was ist da los?« »Ich weiß es nicht.« Was die Wahrheit war.
    »Das war dieser Parsons-Absolvent, der Designer, der Möchtegern-Elitesoldat. Dieser hirnrissige Angriff auf den Pick-up Ihres Chefs, das war bestimmt auch er.«
    »Ja«, erwiderte Milgrim. »Ich habe ihn gesehen.«
    »Damit wollte ich sagen, dass es nicht Gracie oder Ferguson waren. Die waren noch in Heathrow am Zoll. Nachdem sie da durch waren, wurden sie wohl sofort darüber informiert, was er getan hat und was passiert ist. Interessant ist, wie Gracie darauf reagieren wird. Wenn er klug wäre, würde er es dabei belassen und den Designer feuern. Der offensichtlich keine Ahnung hat. Gracie ist intelligent, das schon. Sehr sogar. Aber er ist nicht klug. Haben Sie Bigend davon erzählt?«
    »Ja«, sagte Milgrim. »Ich glaube, ich habe ihm alles erzählt, was Sie mir aufgetragen haben.«
    »Haben Sie ihm von mir erzählt?«
    »Ich habe ihm Ihre Karte gezeigt«, sagte Milgrim. Sie lag jetzt vor ihm auf dem Schreibtisch.
    »Beschreiben Sie mir seine Reaktion!«
    »Er wirkte nicht weiter besorgt. Aber das ist nicht ungewöhnlich. Er hat gesagt, dass er mit FBI-Agenten so seine Erfahrungen hat.«
    »Gut möglich, dass er es bald mit knapp 500 Pfund erstklassig ausgebildetem Mike zu tun bekommt. Halten Sie mich auf dem Laufenden. Haben Sie ein Handy?«
    »Nein«, sagte Milgrim. »Das habe ich in Paris gelassen.«
    »Tweeten Sie mir. Oder rufen Sie diese Nummer an.«
    »Ich bin froh, dass Sie Urlaub nehmen.«
    »Noch steht das nicht fest. Hoffen wir, dass es klappt. Passen Sie auf sich auf!« Sie beendete das Gespräch.
    Milgrim steckte das gewichtslose Mobilteil in die Vertiefung an der Oberseite des Telefons, und das weiße Display erlosch.
    Er warf einen Blick auf die Uhr in der oberen rechten Ecke des Bildschirms. In wenigen Stunden würde Jun hier aufkreuzen. Draußen war es jetzt wahrscheinlich noch nicht hell. In den MontBell gehüllt, legte er sich wieder auf den Schaumstoff,

55. Mr. Wilson
    Nur wenige Gäste waren bereits beim Frühstück.
    Der junge Italiener und

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