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System Neustart

System Neustart

Titel: System Neustart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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vorbeiging.
    »Heilige Scheiße«, zischte Clammy mit einem West-Hollywood-Akzent, den er sich erst in letzter Zeit und unter merkwürdigen Umständen zugelegt hatte, und erzitterte, als hätte er unter einer gewaltigen Anspannung gestanden. »Was hast du denn hier verloren?«
    »Ich bin auf der Suche nach Denim«, sagte sie und musste sich dann umdrehen und auf den Laden deuten, weil sie nicht wusste, wie er hieß. Dabei bemerkte sie, dass nirgendwo ein Schild zu sehen war. »Gabriel- Hounds. Die haben sie nicht.«
    Möglicherweise zog Clammy unter seiner schwarzen Mütze die Augenbrauen hoch.
    »Wie diese hier.« Sie zupfte an der offenen Jacke unter ihrem Mantel. Seine Augen wurden schmal. »Woher hast du die?« »Von einem Freund.«
    »Die sind fast nirgends zu kriegen«, erklärte Clammy feierlich. Als nähme er sie, zu ihrer Überraschung und zum ersten Mal, ernst. »Zeit für einen Kaffee?«
    Clammy erschauerte. »Ich bin scheißkrank«, sagte er und schniefte laut. »Musste raus aus dem Studio.«
    »Kräutertee. Und dann hab ich noch was für dein Immunsystem.«
    »Warst du nicht Regs Mädchen, in der Band? Mein Kumpel behauptet das jedenfalls.«
    »Nie und nimmer«, sagte sie mit Nachdruck. »Weder im symbolischen noch im biblischen Sinne.«
    Ein verständnisloser Blick.
    »Alle denken doch immer, die Sängerin vögelt mit dem Gitarristen«, erklärte sie.
    Clammy grinste trotz seines Schnupfens. »Das haben die Boulevardblätter auch von mir und Arfur behauptet.«
    »Genau«, erwiderte sie. »Ein in Kanada hergestelltes patentiertes Medikament auf der Grundlage von Ginseng. Am besten mit Kräutertee einnehmen. Kann nicht schaden.«
    Clammy nickte schniefend.

    Sie hoffte, dass er sich wirklich einen Virus eingefangen hatte, und sich nicht im Anfangsstadium eines Heroinentzugs befand. Aber wahrscheinlich war er einfach nur erkältet, plus der erhebliche Stress, mit Inchmale in einem Studio arbeiten zu müssen.
    Sie brachte ihn dazu, fünf Kapseln ColdFX zu schlucken, und nahm selbst drei zur Vorbeugung. Normalerweise halfen sie nicht viel, wenn die Symptome erst einmal fortgeschritten waren. Aber nachdem sie ihm davon erzählt hatte, war er immerhin mit ihr um die Ecke in den Starbucks am Golden Square gegangen, und sie hoffte, dass er für Placebos anfällig war. Inchmale zufolge, der ein hartnäckiger ColdFX- Verweigerer war und das auch jedem ins Gesicht sagte, war sie das selbst auch. »Du musst sie weiter nehmen«, sagte sie zu Clammy und stellte die weiße Plastikflasche neben den dampfenden Pappbecher Kamillentee. »Die Dosierungsanleitung kannst du ignorieren. Nimm drei Stück, dreimal am Tag.«
    Er zuckte mit den Achseln. »Wo hast du die Hounds noch mal her?«
    »Sie gehören jemand, den ich kenne.«
    »Und wo hat der sie her?«
    »Keine Ahnung. Jemand hat mir erzählt, das sei eine ›Geheimmarke‹.«
    »Nicht, wenn man Bescheid weiß«, entgegnete er. »Sie sind nur ziemlich schwer aufzutreiben. Verdammt dünn gesät, deine Gabriel Hounds.«
    »Hat er angefangen, darüber zu reden, dass er die Basistracks aufnehmen will?« Sie vermutete, dass er sich nicht darauf einlassen würde, wenn sie versuchte, das Thema zu wechseln, und dann könnten sie weiter über die Jacke sprechen, ohne zu neugierig zu wirken.
    Clammy erschauderte. Nickte.
    »Hat er davon geredet, dafür nach Tucson zu gehen?«
    Clammy runzelte die von schwarzem Kaschmir bedeckte Stirn. »Gestern Abend.« Er starrte durch die Glasscheibe auf den Golden Square hinaus, der im Regen verlassen dalag.
    »Dort gibt es ein Studio«, sagte sie. »Eines seiner Geheimnisse. Macht das! Wenn er später für die Overdubs zurückgehen will, macht das auch.«
    »Warum muss ich mir dann jetzt den Arsch aufreißen, um alles neu abzumischen?«
    »So arbeitet er eben«, sagte sie.
    Clammy rollte mit den Augen, starrte himmelwärts oder zu seiner schwarzen Mütze und wandte sich dann wieder Hollis zu. »Hast du deinen Freund gefragt, woher er die Hounds hat?«
    »Noch nicht«, sagte sie.
    Er drehte sich auf seinem Stuhl und schwang die Beine unter der Theke hervor. »Hounds«, sagte er. Die Jeans, die er trug, war schwarz und ziemlich eng. »Zwanzig Unzen«, sagte er. »Brutal schwer.«
    »Flammengarn?«
    »Bist du blind?«
    »Wo hast du die her?
    »Aus Melbourne. Hab da ein Mädchen gekannt, die wusste wo und wann.«
    »Ein Laden?«
    »Nee, das nie«, sagte er. »Nur secondhand, und das ist eher unwahrscheinlich.«
    »Ich hab's mit Google probiert«,

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