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System Neustart

System Neustart

Titel: System Neustart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Deckel und zog seinen Hosenschlitz auf.
    »Verpisst euch!«, murmelte Shombo in einem Anfall von Kreativität, aber ohne jede Ironie.
    Milgrim seufzte, füllte den Becher, verschloss ihn, pinkelte in die schmutzige Toilette, spülte, indem er an einer Kette zog, schob den Becher in die Plastiktüte, die Plastiktüte in die Papiertüte, reichte die Papiertüte dem Fahrer und wusch sich die Hände mit kaltem Wasser. Seife schien es keine zu geben.
    Als sie den Hinterraum verließen, sah Milgrim, wie sich die hellen Bildschirme in Shombos Augen spiegelten.
    Er zog die Tür leise ins Schloss.
    Der Fahrer reichte Milgrim einen nagelneuen braunen Umschlag. Darin ertastete Milgrim die versiegelte Packung mit seinen Medikamenten.
    »Danke«, sagte Milgrim.
    Der Fahrer ging ohne ein Wort hinaus. Voytek eilte ihm nach und schloss verärgert die Tür hinter ihm ab.

41. Ausrüstungsfetischisten
    »Er kommt gleich runter«, sagte Jacob mit einem Lächeln, als er sie, sein Bart so dicht wie je, am Eingang von Blue Ant abholte. »Wie war Paris? Möchten Sie einen Kaffee?«
    »Nett, vielen Dank. Nein, keinen Kaffee.« Seit Heidi sie gezwungen hatte, Garreths Nummer anzurufen, war sie völlig durch den Wind, was man ihr wahrscheinlich auch ansah. Während sie im Foyer zu dem Kronleuchter aus gebrauchten Brillengläsern hochblickte, war sie froh über jede Ablenkung, die Bigend zu bieten haben würde.
    Und da kam er auch schon angerauscht, die Wirkung des optisch provokanten blauen Anzugs von einem schwarzen Poloshirt etwas ... gedämpft, wenn das der richtige Ausdruck war. Hinter ihm, still und aufmerksam, seine beiden Leibwächter mit Regenschirmen in der Hand. Er ließ Jacob stehen, nahm Hollis am Arm und führte sie wieder zur Tür hinaus, seine Leibwächter dicht auf den Fersen. »Nicht gut, dieser Jacob«, sagte er leise. »Arbeitet für Sleight.«
    »Wirklich?«
    »Ganz sicher sind wir uns noch nicht«, sagte er und führte sie nach links und wieder nach links. »Aber es scheint sehr wahrscheinlich.« »Wohin gehen wir?«
    »Nicht weit. In den Räumlichkeiten von Blue Ant führe ich keine wichtigen Gespräche mehr.« »Was ist denn los?«
    »Ich sollte ein Modell des ganzen Phänomens erstellen lassen. Eine computergenerierte Visualisierung. Natürlich lässt sich der Vorgang nicht ganz genau vorhersagen, aber er ist mir nicht unbekannt. Ich schätze, dass ein Durchlauf gute fünf oder sechs Jahre dauert.«
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    »Bei Milgrim klang es nach einer Palastrevolution oder einer Geschäftsübernahme.«
    »Das hieße, die Sache übermäßig zu dramatisieren. Einige meiner intelligentesten Angestellten werden aus dem Job ausscheiden. Weil sie bei Blue Ant nicht das geworden sind, was sie sich erhofft hatten. Was nur wenigen gelingt. Leute wie Sleight versuchen dabei, möglichst viel für sich herauszuschlagen. Sich einen goldenen Fallschirm zu basteln. Er würde mir das letzte Hemd ausziehen, wenn er könnte. Bevor diese Personen sich verabschieden, fließen Informationen nach draußen, an die Meistbietenden. Es gibt immer mehr als einen goldenen Fallschirmspringer.« Er nahm wieder ihren Arm und wartete, bis ein Mercedes vorbeigefahren war, um die schmale Straße zu überqueren. »Für einen einzigen Täter sind das zu viele Baustellen. Sleight, wahrscheinlich Jacob, zwei oder drei andere noch.«
    »Das scheint Sie nicht zu beunruhigen.«
    »Ich hatte es erwartet. Interessant ist das immer, denn dabei kommen andere Dinge ans Licht. Wenn man wirklich wissen will, wie etwas funktioniert, muss man es analysieren, während es auseinanderfällt.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Erhöhtes Risiko, bessere Chancen. Der Zeitpunkt ist äußerst unpassend, aber wann ist er das nicht? Hier wären wir.« Er war vor einem schmalen Ladengeschäft stehen geblieben, über dem ein schmucklosminimalistisches Schild aus gebürstetem Aluminium mit dem Schriftzug Tanky&Tojo hing. Hollis warf einen Blick auf das Schaufenster. Eine altertümliche Schneiderpuppe, die mit gewachster Baumwolle, Tweed, Kord und einem Ledergeschirr ausstaffiert war.
    Er hielt ihr die Tür auf.
    »Willkommen«, sagte ein kleiner Japaner. Seine Brille hatte ein rundes Goldgestell. Außer ihm war niemand im Laden.
    »Wir sind hinten«, sagte Bigend und führte Hollis an dem Japaner vorbei.
    »Selbstverständlich. Ich werde dafür sorgen, dass Sie nicht gestört werden.«
    Hollis schenkte dem Mann ein Lächeln und nickte. Er verbeugte sich vor ihr. Seine Reiterjacke aus

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