Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)
Orgons Verzweiflung gezeigt haben, der, von seiner Familie gelangweilt, von seinen Kindern schnöde behandelt und Tartuffes Schmeicheleien entbehrend, ausrufen würde: »Das war die gute Zeit!«
In den letzten acht Jahren ihres Lebens bekam Mademoiselle Laguerre nicht mehr als dreißigtausend Franken von den fünfzigtausend zu sehen, die Les Aigues in Wirklichkeit einbrachten. Wie man sieht, war Gaubertin beim selben Verwaltungsresultat wie sein Vorgänger angelangt, obwohl die Pachtgelder und die Bodenerzeugnisse, Mademoiselle Laguerres ständige Erwerbungen ungerechnet, von 1791 bis 1815 sich stark vermehrt hatten. Doch der von Gaubertin gefaßte Plan, Les Aigues bei Madames demnächstigen Tode zu erben, nötigte ihn, den herrlichen Besitz, was die aufweisbaren Einkünfte anlangte, in einem Zustande augenscheinlicher Wertherabsetzung zu erhalten. Die in diese Kombination eingeweihte Cochet sollte den Nutzen teilen. Da in der Neige ihrer Tage die Exkönigin des Theaters, die an zwanzigtausend Livres Renten in den Konsols – zu welchen Späßen sich die politische Sprache doch hergibt! – genannten Fonds besaß, besagte zwanzigtausend Livres kaum verausgabte, war sie erstaunt über die Erwerbungen, die ihr Verwalter machte, um die disponiblen Fonds zu verwerten, wo sie doch ehemals stets Vorschuß auf ihre Revenüen hatte nehmen müssen! Die Wirkung der Bedürfnislosigkeit ihres Greisenalters schien ihr das Resultat von Gaubertins und Mademoiselle Cochets Rechtschaffenheit zu sein. »Zwei Perlen!« sagte sie zu den Leuten, die zu ihr zu Besuch kamen.
Gaubertin wahrte außerdem in seinen Rechnungen den Anschein der Rechtschaffenheit. Er trug die Pachtgelder richtig als Einnahmen ein. Alles, was der bescheidenen Intelligenz der Sängerin in Punkto Arithmetik ins Auge springen mußte, war deutlich, sauber und genau. Der Verwalter forderte seinen Gewinn von den Ausgaben, den Betriebskosten, den abzuschließenden Käufen, den Arbeiten, den Prozessen, die er erdichtete, und den Reparaturen, Einzelheiten, die Madame niemals nachprüfte, und die es ihm manchmal gelang, doppelt aufzuführen in Uebereinstimmung mit den Unternehmern, deren Schweigen er sich durch einen vorteilhaften Preis erkaufte. Solche Gefälligkeit verschaffte Gaubertin die öffentliche Wertschätzung, und Madames Lob ging von Mund zu Munde, denn außer den Nachbezahlungen von Arbeiten gab sie sehr viele Geldalmosen.
»Gott möge sie erhalten, die liebe Dame,« war jedermanns Wort.
Jeder erlangte in der Tat als pures Geschenk oder indirekt etwas von ihr.
Als Repressalie für ihre Jugendaufführung wurde die alte Künstlerin buchstäblich geplündert, und so bedachtsam geplündert, daß jeder über ein gewisses Maß nicht hinausging, damit die Dinge nicht so ausarteten, daß ihr die Augen aufgingen, sie Les Aigues verkaufte und nach Paris zurückkehrte.
Dieses Interesse am Profitmachen war, ach! der Grund der Ermordung Paul-Louis Couriers, der den Fehler beging, den Verkauf seiner Besitzung und seine Absicht, seine Frau, von der mehrere Tourainer Tonsards lebten, mitzunehmen, bekanntzumachen. In dieser Besorgnis schnitten die Plünderer von Les Aigues einen jungen Baum nur im äußersten Notfalle ab, wenn sie keine Zweige mehr in der Höhe der an eine Stange gebundenen Sichel sahen. Im Interesse des Diebstahls selber tat man so wenig wie möglich unrecht. Nichtsdestoweniger war in Mademoiselle Laguerres letzten Lebensjahren das übliche Holzsammeln zum unverschämten Mißbrauch ausgeartet. In bestimmten klaren Nächten raffte man nicht weniger als zweihundert Bündel zusammen. Was das Stoppeln und die Weinnachlese anlangte, so verlor Les Aigues dadurch, wie Sibilet dargelegt hat, den vierten Teil der Produktion.
Mademoiselle Laguerre hatte der Cochet verboten, sich zu verheiraten, und zwar aus einem Gebieterinnenegoismus einer Kammerfrau gegenüber, von dem man viele Beispiele in allen Ländern finden kann, und der nicht absurder ist als die Manie für das materielle Glück vollkommen nutzlose Güter bis zum letzten Seufzer auf die Gefahr hin aufzuheben, sich von ungeduldigen Erben vergiften zu lassen. So heiratete denn Mademoiselle Cochet zwanzig Tage nach Mademoiselle Laguerres Begräbnis den Unteroffizier der Gendarmerie von Soulanges namens Soudry, einen sehr schönen zweiundvierzigjährigen Mann, der seit 1800, dem Zeitpunkte der Einrichtung der Gendarmerie, sie beinahe alle Tage in Les Aigues besuchte und wöchentlich mindestens viermal mit
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