Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)
Verwalter der alten Regierung, einen Schelm, wie die Marschälle und Herzöge Napoleons, diese aus dem Volksboden hervorgewachsenen Pilze, sie fast überall angetroffen hatten.
Indem er die tiefe Erfahrung Gaubertins in ländlichen Verwaltungsangelegenheiten erkannte, fühlte der tückische Kürassier, wie vorteilhaft es sei, ihn sich zu erhalten, um über diese verbessernde Agrikultur auf dem laufenden zu bleiben. So gab er sich denn die Miene, Mademoiselle Laguerre nachzuahmen: eine falsche Sorglosigkeit, die den Verwalter täuschte. Die scheinbare Unerfahrenheit währte die ganze Zeit über, die der General benötigte, um die Stärken und Schwächen von Les Aigues, die Einzelheiten der Einkünfte, die Art und Weise, sie einzunehmen, wie und wo man sie stahl, wo man Verbesserungen und Ersparnisse machen könnte, zu ergründen. Dann eines schönen Tages, als er Gaubertin mit der Hand im Sacke, wie die stehende Redensart lautet, ertappt hatte, geriet der General in eine der Zornesaufwallungen, die jenen Länderbezwingern eigentümlich sind. Er beging da einen jener Hauptfehler, die geeignet sind, das ganze Leben eines Mannes zu erschüttern, der kein großes Vermögen oder eine gesicherte Existenz hinter sich hat. Daraus ergaben sich all die großen und kleinen Unglücksfälle, von denen es in dieser Geschichte wimmelt. In der kaiserlichen Schule erzogen, gewohnt, alles niederzusäbeln, voll Verachtung den Zivilisten gegenüber, glaubte Montcornet, nicht mit Handschuhen zufassen zu müssen, um einen Schuft von Verwalter an die Luft zu setzen. Das Zivilleben und seine tausend Behutsamkeiten waren dem General, der bereits durch seine Ungnade verärgert war, unbekannt. Er demütigte also Gaubertin, der sich diese herrenmäßige Behandlung übrigens durch eine Antwort zuzog, deren Zynismus Montcornet zur Wut reizte, aufs tiefste.
»Sie leben von meiner Besitzung,« hatte der Graf mit spöttischer Strenge zu ihm gesagt.
»Glauben Sie denn, daß ich von der Luft habe leben können?« erwiderte Gaubertin lachend.
»Hinaus, Kanaille, ich jage Sie fort!« schrie der General, indem er ihn mit der Reitpeitsche bearbeitete, was Gaubertin stets abgeleugnet hat, da es hinter geschlossenen Türen geschah.
»Ohne meine Generalquittung werd' ich nicht gehen,« sagte Gaubertin eisig, nachdem er sich von dem gewalttätigen Kürassier entfernt hatte.
»Wir werden sehen, was das Strafpolizeigericht dazu sagt,« antwortete achselzuckend Montcornet. Als er sich mit einem Strafprozeß bedroht sah, blickte Gaubertin den Grafen lachend an. Dieses Lächeln besaß die Kraft, des Generals Arm sinken zu machen, wie wenn seine Nerven durchgeschnitten worden wären. Erklären wir dies Lächeln.
Vor zwei Jahren war Gaubertins Schwager, ein gewisser Gendrin, der seit langem Richter am Gerichtshof erster Instanz in Ville-aux-Fayes war, durch Protektion des Grafen de Soulanges zu seinem Präsidenten ernannt worden. 1814 zum Pair von Frankreich erhoben und den Bourbonen während der hundert Tage treugeblieben, hatte Monsieur de Soulanges diese Ernennung beim Großsiegelbewahrer erbeten. Diese Verwandtschaft verlieh Gaubertin eine gewisse Wichtigkeit im Lande. Im übrigen ist ein Gerichtspräsident in einer kleinen Stadt eine relativ angesehenere Persönlichkeit als der erste Präsident eines königlichen Gerichts, welcher in der Bezirkshauptmannschaft im General, im Bischof, im Präfekten und Generaleinnehmer seinesgleichen sieht, während ein einfacher Gerichtspräsident für sich steht, da Staatsanwalt und Unterpräfekt auf Widerruf angestellt sind und abgesetzt werden können.
Der junge Soudry, der in Paris wie in Les Aigues des jungen Gaubertins Kamerad gewesen, war gerade zum stellvertretenden Staatsanwalt in der Bezirkshauptstadt ernannt worden. Ehe er Gendarmerieunteroffizier wurde, war Soudrys Vater, Quartiermacher bei der Artillerie, in einem Gefechte bei der Verteidigung Monsieur de Soulanges', der damals Generaladjutant war, verwundet worden. Als die Gendarmerie ins Leben gerufen wurde, hatte der Graf de Soulanges, der Oberst geworden war, für seinen Retter die Gendarmerieabteilung von Soulanges erbeten; und später verschaffte er dem jungen Soudry auch den Posten, mit welchem er debütierte. Da endlich Mademoiselle Gaubertins Heirat am Quai de Béthune beschlossene Sache war, fühlte sich der ungetreue Rechnungsführer stärker im Lande als ein zur Disposition gestellter Generalleutnant.
Wenn diese Geschichte keine andere Lehre
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