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Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Titel: Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Sachwalter, der durch Lupin beauftragt war, die Versteigerung vor Gericht zu betreiben, hatte sein Amt auf Wort an Gaubertin für seinen Sohn verkauft, so daß er diese Plünderung begünstigte, wofern die elf pikardischen Landleute, denen die Erbschaft so unerwartet zufiel, sich für geplündert hielten.
    Im Augenblick, wo alle Interessierten ihr Vermögen verdoppelt wähnten, kam am Abend vor dem endgültigen Zuschlag ein Sachwalter aus Paris, um einen der Sachwalter von Ville-aux-Fayes, der zufällig einer seiner Schreiber gewesen war, zu beauftragen, Les Aigues zu erwerben, und bekam es für elfhunderttausendundfünfzig Franken zugeschlagen. Bei elfhunderttausend Franken wagte keiner der Verschwörer mehr zu bieten. Gaubertin glaubte an einen Verrat Soudrys, wie Lupin und Soudry sich von Gaubertin genasführt wähnten; doch die Bekanntmachung des Auftraggebers söhnte sie aus. Obwohl der Provinzsachwalter einen von Gaubertin, Lupin und Soudry inszenierten Plan argwöhnte, hütete er sich wohl, seinen alten Vorgesetzten aufzuklären. Und zwar aus folgendem Grunde: im Falle einer Indiskretion der neuen Besitzer würde der Beamte, um länger im Lande bleiben zu können, sich zu viele Leute zu Feinden gemacht haben. Dies einem Provinzmenschen eigentümliche Schweigen wird übrigens durch die Ereignisse dieser Studie vollkommen gerechtfertigt werden. Wenn der Mann aus der Provinz Duckmäuser ist, so ist er's gezwungenerweise; seine Rechtfertigung liegt in seiner Gefahr und findet einen wunderbaren Ausdruck in dem Sprichwort im Sinne des Allerweltsfreundes Philinthias: »Mit den Wölfen muß man heulen.«
    Als der General de Montcornet Besitz von Les Aigues nahm, fand Gaubertin sich nicht mehr reich genug, seine Stellung aufzugeben. Um seine älteste Tochter mit dem reichen Bankier des Marktortes zu verheiraten, war er gezwungen, ihr eine Mitgift von zweimalhunderttausend Franken zu geben; dreißigtausend Franken mußte er für das für seinen Sohn gekaufte Amt bezahlen, es blieben ihm also nur noch dreihundertsiebzigtausend Franken, von denen er früher oder später die Mitgift für seine letzte Tochter Elisa nehmen mußte, der er sich schmeichelte, eine mindestens ebensogute Heirat wie der älteren ermöglichen zu können. Der Verwalter wollte den Grafen de Montcornet studieren, um zu wissen, ob er ihm Les Aigues verleiden könnte, indem er damals damit rechnete, den gescheiterten Plan für sich allein zu verwirklichen.
    Mit dem Scharfsinn, der den Leuten eigentümlich ist, die ihr Glück durch List machen, glaubte er an die übrigens wahrscheinliche Charakterähnlichkeit eines alten Militärs und einer alten Sängerin.
    Waren nicht ein Opernmädchen und ein alter napoleonischer General an dieselbe Verschwendung und dieselbe Unbekümmertheit gewöhnt? Verdankten das Mädchen wie der Soldat ihr Vermögen nicht der Laune des Zufalls und der Begeisterung? Ist es nicht Ausnahme, wenn man listigen, verschlagenen und politischen Militärs begegnet? Zehn gegen eins, ein Soldat, vor allem ein Haudegen par excellence wie Montcornet, muß simpel, vertrauensselig, unerfahren in Geschäften und wenig geeignet für die tausend Verwaltungseinzelheiten eines Landbesitzes sein. Gaubertin schmeichelte sich, den General in die Reuse, in welcher Mademoiselle Laguerre ihr Leben beschlossen hatte, jagen und dort festhalten zu können. Nun hatte der Kaiser aber Montcornet einst mit Bedacht erlaubt, in Pommern das zu sein, was Gaubertin in Les Aigues war; der General kannte sich also in Intendanzfischzügen aus.
    Als er kam, um, gemäß dem Ausdrucke des ersten Herzogs von Biron, seinen Kohl zu bauen, wünschte der alte Kürassier sich mit seinen Geschäften abzugeben, um sich seinen Sturz aus dem Kopfe zu schlagen. Obwohl er sein Armeekorps den Bourbonen ausgeliefert hatte, konnte der Dienst, den mehrere Generäle geleistet hatten und den man die Entlassung der Loirearmee nannte, das Verbrechen nicht wettmachen, daß man dem Manne der hundert Tage auf sein letztes Schlachtfeld gefolgt war. In Anwesenheit der Fremden war es dem Pair von 1815 unmöglich, sich bei den Armeekadres zu behaupten, und noch viel weniger im Luxembourg zu bleiben. Montcornet ging also gemäß dem Rate eines in Ungnade gefallenen Marschalls, um seine Rüben in natura zu kultivieren. Dem General fehlte es nicht an jener alten Leitwölfen eigentümlichen List, und von den ersten Tagen an, die er der Prüfung seiner Besitzungen widmete, sah er in Gaubertin einen echten

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