Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)
erteilen sollte, als die sich aus dem Zwiste des Generals mit seinem Verwalter ergebende, dürfte sie schon vielen Leuten für ihre Lebensführung nützlich sein. Wer Machiavell mit Nutzen zu lesen versteht, weiß, daß die menschliche Klugheit darin besteht, niemals zu drohen, zu handeln ohne zu reden, den Rückzug seines Feindes zu begünstigen, indem man dem Sprichworte gemäß nicht auf den Schwanz der Schlange tritt, und sich wie vor einem Morde zu hüten, die Eigenliebe eines jeden Menschen, wie klein er auch sein möge, zu verletzen.
Die Tat, wie nachteilig sie auch immer für die Beteiligten sein möge, wird im Laufe der Zeit verziehen; sie kann auf tausend Arten erklärt werden; die Eigenliebe aber, die immer aus der Wunde, die sie erhalten hat, blutet, verzeiht dem Gedanken niemals. Die moralische Persönlichkeit ist gewissermaßen empfindlicher und lebhafter als die physische Persönlichkeit. Herz und Blut sind weniger eindrucksfähig als die Nerven. Kurz, unser inneres Wesen beherrscht uns, was wir auch immer tun mögen.
Man söhnt zwei Familien, die einander, wie in der Brétagne oder in der Vendée während der Bürgerkriege, getötet haben, aus; doch die Geplünderten und die Plünderer wird man ebensowenig wie die Verleumdeten und die Verleumder wieder versöhnen. Man darf sich nur in Heldengedichten beleidigen, ehe man sich den Tod gibt. Der Wilde, der Bauer, der dem Wilden sehr ähnelt, sprechen nimmer, sondern legen ihren Gegnern Schlingen. Seit 1789 versucht man in Frankreich gegen jede Augenscheinlichkeit die Menschen glauben zu machen, daß sie alle gleich wären; nun, einem Menschen sagen: »Sie sind ein Schuft«, ist ein Scherz ohne Konsequenz; es ihm aber beweisen, indem man ihn auf der Tat ertappt und mit der Reitpeitsche behandelt, ihn mit einem Strafprozeß bedrohen, ohne ihn ins Werk zu setzen, das heißt ihn auf die Ungleichheit der Stände zurückzuführen. Wenn die Masse keiner Ueberlegenheit verzeiht, wie soll ein Schuft einem anständigen Menschen verzeihen?
Wenn Montcornet seinen Verwalter unter dem Vorwande, alte Verpflichtungen einzulösen, fortgeschickt haben würde, indem er irgendeinen alten Militär an seine Stelle setzte, hätten wahrlich weder Gaubertin noch der General einander getäuscht. Einer hätte den anderen verstanden; aber der eine hätte, indem er des ersteren Eigenliebe geschont, ihm eine Tür geöffnet, damit er sich zurückziehen könne. Dann würde Gaubertin den Großgrundbesitzer in Ruhe gelassen, seine Niederlage im Versteigerungssaal vergessen und sich vielleicht eine Beschäftigung in Paris mit seinem Gelde gesucht haben. Schimpflich fortgejagt, bewahrte der Verwalter gegen seinen Herrn eines jener Rachegefühle, die ein Daseinselement in der Provinz bilden, und deren Dauer, Hartnäckigkeit und Anschläge die Diplomaten, die gewöhnt sind, sich über nichts zu wundern, in Erstaunen setzen würden.
Ein glühender Rachewunsch riet ihm, sich nach Ville-aux-Fayes zurückzuziehen, sich dort eine Stellung zu schaffen, in welcher er Montcornet schaden könne, und ihm genügend Feinde zu erwecken, um ihn zu zwingen, Les Aigues wieder zu verkaufen.
Alles täuschte den General; denn Gaubertins Außenleben war nicht danach angetan, ihn zu warnen oder zu erschrecken. Der Tradition gemäß stellte sich der Verwalter zwar nicht, als ob er arm, aber doch in bescheidenen Verhältnissen sei. Diese Verhaltungsmaßregel hatte er von seinem Vorgänger übernommen. Auch führte er bei jeder Gelegenheit seine drei Kinder, seine Frau und die ungeheuren Kosten im Munde, die ihm von seiner zahlreichen Familie verursacht würden. Mademoiselle Laguerre hatte, da Gaubertin sich ihr gegenüber als zu arm erklärte, um die Erziehung seines Sohnes in Paris bezahlen zu können, alle Kosten dafür bestritten; jährlich gab sie ihrem lieben Patenkinde – denn sie war Claude Gaubertins Patin – hundert Louis.
Am folgenden Morgen erschien Gaubertin in Begleitung eines Wächters namens Courte-Cuisse und verlangte vom General sehr stolz seine Generalquittung, indem er ihm die von der verstorbenen Mademoiselle in schmeichelhaften Ausdrücken ausgestellten Quittungen vorwies; und bat ihn sehr ironisch, zu suchen, wo sich seine – Gaubertins – Immobilien und Besitztümer befänden. Wenn er Gratifikationen von Holzhändlern und Pächtern bei Erneuerungen der Verträge annähme, so hätte Mademoiselle Laguerre, sagte er, sie stets gutgeheißen; nicht nur hätte sie daran verdient, wenn
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