Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)
andere Physiognomie gab als Courte-Cuisses brutale Sorglosigkeit ihm noch vor kurzem aufdrückte. In diesem Moment setzte die Jahreszeit all ihren natürlichen Glanz ins rechte Licht. Die Düfte einiger Blumenbeete vermählten sich mit dem kräftigen Waldgeruch. Einige Parkwiesen, die in der Umgebung eben geschnitten worden waren, verbreiteten Heuduft. Als die Gräfin und ihre beiden Gäste das Ende eines jener gewundenen Baumgänge erreichten, die beim Pavillon mündeten, sahen sie Madame Michaud, an Wickelzeug arbeitend, draußen vor ihrer Türe sitzen. Die so dasitzende und auf diese Weise beschäftigte Frau verlieh der Landschaft ein menschliches Interesse, das sie vervollständigte und das in der Wirklichkeit so rührend ist, daß gewisse Maler irrtümlicher Weise versucht haben, es in ihren Gemälden anzubringen.
Diese Künstler vergessen, daß der Geist einer Landschaft, wenn sie von ihnen gut wiedergegeben ist, so grandios ist, daß er den Menschen erdrückt, während eine ähnliche Szene in der Natur stets im richtigen Verhältnis zu der Person durch den Rahmen steht, in den das Auge des Sehenden sie einschließt. Wenn Poussin, Frankreichs Raffael, in seinen »Schäfern Arkadiens« die Landschaft nebensächlich behandelt hat, so hatte er genau erfaßt, daß der Mensch klein und dürftig wird, wenn die Natur auf einem Gemälde die Hauptsache ist.
Dort war August in seiner ganzen Pracht; eine Ernte stand bevor, es war ein Gemälde voll einfacher und starker Bewegungen. Dort fand sich der Traum vieler Menschen verwirklicht, in denen ein unbeständiges und durch heftigste Erschütterungen aus Gut und Böse gemischtes Leben das Verlangen nach Ruhe erweckt hat. Erzählen wir in wenigen Worten den Roman dieser Ehe. Justin Michaud hatte nicht sehr eifrig auf das Entgegenkommen des berühmten Kürassierobersten geantwortet, als Montcornet ihm die Bewachung von Les Aigues vorschlug: er dachte damals daran, wieder in Dienst zu gehen. Doch während der Unterredungen und Vorschläge, die ihn ins Hotel Montcornet führten, sah er Madames erste Kammerfrau. Dies junge Mädchen, das der Gräfin von ehrenwerten Pächtersleuten aus der Gegend von Alençon anvertraut worden war, hatte einige Hoffnungen auf Vermögen, zwanzig- oder dreißigtausend Franken, wenn sie einmal alle Erbschaften angetreten haben würde. Wie viele Landwirte, die sich jung verheiratet haben und deren Eltern noch leben, befanden sie sich in Notlage, konnten ihrer ältesten Tochter keine Erziehung geben und hatten sie bei der jungen Gräfin untergebracht. Madame de Montcornet ließ Mademoiselle Olympe Charel Nähen und Putzmachen lernen, nahm sie in ihren persönlichen Dienst und wurde für diese freundliche Sorge durch eine jener vollkommenen Anhänglichkeiten belohnt, die den Parisern so notwendig sind.
Olympe Charel, eine hübsche, ein bißchen rundliche Normannin, mit goldgetöntem Blondhaar, mit einem durch ein kluges Auge beseeltem Gesichte, das durch eine feingebogene Marquisennase und, trotz ihrer üppigen spanischen Taille, durch einen jungfräulichen Ausdruck auffiel, zeigte alle Vorzüge, die ein junges, unmittelbar aus dem Volke stammendes Mädchen dank der Annäherung, die ihre Gebieterin ihr zu erlauben geruht, sich aneignen kann. Sie war anständig gekleidet, zeigte eine schickliche Haltung und wußte sich gut auszudrücken. Michaud fing also leicht Feuer, noch dazu als er hörte, daß seine Schöne eines Tages ein ziemlich beträchtliches Vermögen haben würde. Die Schwierigkeiten kamen von Seiten der Gräfin, die sich von solch einem prächtigen Mädchen nicht trennen wollte; als Montcornet ihr aber seine Lage in Les Aigues auseinandergesetzt hatte, erlitt die Heirat keine weitere Verzögerung als durch die Notwendigkeit, die Eltern um Erlaubnis zu fragen, deren Einwilligung denn auch prompt gegeben wurde.
Nach seines Generals Beispiel sah Michaud seine junge Frau als ein höheres Wesen an, dem er ohne Hintergedanken militärisch gehorchen mußte. Er fand in dieser häuslichen Ruhe und in seinem außerhalb des Hauses beschäftigten Leben die Elemente des Glücks, welche Soldaten, wenn sie ihren Beruf aufgeben, ersehnen: soviel Arbeit, wie der Körper verlangt, und Ermüdung genug, um die Reize der Ruhe auskosten zu können. Trotz seiner bekannten Unerschrockenheit hatte Michaud niemals eine schwere Verwundung erlitten, er empfand nichts von jenen Schmerzen, welche die Laune der Veteranen verbittern müssen. Wie alle wirklich starken
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