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Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Titel: Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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bezahlt.«
    Da Montcornet unfähig war, den Einfluß der Mediokratie in seinem Tale zu ahnen, sprach er nicht von Gaubertin, dessen Hand die Glut der wiederentstehenden Schwierigkeiten schürte. Nach dem Frühstück nahm der Oberstaatsanwalt den Grafen von Montcornet beim Arm und führte ihn in das Kabinett des Präfekten. Als der General die Konferenz hinter sich hatte, schrieb er an die Gräfin, daß er nach Paris reise und erst in einer Woche zurückkommen werde. An der Ausführung der Maßnahmen, die der Baron von Bourlac diktierte, wird man sehen, wie weise seine Ratschläge waren; und wenn Les Aigues der Böswilligkeit entgehen konnte, so geschah es nur, indem es sich der Politik befleißigte, die dieser Beamte dem Grafen von Montcornet heimlich empfohlen hatte.
    Manche Leser, die vor allem Interessantes hören wollen, werden diese Erklärungen als langweilig verurteilen, darum ist es von Nutzen, darauf hinzuweisen, daß erstens der Sittenschilderer härteren Gesetzen gehorcht als denen, die den Tatsachenschilderer leiten; er muß alles wahrscheinlich machen, selbst die Wahrheit, während in der Domäne der eigentlichen Geschichte das Unmögliche durch die Tatsache, daß es geschehen ist, gerechtfertigt wird. Die Wechselfälle des sozialen oder Privatlebens sind durch eine Welt von kleinen Ursachen erzeugt worden, von denen alles abhängt. Der Weise ist verpflichtet, die Lawinenmassen wegzuräumen, unter denen Dörfer zugrunde gegangen sind, um auch die von einem Berggipfel losgelösten Kiesel zu zeigen, welche zur Bildung dieses Schneegebirges geführt haben. Ja, wenn es sich hier nur um einen Selbstmord handelte! Ihrer geschehen jährlich fünfhundert in Paris; dieses Melodrama ist alltäglich geworden, und jeder kann die Gründe dafür aufs genaueste kennen lernen. Wen aber wird man glauben machen, daß der Selbstmord des Besitztums jemals in einer Zeit geschehen ist, wo das Vermögen kostbarer als das Leben zu sein scheint? De re vestra agitur, sagte ein Fabeldichter; es handelt sich hier um die Angelegenheit aller, die etwas besitzen. Denkt daran, daß diese Liga eines ganzen Kreises und einer kleinen Stadt gegen einen alten General, der trotz seines kühnen Mutes den Gefahren von tausend Kämpfen entronnen ist, sich in mehr als einem Landbezirk gegen Leute gerichtet hat, die dort Gutes tun wollten. Diese Koalition bedroht unaufhörlich den genialen Menschen, den großen Politiker, den großen Landwirt, kurz alle Neuerer!
    Diese letzte, sozusagen politische Erklärung gibt nicht nur den Personen des Dramas ihre wahre Physiognomie, der kleinsten Einzelheit ihre Wichtigkeit, sondern wird auch noch scharfe Lichter auf diese Szene werfen, bei der alle sozialen Interessen auf dem Spiele stehen.

X
Melancholie einer glücklichen Frau
    Im Augenblick, wo der General in die Kalesche stieg, um nach der Präfektur zu fahren, kam die Gräfin am Avonnetor an, wo Michauds und Olympes Haushalt seit achtzehn Monaten untergebracht war.
    Wer sich des Pavillons erinnerte, wie er weiter oben geschildert worden ist, würde ihn für neuaufgebaut halten. Zuerst waren die herabgefallenen oder durch die Zeit zerbröckelten Backsteine und der in den Fugen fehlende Mörtel wieder ergänzt worden. Die gereinigten Schieferplatten gaben der Architektur durch die Wirkung der in Weiß von diesem bläulichen Grunde sich abhebenden Geländerdocken ihre Heiterkeit wieder. Die aufgeräumten und mit Sand bestreuten Zugänge waren von dem Manne gepflegt worden, der damit beauftragt war, die Parkalleen instand zu halten. Da die Einfassung der Fenster, die Gesimse, kurz, alle Steinmetzarbeit wiederhergestellt worden war, hatte den Außenbau seinen alten Glanz wiederbekommen. Der Hühnerhof, die Pferdeställe, der Viehstall, die wieder in den Gebäuden der Fasanerie untergebracht worden waren und durch dichte Hecken verdeckt wurden, mischten, statt den Blick durch ihre schmutzigen Einzelheiten zu verletzen, in das den Wäldern eigentümliche ständige Brausen jenes Gemurmel, Gurren, Flügelschlagen, eine der köstlichsten Begleitmusiken der ununterbrochenen Melodie, welche die Natur singt. Dieser Ort hatte also gleichzeitig etwas von der ungepflegten Art wenig begangener Wälder und von der Eleganz eines englischen Parks. Die Umgebung des Pavillons, die mit seinem Aeußern in Uebereinstimmung stand, bot dem Blick etwas undefinierbar Edles, Würdiges und Anziehendes, ebenso wie die Sorgfalt und das Glück einer jungen Frau dem Inneren eine ganz

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