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Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Titel: Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Präfektur den Vorteil der gesetzlichen Anzeigen abjagte. Dieses im allgemeinen ganz vom Ministerium beeinflußte Bezirksblatt, das im besonderen aber dem linken Zentrum diente und für den Handel durch die Veröffentlichungen der Marktberichte von Burgund wertvoll wurde, widmete sich gänzlich den Interessen des Triumvirats: Rigou, Gaubertin und Soudry. An der Spitze eines recht schönen Geschäfts stehend, wo er bereits Gewinne einstrich, machte Bournier, der vom Bürgermeister begünstigt wurde, der Tochter des Sachwalters Maréchal den Hof. Ihre Heirat schien wahrscheinlich zu sein.
    Der einzige Fremde in dieser großen avonnesischen Familie war der Wegebauinspektor; doch forderte man hartnäckig seine Versetzung zu Gunsten von Monsieur Sarcus, dem Sohn von Sarcus le Riche, und alles deutete darauf hin, daß dieser Fehler im Netze in kurzer Zeit ausgebessert sein würde.
    Diese furchtbare Liga, die alle staatlichen und privaten Dienstwege monopolisierte, die das Land aussog, die sich an die Macht heftete wie ein Hindernis unter ein Schiff, entging den Augen der Allgemeinheit; der General von Montcornet ahnte nichts von ihr. Die Präfektur beglückwünschte sich zu dem Gedeihen des Bezirks Ville-aux-Fayes, von dem der Minister des Innern sagte: »Das ist eine musterhafte Unterpräfektur, alles geht dort wie am Schnürchen! Wir würden sehr glücklich sein, wenn alle Bezirke dem glichen!« Der Familiensinn verstärkte sich dort so wohl mit dem Lokalgeist, daß dort, wie in vielen kleinen Städten und selbst Präfekturen, ein landfremder höherer Beamter gezwungen worden wäre, den Bezirk binnen Jahresfrist zu verlassen.
    Wenn die despotische bürgerliche Vetternwirtschaft jemanden aufopfert, wird er so gut umgarnt und geknebelt, daß er sich nicht zu beklagen wagt. Wie eine in einen Bienenkorb geratene Schnecke wird er in Vogelleim und Wachs eingehüllt. Dieser unsichtbaren, unfaßbaren Tyrannei kommen mächtige Gründe zu Hilfe: der Wunsch, im Kreise seiner Familie zu leben, seine Besitzungen zu überwachen, die Unterstützung, die man sich gegenseitig leistet, und die Garantien, welche die Verwaltung findet, wenn sie ihren Agenten unter den Augen seiner Mitbürger und seiner Verwandten sieht. Wie in der kleinen Provinzstadt wird der Nepotismus auch in der oberen Sphäre des Departements geübt. Was geschieht? Landschaft und Lokalität triumphieren über Fragen des Allgemeininteresses; der Wille der Pariser Zentralisation wird häufig vereitelt, die Wahrheit der Geschehnisse entstellt, und die Provinz spottet der Gewalt. Kurz, sind die großen öffentlichen Belange einmal befriedigt, so ist es klar, daß die Gesetze, anstatt auf die Massen zu wirken, von ihnen das Gepräge erhalten; die Bevölkerungen passen sie sich an, anstatt sich ihnen anzupassen.
    Wer immer nach dem Süden, nach dem Westen Frankreichs und nach dem Elsaß gereist ist, um nicht nur dort in der Herberge zu schlafen und die Denkmäler oder die Landschaft zu besichtigen, muß die Wahrheit dieser Beobachtungen anerkennen. Solche Wirkungen des bürgerlichen Nepotismus stehen heute vereinzelt da, doch der Geist der gegenwärtigen Gesetze bestrebt sich, sie zu vermehren. Solche platte Herrschaft kann großes Unheil anrichten, wie es einige Ereignisse des Dramas, das sich damals im Tale von Les Aigues abspielte, beweisen werden. Das unbesonnener als man glaubt umgestürzte System, das monarchische System und das kaiserliche System, heilten diesen Mißbrauch durch geweihte Existenzen, durch Klassifikationen und durch Gegengewichte, die man so töricht mit Privilegien definiert hat. In dem Augenblick, wo es aller Welt freisteht, den Klettermast der Macht hinaufzuklimmen, gibt es keine Privilegien mehr. Wären übrigens eingestandene, bekannte Privilegien nicht besser als so erschlichene Privilegien, die auf List sich gründen, zum Schaden des Geistes, den man allgemein machen will, Privilegien, die das Werk des Despotismus nach abgeändertem Plane wiederholen und ein niedrigeres Visier als ehedem nehmen? Hätte man edle Tyrannen, die an ihrem Lande hingen, nur gestürzt, um sich egoistische Tyrännlein zu schaffen? Soll die Macht in den Kellern stecken, anstatt an ihrem natürlichen Platze zu strahlen? Man muß darüber nachdenken. Der Lokalgeist, so wie er eben geschildert worden ist, wird die Kammer erobern.
    Montcornets Freund, der Graf de la Roche-Hugon, war kurze Zeit vor dem letzten Besuche des Grafen abgesetzt worden. Diese Amtsentsetzung warf den

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