Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)
Staatsmann der liberalen Opposition in die Arme, wo er eine der Koryphäen der Linken wurde, von welcher er prompt einer Gesandtschaft halber abfiel. Zum Glück für Montcornet war sein Nachfolger ein Schwager des Marquis von Troisville, des Onkels der Gräfin, der Graf de Castéran. Der Präfekt empfing Montcornet ganz verwandtschaftlich und bat ihn liebenswürdig, sich in der Präfektur wie zu Hause zu fühlen. Nachdem der Graf von Castéran des Generals Klagen angehört hatte, bat er den Bischof, den Oberstaatsanwalt, den Obersten der Gendarmerie, den Rat Sarcus und den kommandierenden Divisionsgeneral für den folgenden Tag zum Frühstück zu sich.
Der Oberstaatsanwalt, der Baron Bourlac, der durch die Prozesse la Chanterie und Rifaël so berühmt geworden ist, war einer jener Männer, die Einfluß auf alle Regierungen haben und die ihre treue Anhänglichkeit an welche Macht es auch sei, so schätzbar macht. Nachdem er sein Emporkommen seinem Fanatismus für den Kaiser verdankt hatte, schuldete er die Erhaltung seines richterlichen Grades seinem unbeugsamen Charakter und dem Pflichtbewußtsein, mit dem er seinem Berufe nachkam. Der Oberstaatsanwalt, der ehedem die Ueberbleibsel der Chouannerie mit Erbitterung verfolgt hatte, verfolgte die Bonapartisten mit gleicher Erbitterung. Doch Jahre und Stürme hatten seine Härte gemildert; er war, wie alle alten Teufel, bezaubernd in seinen Manieren und Formen geworden.
Der Graf von Montcornet setzte seine Lage und seines Oberwächters Befürchtungen auseinander, sprach von der Notwendigkeit, Exempel zu statuieren und die Sache der Besitzenden zu verteidigen.
Die hohen Beamten hörten ernsthaft zu, ohne mit etwas anderem wie mit Banalitäten zu antworten, wie etwa: »Gewiß, das Gesetz muß die Macht behalten.« »Ihre Sache ist die aller Besitzenden!« »Wir werden darüber wachen, doch in den Umständen, in denen wir uns befinden, ist Klugheit vonnöten.« »Eine Monarchie muß mehr fürs Volk tun, als das Volk, wenn es wie 1793 die Herrschaft hätte, für sich selbst tun würde.« »Das Volk leidet, wir sind ihm unsere Hilfe ebenso schuldig wie Ihnen.«
Der unversöhnliche Oberstaatsanwalt entwickelte ganz ruhig ernsthafte und wohlwollende Betrachtungen über die Lage der niederen Klassen, die unseren zukünftigen Utopisten bewiesen haben würden, daß die Beamten höheren Grades die Schwierigkeiten der von der modernen Gesellschaft zu lösenden Probleme bereits kannten.
Es ist nicht überflüssig, hier zu erwähnen, daß in dieser Zeit der Restauration blutige Zusammenstöße an mehreren Punkten des Königreichs, eben auf Grund des Holzraubes und der mißbräuchlichen Rechte, welche sich die Bauern einiger Gemeinden angemaßt hatten, vorgekommen waren. Das Ministerium und der Hof sahen weder derartige Meutereien, noch das Blut gern, das bei der glücklichen oder unglücklichen Unterdrückung floß. Obwohl man die Notwendigkeit einsah, streng vorzugehen, tadelte man die Verwaltungsbeamten als ungeschickt, wenn sie die Bauern unterdrückt hatten; zeigten sie sich aber schwach, so wurden sie abgesetzt. So machten denn die Präfekten bei derartigen beklagenswerten Vorfällen Winkelzüge. Bei Beginn der Unterhaltung hatte Sarcus le Riche dem Oberstaatsanwalt und dem Präfekten ein Zeichen gegeben, das Montcornet nicht sah und das die Wendung der Unterhaltung bestimmte. Der Oberstaatsanwalt kannte die Verfassung der Gemüter im Tale von Les Aigues durch seinen Untergebenen Soudry.
»Ich sehe einen schrecklichen Kampf voraus,« hatte der Staatsanwalt von Ville-aux-Fayes zu seinem Vorgesetzten gesagt, den er eigens deswegen aufgesucht hatte. »Man wird uns die Gendarmen töten, ich weiß es durch meine Späher. Wir werden einen bösen Prozeß haben. Das Geschworenenkollegium wird uns nicht unterstützen, wenn es sich von dem Haß der Familien von zwanzig bis dreißig Angeklagten bedroht sieht, es wird uns weder den Kopf der Mörder noch die Bagnojahre zugestehen, die wir für die Komplizen fordern müssen. Kaum werden Sie, wenn Sie selber prozessieren, einige Jahre Gefängnis für die Schuldigsten durchsetzen. Es ist besser, die Augen zu schließen als sie aufzumachen, wenn wir, indem wir sie öffnen, sicher sind, einen Zusammenstoß heraufzubeschwören, der Blut kosten wird, und vielleicht noch sechstausend Franken Kosten für den Staat, ungerechnet den Unterhalt jener Leute im Bagno. Damit ist ein Triumph, der die Schwäche der Justiz allen Blicken aussetzt, zu teuer
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