T Tödliche Spur: Thriller (German Edition)
er, als er sie am Hafen einholte. »Es tut mir leid.«
»Hau ab.«
»Ich hätte nicht so ärgerlich werden dürfen.« Er griff nach ihrem Ellbogen, doch sie riss ihren Arm weg, kämpfte mit der gerissenen Tüte und versuchte, den Schmerz in ihrem Knie zu ignorieren.
»Ich habe doch gesagt, es tut mir leid«, wiederholte er. Seine Stimme klang verletzt.
»Das habe ich gehört.«
Als er sie erneut berührte, wirbelte sie herum und sagte langsam und deutlich: »Ich möchte die Scheidung. Nicht irgendwann. Nicht in ferner Zukunft. Jetzt. Gleich morgen früh werde ich einen Rechtsanwalt einschalten.« Lodernd vor Zorn fügte sie hinzu: »Und wag es ja nicht, auf die Insel zurückzukommen.«
»Ava …«
Sein herablassender Ton brachte das Fass zum Überlaufen. Entschlossen schritt sie an ihm vorbei zur Hafenkante und blickte auf das dunkle Wasser hinaus. Die See war finster und aufgewühlt und genauso kalt und unsicher wie die Zukunft, die sie erwartete. Ava schauderte innerlich, da sie spürte, dass direkt unter dieser schwarzen Oberfläche die Wahrheit emporstieg, die sie mit scharfen Fängen zu verschlingen drohte.
Doch zumindest wusste sie nun, woran sie bei ihrem Ehemann war.
Kapitel vierunddreißig
D ern stapfte um das gewaltige Gebäude herum, bei jedem Schritt drückten sich seine Stiefelabsätze in den durchweichten Gartenboden. Der Hund begleitete ihn, beschnupperte die Baumstämme und hob dann und wann das Bein, doch er blieb stets in Derns Nähe.
Tagsüber wirkte Neptune’s Gate einladend, die Bauweise erinnerte an eine frühere Ära, in der Segelschiffe und Pferde dominierten und Elektrizität und Sanitäranlagen noch in den Kinderschuhen steckten. Nachts dagegen ragte es finster und unheilverkündend am Hang auf wie eines dieser gruseligen Schlösser in alten Vampirfilmen. Dagegen konnten auch die vielen nachträglich angebrachten Außenlampen nichts ausrichten.
Er war sich sicher, dass das Fenster, das er von Lester Reece’ Zimmer in Sea Cliff aus hatte einsehen können, zu Jewel-Annes Apartment gehörte. Da er nicht wusste, wie ihre Räumlichkeiten angeordnet waren, würde er eine Möglichkeit suchen, sich hineinzustehlen und das entsprechende Fenster ausfindig zu machen. Was den Witwensteg und die Fenster im zweiten Stock unter dem Dach anbelangte, so würde er sich eine Ausrede einfallen lassen, warum er dort dringend einmal hinaufmusste. Von oben könnte er am besten die genaue Blickachse bestimmen.
»Du klammerst dich an Strohhalme«, murmelte er und fragte sich, ob er einen Zusammenhang herstellte, der gar nicht existierte. Lester Reece war verschwunden, und zwar seit Jahren, dennoch hatte Dern die feste Absicht, jeden einzelnen Stein auf dieser verdammten Insel umzudrehen, um ganz sicher zu sein.
Er bog um die Ecke zur Vorderseite des Anwesens und blickte zu einem der Fenster von Avas Schlafzimmer hinauf. Sie war nicht da. Hatte die Insel für den Tag verlassen und ihn somit bis zu ihrer Rückkehr von seinen Leibwächterpflichten entbunden.
Ursprünglich hatte Avas Ehemann Dern als Rancharbeiter mit Verwalterpflichten eingestellt, doch dann, als der Vertrag schon unterschrieben war, hatte ihn Wyatt gebeten, auch »ein Auge« auf seine Frau zu haben. Mr. Garrison hatte behauptet, um ihre Sicherheit besorgt zu sein. Da er ihr jedoch ein wenig Freiheit zugestehen wolle, brauche er dringend jemanden, der gemeinsam mit ihm darauf achte, dass sie sich keinen Schaden zufüge.
Dern, der eine Stelle auf der Insel gesucht hatte, hatte sich sofort dazu bereiterklärt, und dann, noch bevor er die Chance hatte, Mrs. Garrison kennenzulernen, hatte sich diese Hals über Kopf in die Bucht gestürzt. Kein Wunder, dass sich ihr Mann Sorgen machte. Dern hatte seine Aufgabe ernst genommen, hatte Ava Church Garrison für eine Irre gehalten, die alles daransetzte, ihren verschwundenen Sohn wiederzufinden, und wenn es sie das eigene Leben kostete. Auf sie aufzupassen hatte ihm freie Hand gegeben, sich vom Haus fortzubewegen und sein eigentliches Ziel zu verfolgen: Lester Reece aufzuspüren.
Das Problem war nur, dass er sie langsam, aber sicher für die einzige Person in Neptune’s Gate hielt, bei der nicht sämtliche Schrauben locker waren. Alle anderen – angefangen bei dem Computerfreak mit seiner Negativhaltung, der im Souterrain wohnte, Jacob hieß er, bis hin zu Avas nichtsnutzigem Cousin Ian, der scheinbar nichts anderes konnte als faulenzen – wirkten mehr als sonderbar. Sogar Trent, der
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