T Tödliche Spur: Thriller (German Edition)
Teufel tust du da?«, zischte Jewel-Anne atemlos, als Ava ihren USB -Stick einsteckte. »Lass die Finger von meinen Sachen! Erst dringst du unbefugt in mein …« Sie verstummte und wurde leichenblass, als die ersten Bilder auf dem Monitor erschienen. Die klaren Schwarz-Weiß-Aufnahmen zeigten, wie sich Jewel-Anne nach oben in die ehemaligen Dienstbotenquartiere schleppte und den Trolley aus dem Schrank zog. Sie entnahm ihm einen Digitalplayer und programmierte etwas ein, dann stellte sie ihn behutsam zurück, verschloss die Schranktür und machte sich wieder auf den Weg nach unten. »Das … das ist ein Fake! Das ist doch auf deinem Mist gewachsen!«
»Ich habe lediglich nach Hinweisen gesucht.«
»Ich weiß nicht, wovon du redest.«
»So? Lass uns Demetria, Wyatt und die anderen holen, damit sie sehen können, dass nicht ich diejenige bin, die verrückt ist!«
Jewel-Annes Gesichtsausdruck wechselte von Entsetzen über Verachtung zu Zorn. Sie schob das Kinn vor und kräuselte voller Abscheu die Lippen. »Raus aus meinem Zimmer! Sofort!«
»Oder?« Ava setzte sich auf einen Stuhl neben dem Schreibtisch. »Warum, Jewel-Anne?«, fragte sie dann mit leiser Stimme. »Warum in Gottes Namen hast du all die Mühe auf dich genommen, um mich glauben zu machen, ich sei wahnsinnig?« Sie zitterte vor Zorn.
»Dazu brauchte es ja nicht gerade viel!«, fauchte Jewel-Anne.
»Trotzdem muss es einen Grund geben.«
Ihre Cousine zuckte zusammen.
»Warum hast du das getan? Erklär’s mir. Ich werde dieses kleine Video allen im Haus zeigen, also kannst du es mir genauso gut jetzt verraten. Aus welchem Grund terrorisierst du mich? Warum soll ich glauben, dass mein Sohn auf dem Anleger steht und nach mir ruft? Kannst du dir auch nur ansatzweise vorstellen, wie sehr mich das quält?«
»Ja!«, rief Jewel-Anne. Ihr Kleinmädchengesicht war zu einer so hasserfüllten Fratze verzogen, dass Ava erschrak. »Ja«, fauchte sie, »das weiß ich.« Ihre Augen funkelten, als würde sie es genießen, Ava fertigzumachen. »Für eine Frau, die angeblich so clever ist, nahezu ein Genie, bist du ziemlich begriffsstutzig.«
Ava schüttelte den Kopf. Wieder hatte sie das Gefühl, auf Treibsand zu stehen, der sie langsam aber sicher in die Tiefe zog.
»Ich schätze, es ist Zeit, dass du die ganze Wahrheit erfährst.« Jewel-Annes boshaftes Grinsen wurde breiter. »Du kannst dich nicht daran erinnern, wer die leibliche Mutter deines Kindes ist, hab ich recht?«
Ava hob instinktiv die Hand, als wolle sie abwehren, was auf sie zukam, doch es nutzte nichts.
»Tja, Ava, Wyatts Geschichte … Charles Yates und Tracey Johnson?« Sie stieß ein trockenes Lachen aus. »Das war mir ebenfalls neu. Sollte offenbar dazu dienen, dich aus dem Konzept zu bringen.« Jewel-Annes Wangen glühten vor Eifer, Ava das Unvermeidliche unter die Nase zu reiben. Mit schriller Stimme, die bis hinaus in den Flur zu hören sein mochte, verkündete sie: »
Ich
bin Noahs Mutter, du dämliches Miststück!
Ich
habe ihn zur Welt gebracht.
Ich
war diejenige, bei der an jenem Tag auf dem Boot die Wehen einsetzten! Noah war
mein
Sohn, Ava, noch nicht einmal das hast du begriffen, diese schlichte, aber doch so bedeutende Tatsache: Noah war
mein
Sohn. Nicht deiner.
Meiner!
«
»Nein …« Ava wollte das nicht glauben. Konnte es nicht. Doch die Wahrheit lag nackt auf dem Tisch, nicht länger eingesponnen in ein Netz aus Lügen. War es tatsächlich möglich, dass ihr Sohn, ihr wunderschöner kleiner Junge, von Jewel-Anne zur Welt gebracht worden war?
»Nein!«, wiederholte sie kopfschüttelnd.
»Das ist die Wahrheit, Ava. Die Wahrheit!«
O Gott, plötzlich erinnerte sie sich. Sie erinnerte sich! Jewel-Anne war ebenfalls schwanger gewesen, zur gleichen Zeit wie Ava. Sie hatte nie preisgegeben, wer der Vater ihres Kindes war, hatte sich aufgeführt, als sei sie die Jungfrau Maria des einundzwanzigsten Jahrhunderts … Himmel, war das verdreht! Krank. Schmerzhaft. So schmerzhaft. Pervers. Sie spürte, wie sich ihr der Magen umdrehte, als sie daran dachte, wie sie ihr Kind verloren hatte. Beinahe hätte sie sich auf den Teppich übergeben. In ihrer Trauer war sie bereit gewesen, alles dafür zu tun, den totgeborenen Jungen zu ersetzen.
»Noah war mein Baby!«, frohlockte Jewel-Anne noch einmal lautstark.
»War?«,
wiederholte Ava, der plötzlich bewusst wurde, dass ihre Cousine in der Vergangenheit sprach. Nein, bitte nicht. Noah durfte nicht tot sein!
»Was hast du meinem
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