T Tödliche Spur: Thriller (German Edition)
Wundsalbe finden.
Den verletzten Finger im Mund, machte sie sich nicht die Mühe, die Badbeleuchtung einzuschalten. Das Licht, das durch die offene Tür zum Schlafzimmer hereinfiel, genügte ihr völlig.
Sie öffnete die Spiegeltür des kleinen Medizinschranks, und tatsächlich – da stand sie: eine kleine Tube Wundsalbe direkt neben den Pflastern. Sie nahm beides heraus und schloss die Tür des Schränkchens, als sie plötzlich ein fremdes Gesicht im Spiegel entdeckte, kaum zu erkennen im Dämmerlicht.
Erschrocken ließ sie Tube und Pflaster fallen und fing an zu schreien. Starke Hände umfassten von hinten ihren Hals, gruben sich tief in das weiche Fleisch, drückten ihr die Luft ab. Panisch schlug sie um sich, versuchte, sich loszumachen, zu treten – vergeblich.
Ihr wurde kurz schwarz vor Augen.
Ihre Lungen fühlten sich an, als würden sie platzen.
Die behandschuhten Hände des Angreifers drückten erbarmungslos zu.
Dieses Monster versucht, dich umzubringen!
Sie kämpfte verzweifelt, warf die Kosmetiktiegel und -fläschchen auf ihrem Waschtisch um.
Klirr!
Ein Glas mit einer Duftkerze zerschellte auf den Bodenfliesen.
Warum?,
schrie sie stumm und wünschte sich verzweifelt, sie hätte eine Waffe – ein Messer, einen Handtuchhalter, eine Lampe –
irgendetwas!
Das Brennen in ihren Lungen wurde unerträglich.
Sie durfte nicht sterben!
Doch nicht so, allein! Es war noch viel zu früh zum Sterben! Das dunkle Badezimmer fing an, sich zu drehen, erst langsamer, dann immer schneller.
Im Spiegel begegnete sie dem Blick ihres Angreifers, sah kalten Hass in seinen seelenlosen Augen … Sie kannte diese Augen, dachte sie, doch was sollte diese lächerliche Verkleidung? Eine schwarze Langhaarperücke …
Warum?,
fragte sie sich wieder, gerade als der Druck auf ihre Kehle plötzlich nachließ und sie keuchend nach Luft schnappte. Ihr wurde schwindelig, sie taumelte gegen den Waschtisch. Im Spiegel sah sie, wie ihr Angreifer ein Messer aus der Tasche zog.
Stolpernd versuchte sie, aus dem Badezimmer zu fliehen.
Zu spät!
Lang und scharf blitzte die Klinge im Spiegel auf.
Wurde mit einer fließenden Bewegung über ihre Kehle gezogen.
Evelyn McPherson versuchte zu atmen.
Versuchte zu schreien.
Sah voller Entsetzen, wie ihr eigenes Blut gegen den Spiegel spritzte. Rote Tropfen rannen am Glas hinab und verschmierten das bösartige Grinsen ihres Mörders.
Kapitel achtunddreißig
V oll bekleidet auf dem Bett liegend, schreckte Ava mit einem Ruck aus dem Schlaf auf.
Ihr Herz hämmerte, Adrenalin schoss ihr ins Blut. Irgendetwas hatte sie geweckt. Ava horchte.
Da war es wieder. Ein herzzerreißendes Klagen. »
Mommy …
Mama … Maaamaaa!«, gefolgt von den verzweifelten, angsterfüllten Schluchzern ihres Sohnes.
»Verdammt«, flüsterte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
Sie warf die Decke zurück und schlich auf Strümpfen zum Fenster. Fast erwartete sie, ihren Sohn auf dem Anleger stehen zu sehen, doch draußen war nichts als Dunkelheit. Weiße Schaumkronen hoben sich von den schwarzen Wellen ab. Kein Noah weit und breit. Das Bild von ihm in seinem kleinen roten Kapuzenpullover war ein Produkt ihrer überspannten Fantasie, ihrer Verzweiflung, ihrer gebrochenen Seele.
»Miststück«, murmelte sie, während Noahs Stimmchen weiterhin durch den Flur hallte. Bekam denn sonst niemand etwas davon mit? Warum nur sie?
Vorsichtig öffnete sie die Tür. So laut war sein Schluchzen nicht, nur jemand, der sich in den angrenzenden Räumen aufhielt, würde es hören können.
Sie ging auf Noahs Zimmer zu.
Bong!
Im Erdgeschoss schlug die Standuhr die halbe Stunde. Vor Schreck zuckte sie zusammen. Plötzlich verstummten die Rufe. Schlagartig. Im Haus war es wieder still. Totenstill.
Aber irgendwer musste doch wach sein!
Ava unterdrückte den Wunsch, an eine bestimmte Tür zu klopfen und wilde Anschuldigungen hervorzustoßen, und kehrte stattdessen in ihr Zimmer zurück. Sie nahm den Empfänger ihrer Überwachungsausrüstung aus der Handtasche, verband ihn mit ihrem Laptop und wartete ungeduldig ab, dass ein Bild auf dem Monitor erschien. Die Sekunden verstrichen langsam wie Stunden. Da! Endlich!
Auf dem in drei Abschnitte unterteilten Bildschirm tauchte ihre »gelähmte« Cousine auf, in Schwarz-Weiß eingefangen von der Kamera, die auf die Treppe gerichtet war. Jewel-Anne umfasste das Geländer, zog sich aus dem Rollstuhl und schleppte sich unbeholfen die Stufen hinauf. Für eine Weile war sie vom
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