T Tödliche Spur: Thriller (German Edition)
die Scheibenwischer an und schoss aus der Parklücke, dann bog sie mit quietschenden Reifen um die Ecke. »Der Zeitpunkt kommt hin. Jewel-Anne und ihre Familie lebten damals auf dem Anstaltsgelände. Dort hat sie Reece offenbar kennengelernt und sich in ihn verliebt. Soweit ich verstanden habe, übte er auf Frauen eine große Anziehungskraft aus.«
»Du glaubst also, sie hat sich mit ihm eingelassen, ist schwanger geworden, und dann hat sie ihm bei seiner Flucht geholfen?«, schlussfolgerte Snyder.
»Es wurde stets davon ausgegangen, dass ihm jemand geholfen hat, allerdings haben sich die Ermittlungen damals auf seine Pflegerin konzentriert. Doch was ist, wenn Jewel-Anne seine Komplizin war? Clever genug ist sie scheinbar.«
»Das ist ziemlich weit hergeholt«, sagte er nachdenklich, während die kahlen, nassen Bäume an seinem Seitenfenster vorbeizogen. »Allerdings ist es durchaus eine Möglichkeit.«
»Sein Name wird immer wieder genannt, gerade in letzter Zeit.«
»Und?«
»Die Leute behaupten, sie hätten ihn gesehen, und plötzlich haben wir zwei Frauen, die auf auffallend ähnliche Weise umgebracht wurden wie die Opfer von Lester Reece.«
Dieser Gedanke gefiel Snyder überhaupt nicht, zumal er einen gewissen Sinn ergab.
»Ich weiß, dass es leichter für dich ist zu glauben, Reece sei tot und sein Leichnam liege irgendwo auf dem Grund des Ozeans, trotzdem besteht die Möglichkeit, dass dem nicht so ist.« Sie warf ihm abermals einen Seitenblick zu. »Diese Evelyn McPherson könnte auf sein Konto gehen.« Als er nichts dazu sagte, fügte sie hinzu: »Wer weiß? Ich möchte nur, dass wir unvoreingenommen an die Sache herangehen.«
»Einverstanden.«
Die Fahrt durch die regennassen Straßen, die im blassen Licht der Straßenlaternen glänzten, dauerte keine fünfzehn Minuten. Als der Streifenwagen um die Ecke von Evelyn McPhersons Wohnblock bog, wurden sie von mehreren Polizeifahrzeugen mit zuckenden Lichtern begrüßt, die vor einer Doppelhaushälfte parkten. Eine Gruppe von Nachbarn hatte sich vor dem nächsten Haus auf dem Gehweg versammelt, zwei Officer waren gerade damit fertig, den Tatort mit gelbem Polizeiband abzusperren.
»Was für ein Zirkus«, murmelte Snyder, während Lyons in eine Parklücke auf der anderen Straßenseite setzte.
»Und es wird noch schlimmer.« Sie stellte den Motor ab und steckte die Autoschlüssel ein, dann stiegen sie aus. Pfützen ausweichend, machten sie sich auf den Weg zur Haustür.
»Seid vorsichtig«, ermahnte sie einer der anwesenden Officer, während sie sich Plastiküberzüge über die Schuhe streiften. »Die Jungs von der Spurensicherung sind noch nicht eingetroffen.«
»Wir werden nichts anfassen«, versicherte Snyder ihm.
Nachdem sie sich in die Protokollliste eingetragen hatten, gingen sie zögernd hinein. Es war immer befremdlich, das Zuhause einer ermordeten Person zu betreten, und Snyder hatte sich nie wirklich wohl dabei gefühlt, die persönlichen Überbleibsel eines Lebens zu durchwühlen, das ein so abruptes Ende genommen hatte. Es kam ihm stets so vor, als würde er mit dieser Verletzung der Privatsphäre ein weiteres Verbrechen begehen, auch wenn er wusste, dass er für den Toten eintrat. In der Küche von Evelyn McPhersons Haus standen ein einzelnes, halb leeres Glas Wein und ein Teller mit Käsehäppchen auf der Anrichte. Das Messer, mit dem sie den Käse geschnitten hatte, lag daneben.
»Ein kleiner Imbiss für eine Person«, bemerkte er.
»Vermutlich das Abendessen.« Als er skeptisch die Augenbrauen in die Höhe zog, fügte sie hinzu: »Ich bin Singlefrau. Ich weiß, wann ich eine Mahlzeit vor mir sehe.«
»Wenn du meinst.«
Das Wohnzimmer war extrem ordentlich, alles stand an seinem Platz, wie in einem Musterzimmer aus einem dieser
Schöner-Wohnen-
Magazine. Hier hatte definitiv kein Kampf stattgefunden.
Zusammen gingen sie ins Schlafzimmer mit dem angrenzenden Bad. Dort lag Evelyn McPherson in einer Blutlache auf dem Fliesenboden, voll bekleidet mit einer langen Hose und einem teuer aussehenden Pullover. Blicklos starrte sie nach oben. Ihre Augen wurden bereits glasig, unterhalb ihres Kinns klaffte ein tiefer, dunkelroter Schnitt.
Hier hatte der Kampf also stattgefunden.
Es musste ein grausamer Kampf gewesen sein.
Der Duschvorhang war aufgezogen, verschmierter Schmutz in der Wanne zeigte an, dass jemand dort gestanden und gewartet hatte. Die Wände waren voller Blut, ebenso der Spiegel, das Waschbecken und die Abstellfläche, Blut
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