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T Tödliche Spur: Thriller (German Edition)

T Tödliche Spur: Thriller (German Edition)

Titel: T Tödliche Spur: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Jackson
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bereits aufgeschnittenen Apfelkuchen, der auf der Anrichte auskühlte. Ausnahmsweise war es einmal still im Haus, nicht einmal Gracielas misstönendes Summen oder das Surren von Jewel-Annes Rollstuhl störte die Stille.
    Ava nahm Kuchen und Kaffee und marschierte durch die Hintertür hinaus auf die Veranda. Die Herbstluft war erfrischend, ein paar trockene Blätter wehten über den Rasen, der salzige Duft des Meeres hing in der Luft. Heute, bei Sonnenschein, wirkte die Insel friedlich und heiter, keine Spur von dem Bösen, das des Nachts aus den umliegenden Hügeln zu quellen und durch die Wände von Neptune’s Gate zu sickern schien.
    Wie verrückt klingt das denn? Das ist nichts als Einbildung, meine Liebe, nichts als Einbildung.
    Sie setzte sich mit Blick auf die Bucht in die Hollywoodschaukel und wippte langsam vor und zurück.
    Der Kaffee rann heiß und stark ihre Kehle hinunter und milderte den Kopfschmerz. Virginias Apfelkuchen, den sie vermutlich mit Äpfeln von den knorrigen Bäumen im Obstgarten gebacken hatte, war köstlich und duftete nach Zimt.
    Also, was willst du tun? Willst du darauf warten, dass irgendetwas passiert? Das passt nicht zu dir, Ava. Das war nie deine Sache. Du warst – nein, du
bist –
eine Frau, die die Dinge gern in die eigenen Hände nimmt, hast du das etwa vergessen? Du hast nach nur drei Jahren deinen Collegeabschluss gemacht, hast ein eigenes Werbeunternehmen gegründet und Unsummen mit Internetmarketing verdient, bevor du die Firma verkauft hast. Du hast dein nettes, kleines Erbe in ein Vermögen verwandelt, das es dir erlaubt
e
, deine Cousins und deinen Bruder auszuzahlen, sodass dir jetzt der Großteil dieser Insel gehört. Wäre da nicht noch Jewel-Annes Anteil, würde Neptune’s Gate dir ganz allein gehören, so, wie du es dir immer erträumt hattest.
    Nachdenklich biss sie sich auf die Unterlippe. Was war aus der Frau von einst geworden, der Frau, die sich in Wyatt Garrison verliebt hatte? Der Sportlerin, die Marathon gelaufen war? Der Frau, die so hart gearbeitet hatte, um alleinige Besitzerin des alten Anwesens zu werden, damit sie es restaurieren und Neptune’s Gate wieder zu seinem alten Glanz verhelfen konnte?
    Sie ist verschwunden … zusammen mit ihrem einzigen Kind.
Eine Träne rollte über ihre Wange, die sie ärgerlich fortwischte.
    Jetzt wird nicht länger Trübsal geblasen! Du darfst dich von den anderen nicht herumkommandieren lassen.
Hör auf, das Opfer zu spielen.
Schluss damit, Ava, reiß dich zusammen! Wenn dir die Vergangenheit so sehr zu schaffen macht, dass sie dich einfach nicht loslässt, dann finde heraus, was mit deinem Jungen geschehen ist, und dann schließ verdammt noch mal damit ab.
    »O Gott«, flüsterte sie, plötzlich verzagt.
    Los, Ava, du musst etwas tun!
    Sie stürzte den restlichen Kaffee hinunter und stellte die Tasse so vehement auf den Glastisch, dass beinahe die staubige Platte zersprungen wäre. Dann knüllte sie die Serviette zusammen und stopfte sie in ihre Jeanstasche. Entschlossen stand sie auf und schlenderte zum Anleger und dem danebenstehenden Bootshaus hinunter. Drinnen stellte sie fest, dass nur das Ruderboot da war, das Motorboot fehlte. Als Kind hatte das Bootshaus sie fasziniert, der Geruch des kabbeligen, brackigen Meerwassers, die verborgene Dachkammer oberhalb der Vorrichtungen für den Bootslift. Dort oben gab es ein paar verlassene Wespennester und zahlreiche Spinnweben mit toten Insekten vor dem einzigen schmutzigen Fenster.
    Kelvin und sie hatten sich als Kinder auf diesem Speicher vor ihren Eltern versteckt, deren heftige Auseinandersetzungen genauso unerwartet über sie hereinbrachen wie ihre leidenschaftlichen Liebesbekundungen.
    Kelvin.
Bei dem Gedanken an ihren Bruder zog sich ihr Herz schmerzhaft zusammen. Eilig verließ sie das Bootshaus, damit die Erinnerungen an ihn sie nicht wieder übermannten und an jenen dunklen Ort zogen, dem sie so verzweifelt zu entfliehen versuchte. Zuerst Kelvin, dann Noah.
    Vom Bootshaus aus kletterte sie die Steinstufen zum Garten hinauf, in dem im Sommer Rosen, Rhododendren, Hortensien und Erika blühten. Jetzt waren die Beete unkrautüberwuchert und vernachlässigt, Gras wuchs über die teils mit Steinen gepflasterten, teils mit Muschelschalen bestreuten Wege. Vor dem Gedenkstein blieb sie stehen, ein Felsbrocken, in den man Noahs Namen gemeißelt hatte. Kein Geburtsdatum, nicht der Tag, an dem er verschwunden war. Nur der Name. Sie bückte sich, um die Buchstaben zu

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