T Tödliche Spur: Thriller (German Edition)
gereizt.
»Ich wollte dir nur Bescheid geben«, gab Jewel-Anne steif zurück. Ihre Stimme klang herablassend. »Trent hat mir eine SMS geschickt. Er schreibt, er habe versucht, dich zu erreichen, aber du würdest ja nie zurückrufen.«
»Er hat nicht –« Sie stockte und dachte an den dritten Anruf auf ihrem Handy, den ohne Nummernerkennung. »Und weil er mich nicht erreichen konnte, hat er dich angerufen?«
»Ich denke schon.« Bemüht desinteressiert zuckte Jewel-Anne die Achseln.
»Warum?«
»Vielleicht weil er weiß, dass er mich immer erwischt«, erklärte Jewel-Anne, als sei Ava schwer von Begriff. In letzter Zeit wurde sie von vielen Leuten so behandelt. Von zu vielen, um genau zu sein. »Er hat übrigens eine neue Telefonnummer«, fügte sie hinzu und ratterte sie herunter.
Nachdem sie ihre Nachricht überbracht hatte, warf Jewel-Anne ihr Haar zurück und drückte einen Knopf. Der Rollstuhl setzte nach hinten, Jewel-Anne wendete und fuhr die Galerie entlang davon. »Gern geschehen!«, rief sie über die Schulter und rollte an der geschlossenen Tür zu Noahs Zimmer vorbei.
Kopfschüttelnd ging Ava die Treppe hinunter ins Erdgeschoss, rief das Menü auf ihrem Handy auf und wählte Trents eingespeicherte Nummer.
»Diese Nummer ist zurzeit nicht vergeben«, verkündete eine Computerstimme.
Sie wollte gerade die Zahlen eintippen, die Jewel-Anne ihr genannt hatte – zumindest ihr Kurzzeitgedächtnis war ihr erhalten geblieben –, als das Handy in ihrer Hand klingelte. »Unbekannter Teilnehmer« erschien auf dem Display.
»Hallo?«, meldete sie sich.
»Dann bist du also tatsächlich am Leben«, ertönte eine neckende Stimme.
»Trent! Obwohl ich mir laut einigen Leuten alle Mühe gegeben habe, das Zeitliche zu segnen.«
»Aber wer behauptet denn so etwas?« Er lachte amüsiert.
»Wahrscheinlich alle.« Trent, Ians Zwillingsbruder, war von ihren Cousins derjenige, dem sie sich am meisten verbunden fühlte. Trent, »der Vernünftige«, war ein Stück kleiner als Ian, doch was ihm an körperlicher Größe fehlte, machte er mit seinem Aussehen und seiner Persönlichkeit mehr als wett. Auf der Highschool hatte er sich selbst zum Frauenschwarm erklärt, und er hatte mit seiner Einschätzung nicht danebengelegen.
Da musste man nur Tanya und andere Highschool-Freundinnen fragen.
»Trotzdem – mir geht’s gut«, beharrte sie. Sollte er doch denken, was er wollte! Zweifelsohne hatten ihm sein Zwillingsbruder und seine Halbschwester von ihrem »Zustand« berichtet. »Piper hat auch schon angerufen.«
Er stöhnte. »Die herzallerliebste Stiefmutti.«
»Genau.«
»Lass mich raten: Sie hat so getan, als sei sie krank vor Sorge um dich.«
»Du bringst es auf den Punkt.«
»Aber ich muss mir keine Sorgen machen?«
»Warum erweist du dich nicht einfach mal als Freigeist, indem du davon ausgehst, dass ich
nicht
verrückt bin?«
»Ach, das macht doch keinen Spaß.« Er lachte. Während sie sprachen, durchquerte Ava das Foyer und ging durch die langen Flure bis zum Wintergarten auf der Rückseite des Hauses. Von hier aus hatte man eine herrliche Aussicht auf die Stallungen, Felder, Weiden und Hügel, die Neptune’s Gate umgaben. Sie scherzten noch eine Weile, dann machte Ava kehrt. Vor Wyatts Arbeitszimmertür blieb sie stehen, drückte die Klinke und trat ein, um einen Stift zu holen.
»Pass bitte auf dich auf«, bat Trent, als das Gespräch zum Ende kam.
»Gib mir noch mal deine neue Nummer«, sagte sie, klemmte sich das Handy zwischen Schulter und Ohr und nahm einen Kugelschreiber aus dem Köcher auf Wyatts Schreibtisch. Trent diktierte ihr die Ziffern, die sie auf die Innenseite ihrer Handfläche kritzelte.
»Denk dran, Ava, du lebst inmitten eines Haufens Verrückter.«
»Seltsam, dabei denken alle,
ich
sei die Verrückte.«
»Dann passt ihr ja gut zusammen.«
»Das wage ich zu bezweifeln«, widersprach sie lachend.
»Dann beweis es ihnen!«
Das mache ich,
dachte sie,
da kannst du dir sicher sein.
Lächelnd legte sie auf und speicherte seine Telefonnummer in ihre Kontaktliste. Sie würde es allen zeigen, doch zuallererst musste sie es sich selbst beweisen.
Kapitel neun
P flichtbewusst nahm Ava ein schnelles Frühstück aus Spiegeleiern, kaltem Speck und butterdurchtränktem Toast ein, das sie mit Kaffee hinunterspülte. Anschließend griff sie einen Apfel und eine Banane von der Anrichte im Frühstückszimmer, dann eilte sie wieder in ihr Zimmer hinauf.
Seit Wochen hatte sie endlich
Weitere Kostenlose Bücher