T Tödliche Spur: Thriller (German Edition)
sie wusste, was er dachte: Selbstverständlich brauchte sie eine Erlaubnis, wenn sie allein ausreiten wollte, schließlich galt sie als nicht zurechnungsfähig. Alle wussten, dass sie verrückt war.
»Das Anwesen ist sehr weitläufig. Ich mag zwar nicht immer im Stall oder in der Scheune anzutreffen sein, aber ich habe ein Handy. Wenn Sie mir vorher Bescheid sagen, mache ich das Pferd für Sie fertig.«
»Ach?«, fragte sie. »Egal, was Sie über mich gehört haben – ich bin durchaus in der Lage, mein Pferd selbst zu satteln, und zwar mit geschlossenen Augen. Vielleicht bin ich die Einzige hier, die dieser Ansicht ist, aber glauben Sie mir: Ich kann es.« Noch bevor er etwas erwidern konnte, fügte sie hinzu: »Das hier ist
mein
Haus,
mein
Land und
mein
Wallach.«
»Ich habe doch nur gesagt –«
»Ich
weiß,
was Sie gesagt haben, Dern!« Sie schwang sich in den Sattel, nahm Jaspers Zügel und ließ den Rancharbeiter – oder was immer er sein mochte – stehen.
Dern blickte ihr zähneknirschend nach. Das lief gar nicht gut.
Jetzt war er von ebender Person zurechtgewiesen worden, deren Vertrauen er gewinnen musste. Frustriert rieb er sich den Nacken. Er hatte es vermasselt. Toll. Offenbar war sie nicht scharf auf seine »Ritter in glänzender Rüstung«-Masche. Nun, er konnte ihr keinen Vorwurf machen. Auch er fühlte sich nicht wirklich wohl dabei.
Dern stieß die Luft aus und merkte nicht, wie der Wind wieder auffrischte und sich neuer Regen ankündigte. Seine Gedanken waren voll und ganz bei Ava Garrison. Was für eine rätselhafte Frau.
Er fragte sich, wie sie wohl im Bett sein mochte und wie oft sie mit ihrem Mann schlief – ein unangenehmer Zeitgenosse. Irgendetwas stimmte da nicht. Es war ihm nicht entgangen, dass sie es vermieden, einander in die Augen zu sehen. Ja, um das Eheglück schien es auf Church Island nicht unbedingt gut bestellt zu sein.
Obwohl ihn das im Grunde nichts anging.
Er mochte weder Wyatt Garrison noch seine vermögende Gemahlin. Im Gegenteil, soweit er gehört hatte, war sie ein durchtriebenes Miststück – wenn sie nicht gerade einen ihrer Nervenzusammenbrüche erlitt, die sie immer wieder überkamen, seit ihr Sohn verschwunden war.
Dennoch konnte er nicht leugnen, dass er sich zu ihr hingezogen fühlte.
»Nun mal langsam«, murmelte er. Das war doch Unsinn. Gerade im Augenblick konnte er es sich nicht leisten, sich für eine Frau zu interessieren, und Ava Church Garrison war sowieso tabu: verheiratet, verrückt, Oberzicke. Sie war den Ärger definitiv nicht wert.
Trotzdem …
Frauen waren immer schon sein Verderben gewesen, aber es waren auch schon ganz andere Männer als er dem Charme einer schönen Frau erlegen. Unglücklicherweise liebte er es, wenn sie ein gewisses Temperament hatten, mit ihm auf Augenhöhe waren.
Die tropfnasse, völlig neben sich stehende Ava, die er aus dem Wasser gefischt hatte, war kein Problem gewesen. Natürlich hatte er ihre Schönheit bemerkt, doch verletzlich, hilfsbedürftig wie an jenem Abend war sie ganz bestimmt nicht sein Typ. Diese neue, toughe Ava dagegen, die wirkte, als könne sie allein mit Worten Hackfleisch aus ihm machen, war eine ganz andere Geschichte. Er liebte die Herausforderung, auch wenn er wusste, dass er besser die Finger davon lassen sollte, und ja, Ava Church Garrison stellte definitiv eine Herausforderung für ihn dar.
Er sah ihr nach, wie sie in der Ferne verschwand. Sie war eine hervorragende Reiterin, hatte nicht gelogen, als sie behauptete, sich mit Pferden auszukennen. Jetzt verschwand sie zwischen den Bäumen, und er grübelte, wie sie wohl ticken mochte.
Was zum Teufel fasziniert dich so an ihr?
Es war nicht allein ihr Äußeres, befand er, auch wenn ihre ausdrucksstarken Augen vor Intelligenz sprühten – zumindest hatten sie das heute getan. Dann waren da ihre vollen Lippen, die sie bei ihrem Gespräch verärgert aufeinandergepresst hatte, und ihre nicht ganz geraden weißen Zähne. Ihr Haar war nass und leicht gewellt vom Regen gewesen, und obwohl sie etwas zu dünn war, hatte sie doch den Körper einer Sportlerin, einer Läuferin, mit schmalen Hüften, kleinen Brüsten, schlanker Taille, flachem Bauch und scheinbar endlos langen Beinen. Er hatte Fotos von ihr gesehen, aufgenommen vor ein paar Jahren, bevor sie ihren Sohn verloren hatte. Sie hatte sich kaum verändert, hatte damals lediglich stärker gewirkt, nicht so zerbrechlich wie jetzt.
Dern wusste, dass sie auf der Highschool und
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