T Tödliche Spur: Thriller (German Edition)
hinunter, der an einem Zaunpfahl schnüffelte und dann sein Bein daran hob. »Ich bin mir sicher, Wyatt hat Ihnen genaue Auskunft über mich erteilt, als er Sie engagierte.«
»Er hat nur gesagt, dass Sie nach dem Verlust Ihres Sohnes eine schwere Zeit durchmachen. Aber kommen Sie doch rein. Ich stelle das schnell ab.« Er trug den Teller in die kleine Wohnung. Ava folgte ihm, doch Rover kam ihr zuvor und überholte sie noch auf der Treppe. Sie war schon eine ganze Weile nicht mehr hier gewesen, doch soweit sie sehen konnte, hatte sich seit dem letzten Mal nur wenig verändert. Dieselben Bilder hingen an den Wänden, der Flickenteppich war noch genau so, wie sie ihn in Erinnerung hatte, die Möbel wirkten noch abgenutzter als früher. Dern hatte nur wenige persönliche Dinge mitgebracht; nichts deutete darauf hin, dass er sich auf einen längeren Aufenthalt einrichtete.
»Brauchen Sie noch etwas?«, fragte sie, doch er schüttelte den Kopf und deutete mit dem Kinn auf den Teller.
»Das reicht mir völlig.«
»Nun, lassen Sie mich wissen, wenn etwas fehlt.«
Er nickte.
»Gut. Dann mache ich mich mal lieber auf den Rückweg. Die Spaghetti müssten nur kurz in der Mikrowelle aufgewärmt werden.« Ava bückte sich und streichelte den Hund zum Abschied. »Ach, übrigens, der Name ›Rover‹ war Neds Idee. Er ist hier ohne Hundemarke aufgekreuzt, und niemand in Monroe schien ihn zu vermissen, also hat Ned ihn ›Rover‹ genannt, Vagabund.« Sie richtete sich auf. »Sie kennen Ned, oder? Ich meine, Wyatt hätte das gesagt.«
»Ich bin ihm nie begegnet. Ich habe für jemanden gearbeitet, der Ihren Mann kennt. Der alte Donnelly hat kapiert, dass Rand, sein Sohn, nicht gerade dafür geschaffen ist, eine Ranch zu führen, also hat er sie verkauft. Und ich war dadurch arbeitslos. Deshalb hat er mich an Wyatt vermittelt.« Er verzog den Mund zu einem schiefen Grinsen. »Das Ganze ist kein Geheimnis. Fragen Sie Ihren Mann.« Noch bevor sie etwas erwidern konnte, fügte er mit vor der Brust verschränkten Armen hinzu: »Doch ich vermute, das haben Sie bereits getan. Wie ich schon sagte: Ganz gleich, was Sie unterstellen – ich wurde nicht engagiert, um ein Auge auf Sie zu haben.«
Sie nickte zögernd, dann sagte sie: »Warum nur habe ich das Gefühl, wir wären uns schon einmal begegnet?«
»Vermutlich habe ich eins dieser Allerweltsgesichter.«
»Nein. Das ist es nicht.«
Er zuckte die Achseln. »Nun, ich kann es mir nicht erklären, zumal ich mich mit Sicherheit an Sie erinnern würde. Sie sind keine Frau, die man so leicht vergisst.«
Das war gefährliches Terrain. Ava fühlte, wie sich ihr Puls beschleunigte. »Ich gehe jetzt wieder, damit Sie essen können. Mach’s gut, Rover!« Damit eilte sie zur Tür hinaus. Dern machte keine Anstalten, sie aufzuhalten.
Sie fragte sich, ob er ihr hinterherschaute, durch einen Spalt in den Vorhängen spähte, doch dann verwarf sie diesen Gedanken. Es war inzwischen stockdunkel, die spärliche Außenbeleuchtung gab nicht viel Licht. Hätte er ihr tatsächlich nachgeblickt, hätte er nur gesehen, wie sie auf kürzestem Wege zur Hintertür des Haupthauses zurückkehrte.
Doch kurz nach der letzten Gartenlampe bog sie ab und schlug den unbeleuchteten Weg zu dem Gedenkstein ein, den Wyatt für Noah ein Jahr nach dessen Verschwinden aufgestellt hatte.
»Ich will den Stein nicht«, hatte Ava damals insistiert. »Er sieht aus wie ein Grabstein. Noah ist nicht tot!«
»Das ist ein Gedenkstein, Ava. Wenn er zurückkehrt, lassen wir das Datum einmeißeln oder räumen ihn wieder fort.«
Zunächst war sie außer sich gewesen, doch als der glatte Stein mit Noahs Namen darin erst einmal im Garten neben einer Kletterrose stand, hatte sie überrascht festgestellt, dass es sie tröstete, mit dem Finger über den Namen ihres Sohnes zu fahren oder sich einfach nur daneben hinzuknien und daran zu denken, wie sie ihn gehalten hatte, wie er seine weichen, warmen Ärmchen um ihren Nacken geschlungen und fröhlich gelacht hatte. Mein Gott, wie sehr sie ihn vermisste …
Auch heute Abend blieb sie stehen und bückte sich, um den Gedenkstein zu berühren. »Ich werde dich finden«, versprach sie. »Wo immer du sein magst, Liebling, Mommy wird dich finden.« Ihre Kehle schnürte sich zusammen, doch sie bewahrte die Fassung.
Sie richtete sich auf, straffte die Schultern und ging zurück zur Hintertür. Durch sie erreichte man die alte Treppe, die vom Keller über drei Geschosse bis zum Dachboden
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