T Tödliche Spur: Thriller (German Edition)
jünger sein als Snyder, um die fünfunddreißig, vermutete Ava. Schlank, gepflegt, mit ungebändigtem braunem Haar, das sich immer wieder aus dem Knoten am Oberkopf lösen wollte, beobachtete sie Ava mit wachsamem Blick.
Man hatte Ava um ein Einzelgespräch gebeten, dem sie trotz Wyatts Protest zugestimmt hatte.
»Du solltest nichts ohne deinen Rechtsanwalt sagen«, hatte er ihr eindringlich geraten.
»Ohne dich, meinst du?«
Seine Augen hatten sich verfinstert, und er hatte sie am Arm gepackt und außer Hörweite der beiden Detectives gezerrt. »Ich meine einen Strafverteidiger, Ava.«
»Aber ich brauche keinen. Ich habe nichts Unrechtes getan.« Sie hatte ihm in die Augen gesehen; in seinen hatte Zweifel gestanden. »Du glaubst mir doch, oder?«
»Natürlich«, hatte er erwidert und ihren Arm losgelassen.
Sie hatte die beiden Polizisten in die Bibliothek geführt. Da waren sie nun, der glatzköpfige, sachlich-nüchterne Snyder und die skeptische Lyons mit den großen Augen und den schmalen Lippen.
»Wie ich bereits sagte: Als ich gegangen bin, stand Cheryl in der Tür zum Souterrain, in dem sie ihre Praxis hat. Ich glaube nicht, dass noch jemand anderes dort unten war, aber ich kann es nicht mit Bestimmtheit sagen. Ich wurde, ähm, hypnotisiert, deshalb habe ich nicht mitbekommen, was um mich herum vorging, aber ich habe niemanden gesehen. Nur Cheryl und ihre Katzen.«
»Hat sie die Tür hinter Ihnen abgeschlossen?«
»Nach meiner Ankunft? Nein.« Ava dachte scharf nach. »Aber auch das weiß ich nicht sicher.«
»Und als Sie gegangen sind?«, fragte Lyons.
»Ich erinnere mich nicht, dass sie die Tür abgesperrt hat, zumindest habe ich kein Klicken gehört. Ich weiß nur noch, dass es bereits dunkel war. Die Straßenlaternen waren schon an.« Doch die wurden um diese Jahreszeit früh angeschaltet; außerdem waren die Uhren vor kurzem auf Winterzeit umgestellt worden, sodass die Nachmittage noch kürzer waren.
»Sie sagten, Sie hätten die Praxis nach siebzehn Uhr verlassen?«
»Ja. Mein Termin war um sechzehn Uhr dreißig, und ich weiß noch, dass ich mich ganz schön beeilen musste, um rechtzeitig da zu sein. Ich hatte mich beim Mittagessen mit meiner Freundin verquatscht. Deshalb traf ich ein paar Minuten zu spät bei Cheryl ein, vielleicht um fünf nach halb fünf. Eine Sitzung dauert etwa eine Stunde, es muss also etwa halb sechs gewesen sein, als ich gegangen bin.«
»Eine Sitzung dauert für gewöhnlich eine Stunde?«, wiederholte Snyder und rückte das digitale Aufnahmegerät auf dem Tisch zwischen ihnen zurecht.
»Ungefähr«, antwortete Ava. »Cheryl ist … war da nicht so genau.«
»Und Sie waren weswegen bei ihr?«, hakte er nach.
»Aus demselben Grund, aus dem ich zuvor bei Ihnen war«, erklärte Ava leicht gereizt. »Ich versuche herauszufinden, was mit meinem Sohn passiert ist. Ich habe Gedächtnislücken, und ich hoffte, diese mit Hilfe von Hypnose füllen zu können, in einen Bereich meines Unterbewusstseins vorzudringen, der mir momentan verschlossen ist.«
»Aber Sie erinnern sich vollständig an Ihre gestrige Sitzung?«, ließ sich Lyons von der Glastür aus vernehmen. »Oder haben Sie da ebenfalls ›Gedächtnislücken‹?«
Ava musste sich alle Mühe geben, eine scharfe Antwort zu vermeiden. »Nein. Ich erinnere mich an das, was vor und nach der Hypnose passiert ist. Allerdings nicht an die Zeit, in der ich in Trance war.« Sie sah die kleine, beflissene Polizistin fest an.
»Und Ms. Reynolds war die ganze Zeit bei Ihnen im Zimmer«, setzte Snyder die Vernehmung fort.
»Ich denke schon, aber ich kann es nicht beschwören.«
Snyder runzelte die Stirn. »Könnte jemand anderes hereingekommen sein?«
»In die Praxis? Das glaube ich nicht.«
»Was ist mit dem Rest des Hauses?«
»Das weiß ich nicht. Cheryl vermietet die oberen Stockwerke; sie selbst hat ihre Wohnung im Erdgeschoss, während sich die Praxis im Souterrain befindet. Sie hat auch ihr Büro dort unten und eine Art Waschküche, glaube ich, aber es gibt noch weitere Räume, die ebenfalls vermietet sind, von daher ist es durchaus möglich, dass sich einer der Mieter während der Sitzung im Souterrain aufgehalten hat. Die Tür zwischen Gang und Praxis war die ganze Zeit über geschlossen, und ich weiß nur, dass ich nichts Außergewöhnliches gehört habe.«
Noch bevor Detective Lyons eine weitere Frage stellen konnte, stellte Snyder noch einmal klar: »Sie waren der letzte Termin, den Cheryl eingetragen
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