T93 Band 1: Überlebe!
Wasser der Nordsee, wie ein Schweizer Käse ausgehöhlt worden. Es gab sogar Unterwasserstationen und ganze U-Boot-Docks unter der Wasseroberfläche, Teile der Insel dienten als geheime Hafenanlage mit versteckten Toren. Die kürzlich geschaffene Landverbindung zur Düne, der vorgelagerten Insel, hatte keineswegs der Landgewinnung gedient, hier war unter dem Sand der komplette Verwaltungstrakt der Festung versteckt, in dem auch das Büro des Kommandanten untergebracht war. Der mittelgroße Raum beinhaltete einen Schreibtisch, eine Sitzecke und einen größeren Tisch, von dem aus eine Phalanx von Monitoren den Raum in diffuses, wechselndes Licht tauchte. Die Einrichtung war spartanisch, »pragmatisch«, um es mit dem Lieblingswort des Generalmajors zu umschreiben.
»Also, Professor, wie kommen sie darauf, dass ausgerechnet die Kleine für uns ein Jackpot sein könnte?«
»Nun, sie hat fast ein Jahr allein überlebt, in einer Stadt mit geschätzten Fünfzigtausend Zombies. Sie ist nicht einmal attackiert worden, was den Verdacht nahe legt, dass sie etwas besitzt, das sie für die Menschenfresser unattraktiv macht. Der Kollege Fischer und ich haben uns einige der Überwachungsbilder genau angesehen, die Sie uns zur Verfügung gestellt haben, Generalmajor. In einigen Szenen, die wir ja aus einer völlig anderen Perspektive gesehen haben als die junge Dame selbst, geht sie nur ein bis zwei Meter an Zombies vorbei, diese schnüffeln auch kurz, scheinen aber keine Witterung zu bekommen und wenden sich ab. Das ist ein für diese Kreaturen völlig unübliches Verhalten. Sie sind ausgehungert, haben schon fast sämtliche infizierten Tiere aufgefressen, nur ein Stück lebende Beute, warmes Fleisch, verschmähen sie. Sie werden zugeben, dass das kein spezifisches Verhalten ist, wie wir es von denen kennen.«
»Wir vermuten«, warf Dr. Fischer ein, »dass der Organismus der Zielperson ein Pheromon produziert, das den Angriffstrieb der Zombies komplett ausschaltet. Das Virus ist programmiert, sich zu vermehren, das heißt, Wirte zu infizieren, um sie als Bioreaktor nutzen zu können. Die Zielperson erfüllt offensichtlich nicht die Kriterien, derer es bedarf, um den Infektionsreflex auszulösen. Wir wüssten nur zu gern, woran das liegt. Gelingt es uns, das Geheimnis der jungen Frau zu lüften, können wir zwar kein Gegenmittel konstruieren, denn der Prozess ist unumkehrbar, aber wir könnten für die Überlebenden vielleicht eine Art Camouflage entwickeln, die es ihnen erlaubt, sich unter den Zombies zu bewegen, ohne angegriffen zu werden.«
Der Generalmajor wurde aufmerksam. Man sah das daran, dass sein rechtes Lid etwas zu zucken begann.
»Nur, damit ich das richtig verstehe. Sie meinen, sie können aus dem Blut der Kleinen eine Tarnung bauen, und meine Männer könnten in Zombieland umherlaufen, ohne angegriffen zu werden?«
»So in etwa könnte man sagen, ja. Wie gesagt, es ist noch spekulativ, aber ...«
»Und wenn meine Männer das Pack abknallen, dann wehren die sich nicht?«
»Das ist schwer zu sagen, bislang haben wir keine echten Verteidigungsmuster bei den Untoten erkennen können, alle Interaktion lief auf Angriffshandlungen hinaus.«
Professor Weyrich ergriff nun wieder das Wort. Er war vorsichtig, hatte aber auch gewisse Ideen.
»Wenn es uns gelänge, die Quelle dieses ›Schutzschildes‹ zu eruieren, sehe ich eine – wenn auch bescheidene – Möglichkeit, nicht nur das Pheromon zu synthetisieren, sondern vielleicht sogar die Quelle für jeden Menschen verfügbar zu machen. Vorausgesetzt natürlich, die Zielperson steht für ausgiebige Examinationen zur Verfügung, will sagen, sie kommt heil hier an.« Fischer nickte.
»Sie wollen einen Gegenschlag führen, Herr Generalmajor?«
»Verdammt nochmal ja. Was dachten Sie denn? Wir haben nicht viele Optionen, um diese Pest los zu werden. Entweder wir nuken unsere Großstädte und verwandeln Deutschland in gottverdammtes Mad-Max-Wasteland, oder wir rüsten unsere Armee mit wirkungsvollen Waffen aus und holen uns unser Land zurück. Wenn es sein muss, Häuserblock für Häuserblock. Also, meine Herren, was immer sie brauchen, sie werden es bekommen. Nur besorgen sie mir dieses Mittel! Das wäre dann erst einmal alles.«
Er nickte knapp, und die Besprechung war damit beendet. Die Wissenschaftler verließen das Büro, um sich wieder ihrer Arbeit zu widmen, und der Generalmajor schaltete eine Videokonferenz zu den anderen Stabschefs mit der Bitte um
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