Taberna Libraria
stellte das Wasser ab und wickelte sich in ihr Handtuch. Auf nackten Sohlen lief sie hinaus auf die Galerie. "Silvana?"
Die Stimme ihrer Freundin antwortete aus dem Verkaufsraum. "Ist dir das warme Wasser ausgegangen?"
"Wo sind die Tarot-Karten?"
"Im Tresor, wie auch der ganze Rest."
Ohne noch etwas zu erwidern, verschwand Corrie daraufhin in ihrem Zimmer, wo sie fast über das Buch von Bergolin gestolpert wäre, das es sich auf dem Teppich bequem gemacht hatte. Rasch zog sie sich Unterwäsche, Jeans und Pullover über, schlüpfte in ihre Killerkaninchen-Hausschuhe und eilte die Treppe hinunter. "Ich brauche sie!"
"Das klingt, als hättest du eine Idee, was du damit anfangen willst." Silvana legte das Buch über Englische Langbögen zur Seite, in dem sie gelesen hatte.
Corrie huschte eilig an ihr vorbei. "Ich glaube, wir brauchen sie für die Lösung des dritten Rätsels."
Ungläubig sah Silvana ihrer Freundin nach, die hinter ihr im Lagerraum verschwand. "Und wie kommst du auf einmal darauf?"
"Erzähle ich dir sofort!"
"Ich bin gespannt."
Mit dem Kästchen in der Hand kam Corrie zurück und setzte sich auf den Boden vor dem Sofa. "Also, ich musste eben wieder an die Karten denken, als ich unter der Dusche stand. Vielleicht lag es am Wasser, aber mir fiel auf einmal ein, dass alle Motive aus dem Rätsel ja auch auf den Tarot-Karten zu finden sind." Sie öffnete die Schatulle mit dem Schlüssel und durchsuchte den Kartenstapel, bis sie die passenden gefunden hatte. Nacheinander hielt sie sie hoch. "Der Stern. Der Fisch. Das Meer. Und der Gehängte. Zusammen mit den Richtungsangaben ergibt sich wieder ein Keltisches Kreuz. Rechts der Stern, links der Fisch, oben der Gehängte und unten das Meer."
Silvana dachte kurz nach und nickte dann langsam. "'Und unter dem Kopfe braust dahin das Meer'… Ich glaube, du könntest wirklich recht haben."
"Sollen wir es ausprobieren?", fragte Corrie eifrig.
"Ausprobieren?", echote Silvana entgeistert. "Jetzt? Hier?"
Corrie zuckte die Schultern. "Ein Rollnessler wird es ja wohl nicht nochmal werden, oder?"
"Aber hast du Talisienns Worte vergessen? So wie er es ausgedrückt hat, kann man mit den Karten noch weitaus gefährlichere Dinge beschwören!"
"Wenn ich an den Behälter unter dem Schloss denke, der vermutlich für das gedacht ist, was man mit diesen vier Karten beschwören kann, wird es schon nicht so groß werden." Und bevor Silvana noch einwenden konnte, dass eines der giftigsten Meerestiere auch nur eine kleine Schnecke sei, hatte sie das Muster bereits gelegt.
Wie schon in der
Roten Flut
schossen purpurne Blitze von einer Karte zur anderen und verbanden sie miteinander.
Direkt neben ihnen begann die Luft zu wabern.
"Sollten wir nicht lieber etwas zurücktreten?", fragte Silvana nervös und sah sich suchend um. "Oder irgendwo drauf klettern?"
Corrie ging darauf zwei Schritte rückwärts, ohne dabei jedoch die sich weiter verdichtenden Schleier auf dem Boden aus den Augen zu lassen. "Abwarten."
"Dein Vertrauen ist manchmal unglaublich", bemerkte Silvana, die sich doch lieber auf das Sofa zurückzog. "Oder war es deine Sturheit?"
Corrie zuckte die Schultern. "Findest du, dass unser Freund gefährlich aussieht?"
Silvana sah hinunter auf den Holzboden. Dort zappelte ein seltsames Wesen von der Größe einer Bierflasche mit graubraunen Schuppen, fetzenartigen Auswüchsen und zwei Brustflossen, die in etwas mündeten, das einer kleinen Hand gar nicht unähnlich war. Seine Stirn wölbte sich helmartig nach vorne, so wie bei jenen seltsamen chinesischen Goldfischen, die man oft in irgendwelchen Restaurants begutachten konnte. "Hast du nicht etwas vergessen?"
Corrie schlug sich die Hand vor den Mund. "Wasser!"
Der Fisch klappte bestätigend das Maul auf und zu.
"Ein Behälter wäre nicht schlecht", bemerkte Silvana. "Ein Aquarium oder etwas in der Art."
"Dann muss er eben in die Badewanne!"
Silvana schüttelte den Kopf. "Du kannst ihn nicht einfach anfassen! Vielleicht ist seine Haut giftig!"
"Und was dann?"
"Ich glaube, darüber brauchen wir nicht mehr nachzudenken."
Der merkwürdige Fisch vor ihnen hatte aufgehört zu zappeln.
Corrie verzog bestürzt das Gesicht. "Oh nein."
Silvana betrachtete den toten Meeresbewohner. "Und was machen wir jetzt?"
"Ich weiß es nicht", gestand Corrie. "Aber ich denke, ich werde Yazeem erst einmal ein Bild von dem Fisch schicken."
"Und bevor du ihn das nächste Mal beschwörst, sollten wir besser für ein
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