Tablettenfee
angeschlichen haben wie ein Apache auf Mokassins aus Moos. Denn als sich Udo vor dreißig Sekunden umgedreht hatte, um auf die Uhr an der Wand zu gucken, war sie weit und breit noch nicht zu sehen gewesen. Oder aber sie war ein Vampir? Udo würde es ihr zutrauen, denn die Dahlke war fast noch gehässiger als der HTL-Futzi. Naja, zumindest machte sie sich überhaupt keine Mühe ihre Antipathie gegenüber dem jungen Weikert, weder vor ihm noch vor irgendwem anders zu verstecken. Zumindest war jedem sofort klar, woran er bei ihr war. Auch ein Vorteil. Hastig zog Snif seinen Arm von Udos Schulter weg. Die Peinlichkeit war ihm ins Gesicht geschrieben. Was wohl die Dahlke eben von ihm dachte? Oder nein – er wollte es nicht wissen. Denn alleine ihr Blick sprach Bände.
Das war dann wohl so was wie: ›Du armer Schlumpf, wie tief muss man sinken, um sich mit einem wie Weikert zu verbrüdern?‹
»Werter Herr Weikert.« Ihre Stimme lag in der Luft wie das Kreischen einer Kreissäge. »Schön, dass ich Sie hier mal antreffe. Der edle Herr Konsulent auch schon wieder fertig mit seiner Besprechungsteilnahme? Es gibt da einige Ungereimtheiten, über die wir gemeinsam mit dem Chef mal reden müssen. Uns sind da ein paar Sachen aufgefallen, die Sie uns mal dringend erklären müssen!«
»Hää?«, Udo wusste wirklich nicht, wovon die Schreckschraube sprach.
»Nix ›Hää‹, mein Lieber! Aber Sie werden es schon noch früh genug erfahren. Ich wollte Sie nur wissen lassen, dass es uns nicht entgangen ist. Halten Sie sich in den nächsten Tagen für ein Gespräch bereit. Ich rufe Sie, wenn der Chef Zeit hat.«
Udo stand da, als hätte er einen Eimer voll kaltem Wasser ins Gesicht bekommen. Wovon sprach die Frau?
»Hören Sie Fräulein Dahlke … Ich …«
»NEIN! Ich will gar keine Lügen hören. Interessiert mich nicht – sagen Sie es dem Chef!« Nun klang sie hysterisch.
Mit diesen Worten verließ sie den Raum gleich flink wie sie ihn betreten hatte. Nur die Lautstärke hatte sich geändert. Dass das kein subjektives Empfinden war, wurde Udo dadurch bewusst, dass durch das Zuknallen der Tür der Verputz von der Decke zu rieseln begann. Und – wie sollte es auch anders sein – dieser direkt in den Kaffee von Udo bröckelte. Er schüttete den Kaffee ins Waschbecken und schenkte sich eine neue Tasse ein.
Snif dürfte ebenfalls den Vampir in ihr erkannt haben, denn nachdem sie den Raum verlassen hatte, bildete er mit seinen zwei Zeigefingern und mit den Händen am Mund Vampirzähne nach und zischte.
»Zssch! Weikert. Ich will Blut sehen … Zssch!«
Udo boxte ihm mit der Hand auf die Schulter.
»Au! Spinnst du …? Komm schon, erzähl – was will die alte Hexe
von dir?«
»Mensch, ich habe keine Ahnung. Ich wüsste nicht, dass ich mir was zu Schulden hätte kommen lassen. Aber mittlerweile wundert mich in dieser Firma nichts mehr. Wenn ich ehrlich bin, habe ich in letzter Zeit schon oft darüber nachgedacht den Hut draufzuschmeißen und etwas Neues zu beginnen – aber mir liegt die Firma einfach am Herzen. Jetzt bin ich schon so lange da und bringe es einfach nicht übers Herz, das Schicksal von Schlürpmann diesen Trotteln zu überlassen. Ich denke mir dann immer wieder, dass meine Arbeit in den letzten Jahren dann eigentlich umsonst war. Und das will ich nicht.«
»Tja, das verstehe ich.«
Snif klang ehrlich und in seinem Tonfall schwang Anerkennung mit.
Da fiel Udo wieder Bianca ein. Er wusste, dass er mit jemandem darüber reden musste. Auch wenn Snif wie gesagt kein privater Freund war – jetzt musste er herhalten. Nach einem tiefen Seufzer, mit dem Udo erst mal die Geschehnisse der letzten Stunde kurz von sich abzuschütteln versuchte, erzählte er Snif, was sich so in den letzten Tagen zugetragen hatte. Dieser wollte es ihm kaum glauben und wenn er so über seine Worte nachdachte, so konnte er Snifs Skepsis auch wirklich nachvollziehen und verstehen. Eine wirklich komische Geschichte, die er in den letzten zwei Tagen erlebt hatte. Als er den Kopf schüttelte, merkte er, dass auch die Kopfschmerzen immer noch da waren. Sie waren leider ebenso real wie die Geschichte, die er gerade erzählt hatte. Snif bemerkte Udos schmerzhaften Gesichtsausdruck. Als dieser ihm auch von den immer noch massiven Kopfschmerzen erzählte, meinte Snif: »Du Udo, damit würde ich mal zum Arzt gehen. Hab da neulich mal ´nen Film gesehen. Da ist auch einer trotz solcher Kopfschmerzen nicht zum Arzt und dann …«
»Jaja, schon
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