Tablettenfee
die offene Brieftasche, die Udo immer noch wie eben vor sich offen hielt. Er nahm einen Zwanziger und einen Zehner raus, klopfte Udo auf die Schulter und sagte: »Passt schon! Ich ja auch eingeladen hab!«
Udo umarmte Toni und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Toni zog den Kopf zur Seite und blickte ihn mehr als skeptisch an.
»Ein wahrer Freund du bischt, Yoda!«
›Hrrrchhh. Hrccccckkkk!‹
Hinter ihm räusperte sich der Taxifahrer. Udo drehte sich um.
»Von mir aus ist es kein Problem. Wir können hier auch sitzen bleiben, die Uhr rennt auch so.«
Das war das Zeichen für Udo zu gehen.
Gemeinsam mit dem Taxifahrer trug er die beiden ins Taxi.
Nachdem die beiden auf der Rückbank verstaut waren, setzte sich Udo auf den Beifahrersitz. Auf die Frage, wohin es gehen sollte, nannte Udo seine Adresse.
Dass dies keine glückliche Idee war, wurde ihm recht bald bewusst. Nämlich in dem Moment, als sie vor seiner Haustür ins Freie stiegen und der Taxifahrer als erstes Schnibbi hochtragen wollte.
»Den zuerst. Der ist sicher schwerer.«
»Äh! Ja schon, – hicks – aber …«
»Was aber?«
»Der gehört nischt hierher. Alscho nischt richtisch.«
»Und wo gehört der dann hin?«
»Zu ihm heim. Hicks!«
»Na toll. Dann kannst du aber auch gleich wieder einsteigen!«
»Wasch? Warum?«
»Glaubst ich schleif den alleine rum? Ne, sicher nicht.«
›Waaahh!‹ Udo hätte aus der Haut fahren können. Wer wollte mit Bianca alleine sein. Wer weiß, was heute noch geschehen würde …
obwohl hier sicherlich einzig und allein der Wunsch Vater des Gedankens war. Äh. Okay, alles klar. Ein Blick auf die im Tiefschlaf auf der Rückbank liegende Bianca machte ihm die Realität nur allzu schnell deutlich. Wenn heute noch was passierte – maximal, dass noch einer kotzen würde.
Udo winkte ab. Ȁh! Nein.
Ischt schon gut. Schein Auto schteht ja auch da. Der schläft heute hier.«
Der Taxifahrer zog laut hörbar seinen Rotz die Nase hoch und erwiderte dann: »Jo Jungelchen, ich glaub auch, dass das besser ist.«
Gemeinsam trugen sie zuerst Schnibbi hoch und legten ihn ins Wohnzimmer auf die Couch. Udo suchte eine Decke. Verdammt, wer hatte hier umgeräumt? Aber nach kurzem Suchen war eine gefunden.
»Wähh! Ist das deine?«
Der Taxifahrer hatte Eduard entdeckt und den Käfig nach oben gehoben. Angewidert blickte er ins Innere des Käfigs.
»Nein. Gehört meiner ... meiner ... Freundin.«
Der Taxler stellte den Käfig wieder ab. Udo nahm die Decke und legte sie über den grunzenden Schnibbi.
Schnibbi blickte her. »Dahnke. Udo. Bischt ein Schhhatz.«
»Alter, wenn du kotzscht, hau ich dir eine!«
»Udo!« Schnibbi klang verärgert. »Du kennscht mich!«
»Eben! Grad daher. Du weißt, wo das Klo ist … also!«
Schnippi presste drei Finger an seine Brust. »Isch schwöre!«
»Jaja, schwör du nur. Heute würdest du auf allesch schwören.«
»Schtimmt!«, gluckste Schnibbi, rollte sich zur Seite und schlief weiter.
»Komm schon, Jungelchen. Ich hab nicht ewig Zeit. Unten grunzelt noch dein hübsches Blondchen.«
OOpps! Bianca.
Udo hatte im Moment gar nicht mehr an sie gedacht. Der Taxifahrer ging schon nach unten und Udo stürmte hinterher. Mit wackeligen und wagemutigen Schritten in Siebenmeilenstiefeln überholte er ihn. Da war wieder seine ängstliche Paranoia. Man hörte so viele schlimme Sachen. Man konnte doch nicht eine junge hübsche Frau im stark alkoholisierten Zustand alleine in einem Auto mit laufendem Motor lassen! Oh mein Gott. Udo, der alte Cineast, hatte ›96 Hours‹ mit Liam Neeson gesehen – und von daher wusste er, wie oft schlimme Sachen passieren konnten, wenn man zu einfältig und naiv war.
Gut. Das Auto stand noch da und der Motor lief. Gott sei Dank.
Die Tür war offen. Aber das war sie sicher vom Rausheben von Schnibbi. Moment, Schnibbi war auf der anderen Seite gesessen.
Er begann seine Schritte zu beschleunigen. Mit den letzten drei hätte er Carl Lewis Konkurrenz machen können.
»Waaaaah! Oh mein Gott!!! Wahhhh, Bianca!!!«
Udo brach zusammen und begann hemmungslos zu schluchzen.
»Was los, mein Jung?« Der Taxifahrer wusste nicht so recht, wie ihm geschah. Udo stand von seinen Knien auf und voll der Tränen zeigte er auf die leere Rückbank des Taxis.
»Schhhie. Schieee ischt weg!!!! Buhäähäää …«
Dicke Tränen kullerten über seine Wange.
Der Fahrer des Taxis grinste, blickte über seine Brille und deutete mit seiner Hand vor das Taxi. Da – im
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