Tabu: Thriller
Ihnen?«
»Mir«, flüstert er.
»Wollen Sie Geld?«
»Ja«, lügt er. »Eine Million Kronen und einen Helikopter.«
Zögernd: »Ich werde sehen, was sich machen lässt.«
»In einer Stunde!«
»Wir brauchen mehr Zeit. Eine Million ist viel Geld. Und hier oben in den Bergen stehen die Helikopter nicht gerade Schlange.«
»Sie sind mit einem gekommen!«
Pause. »Sie müssen uns mehr Zeit geben. Ich habe nicht die Befugnis, Ihnen irgendetwas…«
»Unsinn! Der Justizminister hat Ihnen alle Vollmachten übertragen, um mich aufzuhalten.«
»Sie sind gut unterrichtet…«
»Ich bin nicht dumm, Vang…«
»Ich weiß.«
»Eine Million. Und ein Helikopter. Bis vier Uhr. Sonst erschieße ich sie. Und mich auch.«
Er legt auf.
»Was hat er gesagt?«, fragt sie.
Er grinst. »Sie brauchen mehr Zeit…«
»Aber geht das denn nicht?«
»Sei nicht dumm. Die werden niemals darauf eingehen und uns mit einem Helikopter und einer Million Kronen laufen lassen. Bist du verrückt?«
»Aber warum haben Sie das dann gesagt?«
»Weil«, sagt er und zieht eine Grimasse, »weil mir danach war.«
14 Uhr 55
»Natürlich, Frau Minister, selbstverständlich!«, sagt Vang.
Er stöhnt leise und resigniert, als er das Gespräch beendet hat. Seine Finger hinterlassen einen glänzenden Abdruck auf dem Handy. Die Justizministerin war in ihrer Äußerung glasklar gewesen:
Es werden keine Bedingungen erfüllt! Keine!
Kein Geld! Nicht eine Krone!
Kein Helikopter! Kein Auto! Kein Fahrrad!
Es muss alles getan werden, um Kristin Byes Leben zu retten! Alles! Und damit meine ich alles!
Auch wenn das bedeutet, den Geiselnehmer unschädlich zu machen!
Genau so hatte sie es ausgedrückt: unschädlich machen. Ein ungefährliches Wort, neutral, nichtssagend. Vang denkt: Was sie meint, ist viel konkreter: Töten. Erschießen. Eliminieren. Liquidieren. Kaltmachen. Ausrotten.
Die anderen sehen ihn an. Als wüsste er die Antwort, die Lösung.
Er wählt Kristin Byes Handynummer.
14 Uhr 56
»Hello again«, sagt er.
»Hier spricht Vang.«
»Wer sonst?«
»Es geht um Ihre Forderungen.«
»Ja?«
Wir brauchen mehr Zeit.
»Es ist nicht ganz einfach, wir brauchen mehr als eine Stunde.«
»Nein.«
Die Bank im Ort hat nicht so viel Geld vorrätig. »Und der Helikopter ist nicht das einzige Problem. Wir haben grünes Licht für die Million Kronen erhalten, aber hier in der Gemeinde ist nicht so viel Geld vorrätig. Wir haben das mit der Bank überprüft. Es geht ganz einfach nicht! Wir müssen das Geld aus Kristiansand holen, und das dauert mindestens…«
»Lassen Sie sich das Geld mit dem Helikopter bringen!«
Wir arbeiten daran, haben aber noch keinen Helikopter gefunden.
»Das ist das zweite Problem. Wir haben einen freien Helikopter für Sie lokalisiert. Aber den will niemand fliegen!«
»Das ist sehr bedauerlich.«
»Wir arbeiten daran.«
»Schade für Kristin, meine ich.«
»Bleiben Sie ruhig, wir werden das hinkriegen.«
»Ich baue auf Sie, Vang!«
»Das dürfen Sie gerne tun. Kann ich jetzt mit ihr reden?«
»Nein.«
Er drückt Vang weg. Das Telefon klingelt unmittelbar darauf erneut.
»Was gibt’s denn noch?«, seufzt er.
Er hört jemanden schlucken. »Ähh, hier ist Henriksen, von den P4-Nachrichten, ich – ähh, wollte fragen, ob Sie – ähh – oder Kristin vielleicht ein Interview geben möchten über die – ähh – aktuelle Situation?«
Er blickt zu Kristin, ehe er das Gespräch beendet und das Telefon ausschaltet.
15 Uhr 00
»Was hat er gesagt?«, will sie wissen.
»Das war ein Kollege von dir, der uns interviewen wollte.«
»Er wollte uns interviewen?«
»Live, fürs Radio.«
»Die sind doch verrückt!«
Er lächelt sie an und reicht ihr die Hand. »Und jetzt machen wir beide einen kleinen Spaziergang!«
»Raus? Einen – Spaziergang?«
Er zieht sie auf die Beine. Dreht sie um und stellt sich dicht hinter sie. Sie fühlt seinen Körper an ihrem, den warmen Atem hinter ihrem Ohr. Sein linker Arm schiebt sich um ihre Taille. Wie eine Liebkosung. Im nächsten Augenblick spürt sie den Revolverlauf unter dem Kinn, hart, spitz und kalt.
»Wer rastet, der rostet«, sagt er und öffnet die Tür.
Sie hatte Polizisten hinter Sandsäcken und mit Beton gefüllten Tonnen erwartet. Mit Gewehren, Maschinenpistolen und Granatwerfern bewaffnet.
Aber sie kann niemanden sehen.
Das Laub raschelt im Wind. Ein Wimpel knallt. Die Stromschnelle rauscht.
Da entdeckt sie sie. Einen hinter der Umrandung des
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