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Tabu: Thriller

Tabu: Thriller

Titel: Tabu: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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Zigarette und atmete durch die Nase aus. »Ich bin noch immer unsicher«, sagte er und paffte weiter. »Ich sehe die grundsätzlichen Argumente, die für die Ausstrahlung sprechen. Aber mein Bauch schreit: Nein! Nein! Nein! Und immer, wenn ich bisher in der Scheiße gesteckt habe, dann deshalb, weil ich nicht auf meinen Bauch gehört habe.«
    »Kristin?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich finde es nicht richtig, die Aufnahme zu zeigen. Das geht zu weit, ist zu hart! Ein Mord! Wir haben keinen guten Grund, das Video zu senden. Kein wirkliches Motiv. Die Zuschauer haben keinen grundsätzlichen Anspruch darauf, Bilder eines Mordes zu sehen.«
    Wolter legte die Füße auf den Tisch. »Ich bin einverstanden, der Mord als solches ist zu harte Kost.«
    Hui, dachte Kristin, bist du mit den Jahren weicher geworden?
    »Aber«, fuhr er fort, »ich habe keine prinzipiellen Einwände dagegen, die anderen Bilder zu zeigen. Also die Augenblicke vor und nach dem Mord.«
    »Das ist Haarspalterei, Definitionssache!«, sagte Kristin.
    »Richard, das wird die reinste Hölle«, sagte Skaug. »Die Zuschauer werden uns mit Anrufen bombardieren. Die Politiker werden Amok laufen! Und die Medienkritiker werden Öl ins Feuer gießen. Auch die Zeitungen werden sich wie Haie auf uns stürzen. Es wird ein Blutbad geben, Richard, mit uns als Hauptgang. Da gibt es keine Gewinner!«
    »Du denkst zu kurzsichtig.« Wolter lächelte schief. »Kannst du wirklich nicht weiter denken als bis zum Ende deiner Schicht?«
    »Lass deine Argumente hören!«, bat Kristin.
    »Ich denke auf zwei Ebenen, strategisch und journalistisch.«
    »Mensch, das sind ja zwei Gedanken gleichzeitig«, sagte Skaug und lachte.
    Wolter überhörte die Spitze. »Kommen wir erst zur Strategie: Die Ausstrahlung wird für ein gewaltiges Aufsehen sorgen. Weltweit! Wir bestimmen das Thema des Tages. Verdammt, wir sind dann das Tagesthema. Richtig, die ersten Tage werden turbulent. Es wird heftige Reaktionen geben. Viele. Aber das geht vorüber. Alles geht vorüber. Danach können wir uns der Aufmerksamkeit der Zuschauer sicher sein. ›24 Stunden!‹ wird ein Markenzeichen werden. Dann sind wir ein Sender, über den jeder eine Meinung haben wird.«
    »Du zynischer Teufel!«, sagte Skaug grinsend.
    »Und die journalistische Begründung?«, fragte Kristin.
    »Die erkennt ihr doch wohl selbst! Es dürfte das erste Mal sein, dass ein Mörder sein Opfer während des Mordes filmt und die Bilder hinterher an einen Fernsehsender schickt. Das geht in die Pressegeschichte ein. Erinnern wir uns nur mal an die Bilder, die diese deutschen Terroristen von dem gekidnappten Industriellen gemacht haben… wie hieß der noch?… Hanns Martin Schleyer! Hätten sich die Medien weigern sollen, diese Bilder zu drucken? Aus Rücksicht auf die Angehörigen? Aus Rücksicht auf seine persönliche Würde? Verdammt, das ist Geschichte! Was glaubt ihr denn, was CNN machen würde, wenn man ihnen Bilder von einem Mord schickte?«
    »Das gibt Ärger«, sagte Kristin resigniert und blickte aus dem Fenster.
    »Ja und? Mit der öffentlichen Debatte müssen wir leben. Ich gebe dir recht, die selbst ernannten Gurus der Zeitungen werden über die Verkommenheit des Fernsehens und des Journalismus als solchen schwadronieren. Ich kann sie schon hören: ›Amerikanisierte Gewaltfixierung‹ und ›Informationsverpflichtung und Ideale des Fernsehens‹. Dabei lesen diese aufgeblasenen Dreckschleudern nicht einmal ihre eigenen Zeitungen.«
    »Hallo, jetzt lehnst du dich aber ziemlich weit aus dem Fenster«, platzte Skaug amüsiert heraus.
    »Ich sehe das ganz deutlich vor mir. Auf Seite zwei wird VG allen recht geben, die das beängstigend finden, während die eigenen Journalisten sich auf den Seiten drei, vier, fünf, sechs und sieben in dem gleichen Fall suhlen. Im Radio wird es Hörer-Hotlines geben, bei denen ich mich gegen Gott und die Welt und sicher auch gegen die ach so betroffenen Redakteure von Vårt Land und dem Stavanger Aftenblad verteidigen muss. Das alles ist vorhersehbar. Ich bin nicht dumm. Aber wir können doch nicht unsere Nachrichten aus Angst vor möglichen Reaktionen beschneiden! Wir müssen eine selbstständige Analyse vornehmen. Und meiner Meinung nach werden wir damit Pressegeschichte schreiben. Wenn dieser Verrückte dort draußen weiterhin Menschen abschlachtet, wird noch in hundert Jahren von ihm in den Geschichtsbüchern zu lesen sein. Und wir könnten ein Teil dieser Geschichte sein! So gesehen

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