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Tabu: Thriller

Tabu: Thriller

Titel: Tabu: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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Zweiundzwanzig-Uhr-Sendung gaben beide Newsprinter den Geist auf. Alle fünf Minuten tauchte Wolter bei Skaug auf und fragte, ob er alles unter Kontrolle habe, und jedes Mal lachte Skaug theatralisch.
    Doch als die roten Zahlen an der Studiowand 21:59:55 zeigten, war alles ruhig. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Kristin saß gemeinsam mit Skaug und dem Produzenten in der Regie. Richard Wolter hatte zwischen Arve und Ninni im Studio Platz genommen.
    Die Stimme des Produzenten: »Fünf – vier – drei…«
    Die Erkennungsmelodie ertönte.
    Kamera eins richtete den Fokus auf Ninni. »›24 Stunden!‹ – Heute Abend mit Bildern, die die Welt erschüttern werden!«
    Das Mosaik formte das Bild der Frau in Gefangenschaft, aus dem dann eine Totale des Studios wurde.
    Ninni blickte direkt in die Kamera. »Die dramatische Entführung von Una Mørch hat eine tragische Wendung genommen. Mein Kollege Arve Arnesen weiß mehr über die traurige Entwicklung des Falls.«
    Kamera eins zoomte Arnesen heran. Seine Stimme war tief und ernst:
    »›24 Stunden!‹ wird heute Abend Bilder zeigen, die nicht nur Norwegen, sondern die ganze Welt schockieren werden. Letzte Woche haben wir ein Amateurvideo erhalten, auf dem die gekidnappte Organistin Una Mørch zu sehen war. Ein neues Video zeigt, dass Una Mørch ermordet worden ist. Die Polizei hat ein Großaufgebot eingesetzt, um den unbekannten Täter zu finden.« Er machte eine Kunstpause und blickte zu Boden. »Wir machen darauf aufmerksam, dass der Film, der jetzt folgt, sehr harte Bilder zeigt.«
    Kristin hatte die Reportage chronologisch aufgebaut und mit Pausen und Unterbrechungen ausgestattet. Sie fasste kurz die Hintergrundinformationen zusammen und zeigte Ausschnitte der ersten Videos. Sie hatte sich viel Zeit genommen. Als Una Mørch begann, Orgel zu spielen, schloss sie ihren Kommentar ab. Ein paar Sekunden, bevor der Schuss fiel, wurde der Bildschirm schwarz, während die Musik weiter zu hören war. Dann knallte der Schuss. Der Bildschirm war noch immer schwarz, als man Una Mørchs Körper auf die Tastatur fallen hörte.
     
    Um den Reaktionen zuvorzukommen, hatte die Redaktion eine Liste kritischer Fragen vorbereitet, die Arve, heute ohne Pomp und den sonst üblichen Eifer, die seine Revolver-Interviews normalerweise kennzeichneten, Richard Wolter stellte. Kristins Reportage, das Interview und zwei ergänzende Beiträge, die Caspar gedreht hatte, füllten fünfzehn Minuten der Nachrichtensendung.
    Es entbehrte nicht einer makabren Ironie, dass der nächste Beitrag von den fünfhundert Todesopfern eines Erdbebens in Armenien handelte.

Die Kommission
    Polizeidirektor Runar Vang schaltete den tragbaren Fernseher ab. Himmel und Hölle, dachte er, jetzt haben sie sich aber was eingebrockt, das gibt einen Mordsaufstand!
    Im Vorzimmer begann das Telefon zu klingeln. Wahrscheinlich ein Journalist, der einen Kommentar haben wollte.
    Vang ließ sich auf den Bürostuhl fallen und schlürfte seinen lauwarmen Kaffee. Im Stillen zählte er von zehn abwärts. Bei vier verstummte das Klingeln.
    Sie hatten eine Operationszentrale im Präsidium eingerichtet, die irgendwer in einer makabren Anspielung auf die Vorgehensweise des Mörders bereits »Kinosaal« getauft hatte.
    Es war lange her, dass sie es mit einem derart brutalen Fall zu tun hatten, einem Fall, der im Grunde genommen verlangte, alles andere beiseitezuschieben und fast das gesamte Personal um diese eine Ermittlung zusammenzuziehen.
    Vang schaute aus dem Fenster, vor dem es dämmerte. Es würde eine lange Nacht werden.
    Der Justizminister hatte bereits mit dem Polizeipräsidenten gesprochen. Ungewöhnlich früh. Normalerweise konnten sie wochenlang ungestört arbeiten, ehe das Ministerium sich einschaltete.
    Vang und der Leiter der Kripo waren sich darüber einig, Aksel Antonsen die Leitung der Ermittlungen zu übertragen. Der kräftig gebaute Leiter des Dezernats für Gewaltverbrechen war ein erfahrener Polizist und eine autoritäre Führungspersönlichkeit. Nüchtern und zielstrebig. Vang war klar, dass er genau diese Eigenschaften brauchen würde. Der Druck würde enorm werden. Alle würden ungeduldig sein, nicht zuletzt die Polizeiermittler. Und deren Kritik richtete sich schnell gegen den Ermittlungsleiter. Die einen würden ihm vorwerfen, die falsche Spur zu verfolgen. Die anderen, dass er die Mannschaften anders einsetzen sollte. So war es immer. Und früher oder später würde der eine oder andere Untergeordnete einem

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