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Tacheles

Tacheles

Titel: Tacheles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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zufällig jemand bei diesem Tun beobachtet haben könnte. Doch er warganz allein auf weiter Flur. Vergnügt schürzte er die Lippen zu einem Pfeifen und stieg weiter den Pfad hinan.
    Das Pfeifen verging ihm schnell. Mehr als ihm lieb war kam er ins Keuchen. Ob er vielleicht doch zu viel rauchte? Schwachsinn! Er war einfach nicht in Form, das war alles. Er brauchte mehr Bewegung. Am besten solche, wie er sie mit Eva praktiziert hatte, dachte er verschmitzt. Für fünfzig war er immer noch ganz gut in Schuss, der Weg war einfach zu steil angelegt. Der war für Alpinisten, nicht für herkömmliche Wanderer. Aber er würde nicht aufgeben. So wie er den Fall Demand lösen würde, würde er sich in Bälde ein Glas kühles Helles einverleiben.
    Der Weg schien kein Ende zu nehmen, und Bronstein musste immer öfter eine Pause einlegen. Er stützte sich dann an einem Baumstamm ab und bemühte sich darum, seine Atmung wieder in den Griff zu bekommen. Er fragte sich, ob er nicht irgendwo vom Wege abgekommen sein mochte, denn er war nun schon gut zwei Stunden unterwegs, ohne auch nur die Andeutung einer Hütte entdecken zu können. Der Nachmittag war schon recht weit fortgeschritten, und wenn er in Ruhe sein Bierchen trinken wollte, dann war es hoch an der Zeit, die Ubikation zu erreichen. Er nahm also noch einmal all seine Kraft zusammen und stapfte weiter.
    Endlich wurde die Baumreihe ein wenig lichter, vor ihm tat sich eine Wiese auf. Und wirklich, da stand sie. Er hatte es geschafft. Nach gut hundertfünfzig Minuten konsequenten Aufstiegs war es ihm gelungen, bis zur Gaststätte vorzudringen. Er setzte seine letzten Kraftreserven ein und wuchtete seinen Leib vorwärts. Die Hoffnung auf Stärkung hielt ihn aufrecht, und fast schon taumelnd betrat er den Innenraum der Schänke, um sich schwer auf eine ihrer Bänke plumpsen zu lassen.
    Außer ihm waren kaum Gäste da, und so dauerte es nicht lange, bis die Wirtin nach seinem Begehr fragte. Er bestellte ein Krügel Bier, das nur wenig später vor ihm stand.
    „Sagen Sie“, fragte er die Wirtin, die sich eben wieder umwenden wollte, „wie lange benötigt man üblicherweise vom Panhans hierher?“
    „Das kommt darauf an, ob Sie den Waldweg genommen haben oder die Straße.“
    „Den Waldweg.“
    „Dann höchstens vierzig Minuten.“
    „Oh, da muss ich irgendwo falsch abgebogen sein, denn ich habe fast zwei Stunden herauf gebraucht“, sagte Bronstein.
    „Unmöglich, man kann sich nicht vergehen, denn es gibt nur einen einzigen Weg hierher. Es sei denn, Sie wären wirklich vom Weg abgewichen und quer durch den Wald marschiert. Das hätten Sie aber gemerkt – und ich auch.“
    „Wieso Sie?“
    „Weil Sie dann völlig zerkratzt wären. Die Bäume stehen hier nämlich sehr dicht.“
    Bronstein, der eben sein Bier zum Mund führte und sich überlegte, ob er sich ertappt fühlen sollte, erstarrte mitten in der Bewegung. Was waren sie für erbärmliche Kriminalisten! Demand war mittlerweile schon unter der Erde, und sie einzigartige Leuchten der Polizeiarbeit waren noch nicht einmal auf die Idee gekommen, sich die Schuhe der möglichen Verdächtigen anzusehen! So zermatscht wie Demands Schädel war, musste es jede Menge Blutspuren auf den Tatwerkzeugen gegeben haben. Cerny und er, sie hätten sich von Anfang an automatisch die Schuhe der Befragten zeigen lassen müssen. Was für ein schrecklicher Fehler! Wieso war niemand von ihnen auf diese so naheliegende Idee gekommen? „Ich hätte es merken müssen.“ So ein banaler Satz, und so eine Wirkung.
    Sicher, die Gefahr war groß, dass mittlerweile alle Spuren verwischt waren, aber es bestand immer noch die Chance, Restspuren zu entdecken, denn Schuhe waren ein kostbares Gut, das warf man nicht so einfach weg, und ordentliche Sohlenhatten tiefe Rillen, da mochte sich immer noch etwas finden lassen. Bronstein schöpfte ein klein wenig Hoffnung und trank nun doch einen großen Schluck.
    Er musste sich strukturieren. Als Erstes galt es, die beiden Schläger einzuvernehmen. Zudem hatten beide ihr gesamtes Schuhwerk herzuzeigen, dann würde man schon sehen, was ihre allfällig vorgebrachten Alibis wert waren.
    Bronstein begann sich einzugestehen, dass Kotzler und Murer unmerklich ganz nach oben auf seiner Verdächtigenliste geklettert waren. Wenn er es recht bedachte, dann mussten die beiden einfach in das Verbrechen involviert sein, denn selbst wenn die junge Demand und ihr Stiefsohn die Tat ausgeheckt hatten, sie wären wohl niemals

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