Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Täglich frische Leichen

Täglich frische Leichen

Titel: Täglich frische Leichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
hat.«
Er blickte Rafael an und wedelte mit der Hand, er solle sich gefälligst
entfernen. »Du kannst gehen«, verkündete er hochmütig.
    »Untersteh dich!« drohte ich
Rafael.
    Arturo lächelte mich liebevoll
an und entblößte sein Gebiß, was ihm schon längst einer hätte abgewöhnen
sollen. »Nicht immer sind aller guten Dinge drei, meine Teure«, sagte er. Er
musterte Rafael erneut. »Verschwinde, Dicker«, sagte er kalt. »Oder soll ich
meinem Vater telegrafieren, ich hätte entdeckt, daß du ein Konterrevolutionär
bist?«
    Rafael verneigte sich
schweigend, ging hinaus und schloß die Tür hinter sich. Arturo sah mich an und
lächelte wieder, rutschte näher und war mir schließlich so nahe wie eine
Schicht Hautcreme.
    »Was möchtest du, schönes
Kind?« fragte er sanft. »Ein neues Auto, ein Brillantenkollier — vielleicht
bares Geld? Du brauchst es nur zu sagen, und es gehört dir. Morgen früh.«
    Ich schluckte. »Der Tag war
lang und anstrengend«, sagte ich nervös. »Im Augenblick möchte ich nichts
weiter als eine Tasse Kaffee.«
    »Haha!« Er wollte sich
ausschütten vor Lachen, hieb mir auf den Schenkel und vergaß, die Hand wieder
wegzunehmen. »Du bist ein Spaßvögelchen! Das nenne ich Sinn für Humor!« Sein
Gelächter verebbte plötzlich, er schaute auf seine goldene Armbanduhr. »Aber es
ist schon spät, wir haben keine Zeit zu verlieren. Zieh dich aus.«
    »Was?« Ich starrte ihn an.
    »Das Kleid und so weiter«,
sagte er ungeduldig.
    »Nur über meine Leiche«,
erklärte ich entrüstet.
    »Aha.« Er strahlte mich an. »Du
hast es lieber spannend? Da ist Arturo gern mit von der Partie. Haha!« Er griff
unvermittelt herüber, packte meine Bluse am Ausschnitt und riß sie bis zur
Taille auf.
    Das brachte das Faß zum
Überlaufen. Ich war entschlossen gewesen, mich wie eine wohlerzogene Dame aus
der unerquicklichen Situation herauszureden. Aber das ging offensichtlich
nicht. Und so verlor ich in diesem Augenblick wohl die Beherrschung; der
Marinesergeant, der mich in waffenloser Selbstverteidigung unterrichtet hat,
meinte zwar immer, man solle sie nicht blind im Zorn anwenden, weil man da
leicht etwas kaputtmachen könne, was nicht mehr zu reparieren sei. Gewiß hatte
er recht, aber wie gesagt, ich war so wütend auf Arturo, daß ich nicht mehr
lange nachdachte, ob vielleicht etwas bei ihm kaputtgehen könne...
    Ich bohrte ihm zwei steife
Finger in die Augen und setzte ihm anschließend einen Judoschlag gegen die
Kehle, damit er zu schreien aufhörte. Ich verknotete ihm die Füße hinterm Hals,
dann griff ich mir mit beiden Händen sein rechtes Handgelenk und schleifte ihn
durchs Zimmer. In der Mitte blieb ich stehen und begann mich langsam zu drehen
— Freund Arturo am Händchen haltend.
    Arturo beschrieb zwei Kreise
auf dem Hosenboden, und als wir dann schneller wurden, hob er sich in die Luft.
Ich drehte mich immer flotter, bis er etwa einen Meter Abstand vom Boden gewonnen
hatte, dann bremste ich ruckartig und ließ ihn los. Etwa eine Sekunde lang
konnte man ihn durchaus nicht von einer Rakete unterscheiden. Dann krachte er
mit einem dumpfen Bums an die Wand, von der gleich zwei oder drei Bilder
herunterfielen. Reglos blieb er liegen. Ich holte tief Luft und sagte mir,
dieser Spaß sei gewiß ein neues Auto wert gewesen, vielleicht sogar mit einem
Brillantenkollier als Beigabe.
    Die Tür öffnete sich sehr
plötzlich, und Rafael kam ins Zimmer gestürzt. Er musterte mich sorgfältig, und
ich war mir selber dankbar, daß ich wenigstens einen BH unter der lächerlichen
Bluse hatte. Dann sah er Arturo und sperrte Mund und Nase auf.
    » Madre mia «, wisperte er. »Jetzt haben wir
zwei Leichen auf dem Hals.«
    »Oh, er atmet noch«, sagte ich.
»Und du bist mir ein sauberer Held! Läßt mich allein mit diesem
Westentaschencasanova!«
    »Ich habe ja vor der Tür
gewartet«, krächzte er. »Ich zweifelte keine Sekunde, daß du mit ihm fertig
würdest, Chiquita — aber wenn du doch nur gerufen hättest...«
    »Dann hättest du wahrscheinlich
das Radio angestellt«, sagte ich vorwurfsvoll. »Ich bin fertig mit dir, mit
dir, deinen lebenden und toten Freunden, Rafael Vega! Ich gehe, und zwar ein
für allemal!«
    Ich wollte dies auch auf der
Stelle tun, aber plötzlich war mir auffallend kühl — und da fiel mir die
zerrissene Bluse wieder ein.
    Und dann hatte ich einen
grandiosen Einfall. Ich entledigte mich der Blusenruine, kniete neben Arturo
nieder und zog ihm das scharlachrote Hemd aus. Der

Weitere Kostenlose Bücher