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Täglich frische Leichen

Täglich frische Leichen

Titel: Täglich frische Leichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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er
geistesabwesend. »Wie weit noch?«
    »Du Schuft!« Ich wollte ihm ein
paar langen, aber mein Ellbogen war fest gegen Rafael gepreßt, und ich konnte
den Arm nicht bewegen. »An der nächsten Ecke«, wies ich ihn ein.
    Rafael hielt, wir stiegen aus.
Ich ging voran zum Haus. »Ihr geht die Treppe rauf«, erklärte ich ihnen. »Das
heißt, wenn ihr unbedingt wollt. So im Dunkeln sieht es direkt gespenstisch
aus. Sollten wir nicht lieber erst wohingehen und was
essen...«
    Mein Fehler war, daß ich in der
Mitte geblieben war. Jeder griff mich an einem Ellbogen, und sie hoben mich
ganz einfach auf, so daß meine Füße keinen Boden mehr unter sich spürten. Dann
marschierten sie los.
    Oben vor der Tür stellten sie
mich ab. Johnny versuchte sich an der Klinke. »Jetzt ist sie natürlich nicht
offen«, brummte er.
    »Terry hat zugemacht, als wir
weggingen«, sagte ich. »Tut mir leid, das hatte ich ganz vergessen. Ich glaube,
wir vergeuden wirklich nur unsere Zeit. Wo ist hier wohl das nächste
Restaurant?«
    Johnny sah Rafael an. »Können
Sie dieses Schloß mit ’ner Sicherheitsnadel öffnen?« fragte er. »Hast du
irgendwo was mit ’ner Sicherheitsnadel festgesteckt, Mavis?«
    »Nein«, erwiderte ich kühl.
»Ich trage nur elastische Sachen, wie das heutzutage modern ist.«
    »Ich weiß etwas Besseres als
eine Sicherheitsnadel, amigo «, murmelte Rafael
und zog seine Pistole.
    »Nicht doch«, widersprach
Johnny heftig. »Das hört man ja noch zehn Ecken weiter.«
    »Abwarten«, sagte Rafael und
kramte ein komisches Röhrchen aus der Tasche, das er auf den Lauf schraubte.
    »Schalldämpfer?« meinte Johnny.
» Olé !«
    Rafael zielte aufs Schloß, und
ich hielt mir die Ohren zu, als er abdrückte. Aber die Pistole machte nur
zweimal »Hick« wie einer, der zuviel getrunken hat. Dann stemmte Rafael ein
Bein gegen die Tür und drückte. Sie ging weit auf, wir traten ein.
    Johnny schloß die Tür wieder
und machte Licht. »Mavis, zeig uns den Weg«, sagte er.
    Ich führte sie durchs Wohnzimmer
zum Bad, wo ich an der Wand nach dem Schalter suchte. Ich drückte drauf, und
die beiden schoben sich hinter mir herein. Ich wollte nicht hinschauen, aber
das brachte ich natürlich doch nicht fertig.
    Der Tote war noch da. Genauso,
wie ich ihn zuletzt gesehen hatte, halb im Wasser, halb draußen.
    Johnny pfiff leise durch die
Zähne. »Du hast tatsächlich nicht gescherzt, Mavis.« Er bückte sich, um mehr zu
sehen, dann packte er den Toten unter den Schultern und legte ihn auf den
Boden. Er untersuchte ihn sorgfältig und richtete sich wieder auf. »Keine
erkennbaren Verletzungen«, sagte er. »Er muß in der Badewanne ertrunken sein.«
    Mir schauerte. »Wir
schrecklich. Du meinst, er ist eingeschlafen oder...«
    »Oder jemand hat ihn
überfallen, während er im Bad saß«, sagte Johnny gelassen. »Und ihm den Kopf
unter Wasser gedrückt.«
    »Furchtbar«, flüsterte ich.
»Nachdem ihr’s nun gesehen habt, können wir jetzt wieder gehen?«
    »Nicht so eilig«, meinte
Johnny. »Erst sehen wir uns gründlich in der Wohnung um.«
    »Wollt ihr ihn nicht lieber
wieder ins Wasser legen?« fragte ich nervös. »Ich meine, man soll doch Tote
nicht anfassen, sondern gleich die Polizei verständigen...«
    »Du hast natürlich völlig
recht, Mavis«, sagte Johnny. »Du bist eine vorbildliche Staatsbürgerin.«
    »Na ja«, meinte ich bescheiden,
»ich war ja auch früher mal bei den Pfadfindern...«
    »Jaja, schon gut«, unterbrach
mich Johnny unruhig. »Du erfüllst also deine Bürgerpflichten, Mavis, während
wir Umschau halten. Du legst ihn wieder dorthin, wo er hingehört, ja?«
    »Ich?« rief ich. »Anfassen soll
ich ihn? Nicht im Traum...« Aber das war ein Monolog, weil die beiden schon im
Wohnzimmer verschwunden waren. So sind die Männer! Da überlassen sie einem
armen, hilflosen Mädchen die schmutzige Arbeit, während sie... Mit einem Mal
gewann ich die Erkenntnis, daß ich mich ja allein mit dem Toten im Bad befand!
    Ich prallte gegen Rafael, der
sich gerade über eine Schublade gebeugt hatte. Er fiel vornüber und donnerte
mit dem Kopf gegen einen Spiegel.
    » Por dios !« fuhr er mich an. »Was spielst du denn nun
schon wieder, Chiquita — Stierkampf?«
    »Entschuldige bitte«, erwiderte
ich nervös. »Ich war nur ein bißchen in Eile, weiter nichts.«
    Rafael rammte die Schublade zu
und wandte sich um. »Nichts zu finden, amigo «,
sagte er. »Wer ihn ertränkt hat, wird sich wohl auch hier umgesehen

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