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Taenzer der Nacht

Taenzer der Nacht

Titel: Taenzer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Holleran
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einen Mob von Teenagern und Ehepaaren aus Queens, für die das jetzt der Ort war. Und so zogen wir in diesen duften den Samstagnächten im Sommer hinaus nach New Jersey, dem Strom von jungen Puertoricanern in ge blüm ten Hemden und dünnen Lederjacken entgegen, die ihre Mädchen in die Stadt zum Tanzen ausführten, Horden von Leuten in süßliches Kölnischwasser ge taucht. Aber wer war dort bereits jedes Mal, wenn wir in einer dieser obskuren Bars in Queens oder Jersey City ankamen? Sutherland (und Malone), denn wenn es darum ging, einer Sache überdrü ss ig zu werden, war Sutherland uns immer meilenweit voraus; bevor wir überhaupt nach New York gekommen waren, hat te Sutherland aus diesem Grund schon im Sanctuary, im Alibi, im Blue Bunny getanzt, als die Discos sich immer nur für einen Monat hielten, und das schwule Leben ein hin und her rollendes Würfelspiel war, das durch die ganze Stadt wogte, wie Nomaden ihre Zelte aufschlagen und abreißen. So reisten wir auf parallelen Routen, und Malone wurde letztlich ein sehr guter Tänzer, und es war wunderbar, auf Fire Island oder in Jersey City neben ihm zu tanzen, in diesen affenheißen Räumen oder am Strand, ohne Hemd, seine Brust silb rig vom Schweiß, sein Gesicht so ernst wie unseres, einge hüllt in dieselbe Musik.
    Wir tanzten mehrere Jahre nebeneinander und wech selten kein Wort; auch nicht am Ende einer Nacht, wenn alles in einem Club in der Houston Street zusam menströmte, der noch länger auf hatte, und wohin die Leute gingen, die überhaupt nicht ins Bett finden konnten, die künstlich die Nacht verlängerten, indem sie sich in Räume begaben, deren Fenster schwarz ange malt waren; wo der Bodensatz der Nacht sich traf, die Barkeeper, die Discjockeys, alles übereinander in einen Raum fiel, und alle sonstigen Vorbehalte zusam menbrachen. Die Toilette war voller Leute, die mit Dro gen dealten, Fummeltrinen tanzten mit Mode machern, Stricher spielten Billard, bis ich Stunden später einmal aufsah, und Malone am Rand der Menge stehen und etwas trinken sah, – und über ihm das Tageslicht zwischen den Ritzen der Ventilation schimmerte, – was die ganze Einbildung, es sei noch Nacht, zunichte machte und bewies, daß der Tag nicht nur schon angebrochen war, sondern bereits erheblich voran geschritten – und ich fragte mich in der plötz lichen Stille, warum ich nicht mit ihm sprach. Es war nicht einfach seine Schönheit – so lang, wie wir nun schon miteinander getanzt hatten, war das kein Hin der nis mehr, sich kennenzulernen; es war sein Ge sichts ausdruck. Er war so tiefernst, und mehr, er schien Liebe zu versprechen. Aber wie konnte das sein? Wir waren zu abgebrüht, um daran noch zu glau ben. Wir wollten ihn auf Distanz halten, wie eine unberührte Quelle, eine Belohnung für das Innere unseres Herzens. Wir wollten von Malone geliebt werden mit diesem egoistischen Detail: es sollte eine aus schließ liche Liebe sein. Zuerst dachten wir, er sei Medi zin student; dann hörten wir, daß er in der Seventh Avenue für Clovis Ruffin arbeite; abgesehen davon starb er an einer unheilbaren Knochenkrankheit. Dann sagte jemand, er arbeite überhaupt nicht, und werde von einem episkopalischen Bischof ausgehalten; und so machte Malone so viele Wandlungen durch wie die Diskotheken, in denen wir tanzten. Aber dieser Aus druck verschwand nie von seinem Gesicht. Suther land – der eine Nacht wie ein Holzfäller aussah, die nächste wie eine Gucci-Trine, ein Mittel schul schwimm star oder ein Ausgeflippter aus dem East Village – zog Malone jede Nacht wie eine Puppe an, und führte ihn in die Stadt, um jedermanns Traum zu sein. Wie genau war sich Malone dessen bewußt? Zu jener Zeit wußte er nicht, daß er das Objekt so vieler Augen war; er kümmerte sich nicht darum, daß wir durch den Klatsch völlig übereinander im Bilde waren.
    Und dann verschwand Malone wieder für eine Weile, verliebt in eine der jungen romanischen Schönheiten, aus denen die Hälfte unserer Clique bestand (die ande re Hälfte bestand aus Ärzten, Modemachern und anstän digen Jungen, die nur gerne tanzten), und von denen Frankie für ihn der erste gewesen war. Aber es gab so viele Frankies – das war das Schreckliche – und letztlich kam Malone immer wieder zurück, sah, wie Sutherland aus dem Fenster heraushing, seine gasblau en Perlen schwenkte und auf Italienisch mit den Pas santen sprach. Sutherland erblickte dann Malone, griff sich in die Avocados in seiner Bluse und schrie: „Mein

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