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Taenzer der Nacht

Taenzer der Nacht

Titel: Taenzer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Holleran
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Fenster abwandte.
    „Ich weiß nicht, ob er darauf wartet, mich zum Lunch abzuholen oder mir ein Messer in die Rippen zu stechen“, sagte Malone.
    „Ich frage mich das gleiche jedesmal, wenn ich zu Cecil Ty son’s zum Essen gehe“, sagte Sutherland und starrte aus dem Fenster. „Vielleicht solltest du etwas nach Rom reisen, bis wir das hier geklärt haben,“
    „Aber ich kann doch die Stadt nicht verlassen, so lange er da ist“, sagte Malone kläglich.
    „Armes Kind“, sagte Sutherland und kam vom Fen ster zurück. „Was willst du denn dann machen?“
    Es begann zu regnen, und Frankie trat unter das Vor dach des Museums, während Malone sagte: „Ich will verschwinden. Kann ich Manhattan verlassen, ohne Manhattan zu verlassen? Es wäre besser, wenn ich in einem Loch dieser Stadt verschwinde, wie in den Lö - chern im All, die die Wissenschaftler entdeckt haben.“
    ,,Tja“, sagte Sutherland und legte nachdenklich einen Finger an die Lippen, „du könntest nach Harlem zie hen. One hundred thirtieth Street? Aber die Schwarzen im Norden sind so brutal. Nein, ich glaube, du ziehst lieber in die andere Richtung“, sagte er. „Am besten ziehst du an die Lower East Side.“
    Noch am gleichen Tag fanden Freunde von Malone – der jetzt nur wenig Geld hatte – ein kleines Apartment am St. Marks Place, wo er sich verstecken konnte, bis Frankie nach Hause ging. „Mich würden sie vergessen, sobald ich meine Wohnung für fünf Minuten verlasse“, sagte Sutherland neidisch.
    Und so rollte eines Nachts eine Karawane von Taxis die Second Avenue südlich der Fourteenth Street hinun ter – wo Sutherland einmal gelebt hatte, als er noch bei Warhols Stab mitmachte – durch die schmut zi gen Straßen von East Village in der orangen Hellig keit der neuen Straßenlampen, die die Straßenkrimi nali tät verhindern sollten und so jede Straße zum Gaza-Streifen machten, an dem nur noch der Stacheldraht fehlte, die Fußgänger zu hindern, von einer Straßen seite auf die andere zu gelangen. Die Nutten sahen ihnen zu, wie sie vorbeirumpelten. Die Penner lagen schon im Eingang der Ottendorf-Bibliothek, und die Pen nerinnen schliefen auf dem Bürgersteig neben ihren Kinderwagen voll Müll. „So viel Lokalkolorit!“ sagte Sutherland, als die drei gelben Taxis über die Ziegelsteine der Second Avenue rollten. „So viel rohes Leben. Ganz wie bei Hogarth. Sehr schön!“ sagte er, als ein Mann sich gerade in Richtung eines Wagens, der bei Rot an der Ampel halten mußte, einen herunter holte, während die darin sitzende Frau tapfer in die Ferne schaute und seine Anwesenheit völlig übersah.
    „Weißt du, wer in diesen ganzen Gebäuden entlang der Second Avenue in den Zwanzigern lebte?“ fragte er, und lehnte sich nach vorne, um die großen steiner nen Apartment-Häuser hinaufzublicken, in denen erleuch tete Fenster schimmerten. „Jüdische Gangster! Ja!“, er war selber ganz aufgeregt. „Der berühmte Roy Segal wohnte hier, und Bugsy Levine, und die ganzen Typen, die im Cafe Metropole herumhingen. Sie hiel ten ihre Mätressen hier in diesem Gebäude aus, genau solche wie mich“, sagte er, denn er bekam immer noch gelegentliche Schecks von seinem brasilianischen Neu ro chirurgen und seinem Pariser Kunsthändler. „Die größten jüdischen Gangster der Zwanziger, das hier war ihr Block“, sagte er, als die hellen Simse unter dem gelben Sommermond vorbeiglitten. „Es sind große Woh nungen“, meinte einer der Freunde, die sie beglei teten, ein Stadtplaner aus Boston, „genauso groß wie die an der Upper West Side.“
    „Und wer wohnt jetzt darin?“ fragte Sutherland. Aber bevor der Freund antworten konnte, antwortete Sutherland selbst. „Tunten!“ sagte er. „Tunten, wo die jüdischen Gangster ihre Mätressen ausgehalten haben! Ach, diese Straße war schon immer d é class é , es ist genau die richtige Gegend zum Verschwinden“, sagte er und drehte sich zu Malone um. „Der perfekte Platz für das Verschwinden aus der Gesellschaft. Nicht nur wird keiner wissen, wo du bist, sondern er würde dich auch nicht nach vier Uhr nachmittags besuchen, wenn er e s herausfände!“ Sie stiegen aus dem Taxi aus, und stiegen über den auf dem Rücken liegenden Körper eines Mannes, der im Rinnstein schlief. „Mira!“ sagte Sutherland, und deutete auf einen jungen Puertorica ner, der in der Hüfte nach vorne geknickt war, als ob er nach etwas auf dem Bürgersteig zu seinen Füßen suche. Aber als sie genauer hinsahen, blieb

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