Taenzer der Nacht
„Es muß doch ein Aussehen geben, nach dem er verrückt ist. Es ist doch alles nur eine Frage der Verpackung. Vielleicht“, und er runzel te die Stirn, „steht er auch nicht auf Blonde!“
,,Oh, schaut mal!“, rief ein junger Mann, der am Fen ster saß, „der Sonnenuntergang ist wirklich wunder schön!“
„Dann zieh das Rouleau runter“, sagte Sutherland und wischte einen Aschenbecher mit seiner Schürze aus. „Ich schaue mir nie den Sonnenuntergang hinter diesen Dächern an. Es ist zu deprimierend. Je schöner der Himmel, desto hoffnungsloser die Umgebung.“
„Du mußt ihm nachspüren, seine Gewohnheiten ken nen lernen“, sagte der Dichter, der immer noch vom Problem der Verführung gefesselt war.
„Deshalb bist du auch nach Montauk gefahren, um den Surfern nahe zu sein“, sagte der Dressman.
„Genau“, antwortete er. „Wenn du Giraffen liebst, solltest du in der Serengeti leben, wenn du auf Surfer stehst, mußt du nach Montauk gehen. Und das habe ich auch gemacht.“
„Aber Rafael!“ sagte Sutherland. „Du hast doch nie mit einem geschlafen.“
„Na und.“ Er zuckte mit den Achseln. „Ein Lächeln von ihnen war zehntausendmal aufregender als das aus gefeilteste Blasen einer Tunte in der Sauna. Ich hatte keinen Sex mit ihnen, aber ich habe mit ihnen gesurft, mit ihnen getrunken, zusammen Muscheln ge kocht, neben ihnen im Motelzimmer geschlafen – wer will sich da noch einen blasen lassen?“
„Millionen von jungen Amerikanern, Gott sei Dank“, sagte Sutherland in seinem atemlosen, kehligen Mur meln. „O Gott“, rief er, als er in einen Spiegel sah, „ich habe ja Wanzenbisse!“
Verschiedene Leute kreischten auf, erhoben sich und erklärten, sie müßten jetzt zum Abendbrot nach Hau se; sie stellten sich bei Malone an und wünschten ihm gute Besserung – und, was bei diesen Leuten das Er staun lichste war, sie schienen es ernst zu meinen. Als sie gingen, ließ jedoch die Tür eine neue Woge von Besuchern herein. Wir beobachteten mit Verblüffung, wie plötzlich Gesichter, in die wir unsterblich verliebt waren, den Raum betraten. Janos Zatursky kam, ein ungarischer Physiker, der nur selten lächelte oder sprach (in ihn waren alle verliebt), und Andrew Litton, ein wunderschöner Knabe, der einmal sein Liebhaber gewesen war, und Stanley Escher, ein aufstrebender Architekt, und Robert Truscott, der Erbe eines kalifor nischen Waldes, und dann ein Schw a rm von kakaofar be nen Jungen, die man überall in Manhattan auf Bo ten gängen sieht oder auf verlassenen Grundstücken Hand ball spielen – die spanischen Engel, eine Mi schung aus Kuba, Afrika und Puerto Rico, deren dunk le Augen und feine Knochen kein Schönheitschirurg hätte erfinden können: Alle kamen, um Malone zu küs sen oder mit den Leuten, die schon da waren, ihr Dope zu teilen. Raoul Lecluse kam, von der ehemaligen Lecluse-Galerie, und Felipe Donovan, der Besitzer des Twelfth Floor, und ein Mann der sich die Brustwarzen schon Jahre, bevor es Mode wurde, durchstochen hatte und sich damals auch schon den Kopf rasiert hatte, und John Eckstein, Tänzer beim American Ballett Theatre, und Prentiss Nohant, der Typ, der dafür berühmt war, öffentlich in einem Kostüm aufzutreten, das nur aus Gasmasken bestand.
Und die Subtrinen kamen: Luis Sanchez (der sam stags die Musik im Twelfth Floor machte), und John di Bellas (ein Sportlehrer, den wir sehr verehrt hatten, bis wir merkten, wie arrogant er war); Ed Cort und sein Freund Bill Walker (ein Analmasochist, der mit einer siebenpfündigen Kugel im Arsch zur Arbeit ging); Ed win Giglio (der so unbeliebt war, daß bei seiner Geburts tagsfeier auf Fire Island die Gäste eine Torte mit brennenden Kerzen mitbrachten und sie ihm ins Gesicht warfen – während er auf Trip war); George Riley (ein melancholischer Architekt, der sich nie von einer Liebesaffäre mit einem Mathematikprofessor in Stanford erholt hatte); zwei Stewards, deren Namen wir nicht kannten; Eddie Rien, Paul Orozco und Bob Everett (alles Stricher, die nicht größer als 1,60 waren und nicht älter als zwanzig); Bill Morgan (der wie ein Porträt von Tizian aussah, immer Tripper hatte und auf dem Flughafen arbeitete, wo er Flugzeuge auftank te); Huntley Fish (die berühmten Brüste), Edwin Far rah aus Australien; und Bob Chalmers, ein Millionär, der jeden Abend in die Sauna ging, und im Hotel Pierre lebte, wo er sich alte Tarzan-Filme ansah, bis der Abend kam.
Lynn Feight, ein hübscher Mann aus Philadelphia, der
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