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Taenzer der Nacht

Taenzer der Nacht

Titel: Taenzer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Holleran
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in Carta gena, er wollte nach Rio reisen können, wenn er dazu Lust hätte. Er wollte in der Lage sein, New York von Zeit zu Zeit zu verlassen, und nicht im Austausch da für zu Leuten nett sein müssen. Er wollte sich in dem einzigen Geschäft betätigen, für das ihn seine in New York verbrachten Jahre vorbereitet hatten: Zuhälter zu sein.
    Malone, der Sutherland im großen und ganzen für verrückt hielt, sagte nichts, als dieser Plan vor ihm aus ge breitet wurde, aber da er sich selbst ziemlich orien tie rungslos vorkam, ließ er Sutherland ruhig weiterma chen. Die kleine Waffenruhe, die er mit der Welt in dieser besonderen Weihnachtswoche erreicht hatte, als jeder dachte, er sei nicht in der Stadt, die Stimmung dieses plötzlichen Rückzugs, verflüchtigte sich schnel ler, als Besucherscharen, die beschließen, daß eine Bar out ist. Als wir hingingen, um Malone in dieser Woche zu besuchen, war sein Zimmer bereits überfüllt, denn es braucht einen Unfall wie Malones, um New Yorker zusammen zu bringen, die sonst von den Regeln öffent lichen Lebens gezwungen werden, Fremde zu bleiben. Wann sprechen schon die Leute miteinander, außer bei einem Brand, einem Raubüberfall, oder wenn ein Mann einen Herzschlag bekommt und auf der Straße tot umfällt? Aber die Leute kümmern sich doch um ihresgleichen. Auch die Penner helfen einan der: Man kann sie spät an Winterabenden sehen, wie sie sich über einen Freund beugen und sagen: „Steh doch auf, Mann, steh doch auf!“ und ihn schließlich in den Eingang irgendeines Hauses ziehen, wo sie, der Kälte entronnen, alle übereinander schlafen können; und wenn du selbst im Morgengrauen aus dem Twelfth Floor nach Hause kommst, mußt du sorgfältig über ihre Körper hinwegsteigen und aufhören, auf ihre Ge sichter zu starren und dich zu fragen, wovon sie wohl träumen.
    Unsere kleine (wirklich hauchdünne) Gesellschaft ver sammelte sich also auch um ihren Verwundeten. Aber unser aller Neigung, aus allem eine Party zu machen, war so stark, daß wir, als wir dort ankamen, feststellten, daß die Reste kostspieliger Feste in der City – Blumen, Kaviar, Champagner – Malones Raum schmückten, das Geschenk von Freunden, die bei einer Vernissage am Abend zuvor die Bar betreut hatten. Eine Kassette, die ein beliebter Discjockey extra für Malone zusammengestellt hatte, ging in dem Lärm der Unterhaltung fast ganz unter. Und wie sie plauderten: diese Mengen von Klatsch, die pro Stunde in die Luft ausgestoßen wurden und einen völlig davon über zeug ten, daß keiner von uns auch nur das kleinste Ge heim nis für sich behalten könnte (wir wären wirklich Narren gewesen, das anzunehmen), die Analysen von Liebesaffären, Wohnungen, Karrieren, Gesichtern, Kör pern, Sportstudios und Parties. Während ich mich durch den Mob durcharbeitete, hörte ich, wie mit herab las sendem Achselzucken über einem Glas Karot ten saft eine Bemerkung gemacht wurde, die für alle hätte stehen können: „Naja, er rasiert sich den Rücken !“ Puff, eine weitere Schönheit hatte ins Gras gebissen. „Wegen ihm mußte ich zum Psychiater“, sagte jemand anders. „Bei dem stimmte wirklich gar nichts. Er wohn te an der Upper East Side, er strich seine Böden weiß, er dachte, das Twelfth Floor sei etwas für einsame Herzen.“ Während Sutherland in einem steifen schwar zen Zimmermädchenkostüm herumging und die Aschenbecher in eine braune Papiertüte leerte, frag te der erfolgreichste Dressman New Yorks die Leute, wie er nur einen Jungen für sich gewinnen kön ne, in den er sich verliebt hatte und dem nachgesagt wurde, er interessiere sich nicht für glattrasierte Män ner. „Ich könnte mir einen Bart wachsen lassen“, sagte er. „Aber man weiß ja, was so über Leute mit Haaren im Gesicht gesagt wird.“
    „Was denn?“ fragte ein bärtiger Dichter, der unfähig war, diesen Kreislauf von Discos, Bars und Saunen zu verlassen, den er so oft denunziert hatte.
    „Daß sie dieselbe Farbe hätten wie das Schamhaar“, sagte der Dressman. Er nahm seine Zigarettenspitze von den Lippen und blies sich die Backen in einem komischen Anflug von Arroganz auf. „Wie oft bin ich schon mit traumhaften Leuten ins Bett gegangen, nur um festzustellen, daß ihr Schamhaar von einem stump fen, uninteressanten Grau war. Mein Bart wäre natür lich blond.“
    „Und wenn er dich dann auch nicht anschauen wür de?“ fragte der Dichter.
    „Dann werde ich es mit einem Schn ä uzer probieren“, meinte der Dressman.

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