Taenzer der Nacht
sagte er in einem Ton wie ein Modeschöpfer, der seine letzte Kreation vorstellt, „ob wir ihm nicht eine Hundemarke um den Hals hängen sollten. Oder Talkum über seinen ganzen Körper streu en? Talkum und billiges Eau de Cologne?“ und er for der te uns alle auf, Malone zu begutachten.
„Seht ihr“, sagte er und drehte sich zu uns um, „das wird unser Kunde morgen zu Gesicht bekommen, wenn er durch die Tür kommt. Wir dürfen keinen Feh ler machen!“ Er legte sich die Hand an die Lippen. „Wir könnten immer noch Harry Kaplan bitten herzu kom men. Er hat wundervolle Dinge mit den Schaufen stern von Bendel’s angestellt.“
Aber offensichtlich war das nicht nötig, denn als wir am nächsten Nachmittag mit Einkäufen für ihn und seiner Post kamen, sah Malone genauso aus, wie wir ihn verlassen hatten. Und der hübsche junge Mann , den ich letztens neben Suther land auf dem Sofa im Twelfth Floor hatte sitzen sehen, saß jetzt auf einem Kissen in der Ecke. „Du kannst dir wirklich keine fünf Dinge in deinem Leben vorstellen, die du schon immer hast machen wollen?“ fragte Sutherland ihn gerade, als wir hereinkamen.
„Also, ich wollte schon immer ein Jahr in der Seren geti verbringen, und den Amazonas hinauffahren, und die Galapagos-Inseln besuchen, aber meinst du über haupt so etwas? Ich denke, so etwas will doch jeder machen.“
„Na, jeder nicht gerade“, meinte Sutherland. „Man che von uns würden lieber wie Thoreau eine Reise im Kopf unternehmen. Ich dachte jedenfalls eher an Fan ta sien tief in dir. Geheime Herzenswünsche, sozusa gen.“
„Gut“, sagte der Junge, dessen Ruhe Sutherland bis her keinen Ansatzpunkt geboten hatte, „ich nehme an, wir alle wollen doch – auf keinen Fall allein sein.“ Und seine Stimme wurde ganz dünn. „Was ich wirklich will, ist jemanden, den ich lieben kann.“
„Aha“, sagte Sutherland.
„Aber siehst du“, fuhr er fort, „ich glaube nicht, daß zwei Männer einander überhaupt lieben können ... auf diese Weise. Es wird immer eine sterile Verbindung bleiben, es wird immer mit Schuld verknüpft sein. Manch mal glaube ich, daß Gott eines Tages hoch über der Erde saß, die er gerade erschaffen hatte“, und der Junge seufzte, „und jemand sagte: ,Was könnten wir jetzt hineinschütten, damit alles ruiniert wird. Du hast eine so vollkommene Welt geschaffen, wie könnte man sie dazu bringen, verrückt zu spielen?’ Und jemand anders schlug vor: ‚ Bring doch die Geschlechter durch einander. Laß die Männer nach Männern statt nach Frauen verlangen, und die Frauen nach Frauen. Das würde schon reichen!’ Und das haben sie dann ge macht. Siehst du, das Leben wäre wunderbar, wenn wir nicht schwul wären. Aufzuwachsen, sich zu verlieben, Kinder zu haben, alt werden und sterben. Das ist wirklich schön. Aber dann warf Gott diesen Schrau ben schlüssel ins Getriebe. Wie aus reiner Bosheit!“
„Weiß deine Familie, daß du schwul bist?“ frage Malone von seinem Bett aus.
„O nein“, sagte der Düngemittelerbe. „Niemals. Ich kann’s mir gar nicht vorstellen.“ Er starrte auf den Boden und sagte dann: „Sie sprachen eines Abends in Maine darüber, und mein Onkel sagte: ‚ Wenn ich schwul wäre, würde ich mir eine Pistole in den Mund stecken und abdrücken’.“ Er schaute auf: „So denken sie darüber.“
„Aber sie würden dich doch nicht enterben, oder?“ fragte Sutherland in seiner atemlosen Stimme.
„Ich glaube nicht“, sagte er.
Sutherland hielt sich schnell einen Fächer vors Ge sicht, bevor der Junge ihn anschauen konnte.
„Aber sie werden es nie erfahren“, sagte er.
„Auch gut“, sagte Sutherland. „Aber ich muß sagen, ich bin völlig anderer Ansicht als du, was die Unmög lich keit der Liebe angeht! Es gibt Hunderte schöner junger Männer, die genau dasselbe wollen wie du, aber sie sind zu schüchtern! Zynisch. Pessimistisch. Voller Selbsthaß. Die Liebe fordert sie auf, ihr zu folgen, und sie sagen: ,Nein, ich möchte den Abend lieber in der Her rentoilette des Grand Central verbringen!’ Aber du, du bist doch zu intelligent, zu empfindsam für so etwas. Du brauchst doch nur, mit den Worten von Jeffer son Airplane ‚ someone to love’. Und bevor der Sommer vorbei ist, wirst du ihn haben.“
„Wirklich?“ fragte der Junge mit einem Lächeln, das sich in einem kleinen ironischen Achselzucken auflö ste. „Dann zeige ihn mir doch bitte; ich bin wirklich ge spannt auf diese Person.“
„Wunderbar“,
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