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Taenzer der Nacht

Taenzer der Nacht

Titel: Taenzer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Holleran
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sagte Sutherland, „ich habe tatsächlich schon jemand im Auge.“
    „Wen?“
    „Das kann ich noch nicht verraten“, sagte Sutherland. „Wie Ortega y Gasset sagte: Liebe ist eine Erfahrung, zu der nur wenige befähigt sind. Und ich muß erst ein mal herausfinden, ob du zu diesen wenigen Glückli chen gehörst. Gehen wir. Ich nehme dich mit zu einer Cocktail-Party in der Bank Street.“
    „Oh“, sagte der Junge, als er aufstand, und sein Ge sicht zeigte seine ganze Enttäuschung. Er hatte dort im Licht der untergehenden Sonne gesessen, das durch die Feuerleiter fiel, und Sutherlands Fragen beantwor tet, während Malone dagelegen und zugehört hatte.
    „Alle Typen, die du gestern nacht im Twelfth Floor gesehen hast, werden da sein“, sagte Sutherland.
    „Oh“, machte der Junge.
    „Zumindest liebst du die Schönheit“, sagte Suther land.
    Der Junge ging zum Bett, schüttelte Malone schüch tern die gesunde Hand, und ging dann hinaus, nach dem er sich von uns verabschiedet hatte. „Er ist völlig in dich verknallt“, sagte Sutherland zu Malone, sobald die Tür zu war.
    „Wie meinst du das? Er haßt es, schwul zu sein, und glaubt nicht an die Liebe zwischen Männern.“
    „Mein Lieber, das war doch alles nur um deinet will len“, sagte Sutherland. „Er sprach nicht zu mir, er sprach zu dir! Er ließ seine innersten Zweifel raus, seine Angst und Verzweiflung. Er schob alle Gründe dafür vor, daß er nicht an die Liebe glauben könne, während er bereits von deinen feuchten Küssen träumte! Er redete überhaupt nicht mit mir, er redete zu dir ! “ sagte er und suchte seine Zigaretten, Sonnenbrille und Hut zusammen. „Er sagte nichts als ‚ Liebe ist schwie rig, Liebe ist unmöglich, hilf mir da raus!’ Spätestens am Maifeiertag wirst du es wissen! Tschüß, ihr Lieben, ich nehme ihn mit zu dem vollgestopften Heim einer ausgebrannten Tunte, deren schöne und alkoholisierte Gäste ihn sich nur noch mehr nach dir sehnen lassen werden, Malone, während du dich in diesem Slum auskurierst! Ich rufe heute abend mal an!“
    Er gab Malone einen „Cocktail-Kuß“ und ging zur Tür. „Er ist jung, er ist unschuldig, er zuckt immer noch zusammen, wenn Patty Joe singt ,Make me belie ve in you, show me that love can be true’, und nicht nur das, er glaubt auch daran! Hast du noch nie unter einem Baum am Ufer eines Sees gesessen, wenn ein junges Mädchen auf seinem Fahrrad vorbeikam, und, in der Vorstellung allein zu sein, zum Wasser hinun terging und hinauswatete, um zu schwimmen? Hast du noch nie einen neunjährigen Jungen auf einer Land straße in Georgia gesehen, wie er allein in der Mittags sonne spielte? Hast du noch nie Unschuld gesehen? Na ja, heute nachmittag hast du sie jedenfalls gesehen!“ Und er war zur Tür hinaus.
    „Er glaubt den Schlagern?“ fragte Archer mit einem Grinsen.
    Malone bewegte seine Hand und lächelte. „Ich auch“, sagte er und lehnte sich vor, um den Duft der einzel nen Rose zu riechen, die John Schaeffer heute nachmit tag mitgebracht hatte.
    „Aber der, der gerade gegangen ist, wohl kaum.“
    „Oh, er glaubt den Gedichten auch“, sagte Malone. „Aber gleichzeitig habe ich keine Ahnung, was er sich vom Leben erwartet, oder was er noch vorhat, oder was ihm wirklich wichtig ist. Denn dann“, er schüttelte den Kopf und lächelte über die Absurdität dieser Be haup tung, die völlig dem widersprach, was man ihm beigebracht hatte zu glauben, „sagt er, niemand kann etwas sicher in seinem Leben wissen, außer wie er sich gut anzieht.“

7
     
    S utherland verabscheute Geld – zum Teil, weil er aus einer alten Familie aus Virginia stammte, die Geld für vulgär hielt, und zum Teil, weil Sutherland, der überhaupt nicht ernsthaft war, nur Witz und Schönheit für Quellen des Glücks hielt. Er liebte es, die Geschich te seines Großvaters väterlicherseits zu erzählen, der Stunden auf der Toilette verbrachte und Romane las; das tat er auch an dem Nachmittag, an dem ein entfernter Vetter aus Atlanta mit einem Schwung Aktien einer neuen Firma zu Besuch kam, von denen er woll te, daß S uther lands Großvater sie kaufen solle; aber sein Großvater weigerte sich herauszukommen, ver tieft wie er war in einen Roman von Jane Austen. „Sag ihm, daß ich gerade sehr lange scheißen muß“, sagte der alte Mann zu seiner Schwester durch die Toiletten tür; und der junge Mann ging wieder, und mit ihm ein Vermögen in Coca-Cola-Aktien. So blieb die Familie arm.
     
    Und so saßen

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