Taenzer der Nacht
daß er an der Pißrinne seine Gum mi hose auszog, und der jetzt in Saudiarabien für die TWA arbeitet. Oder ein unbekannter Elektrikerlehr ling, der bei Con Ed arbeitete? Unglücklicherweise gibt es zu diesem Thema kein Stichwort im ,Guinness-Buch der Rekorde’, obwohl ich durchaus bereit wäre, sie an den Ergebnissen meiner Untersuchungen teilhaben zu lassen, wenn sie daran interessiert wären.“
Ein Mann, der uns gegenüber sein eines Bein auf die Bank gelegt hatte, langte jetzt hinab und schob sich eine Schachtel Zigaretten in die Socke. „Oh, das gefällt mir“, flötete Sutherland. „Ich finde das echt Handels marine, sehr geil. Er trägt die Zigaretten in seinen Socken! Ich wette, er hat noch nie etwas von Gentle man’s Quarterly oder Women’s Wear gehört, oder vom Twelfth Floor“, fuhr er fort. „Nach einer Weile wird man es so überdrüssig ... sollte ich ihn nicht heiraten?“ sagte er und starrte zu dem Mann hin, unter dessen weißer Socke sich jetzt eine Packung Zigaretten ab zeich nete.
„Der hat nun überhaupt keinen Schwanz“, sagte jemand. „Wir sind letzten Sommer zusammen nach Hau se gegangen. Was für ein Fehler!“
„Bitte“, seufzte Sutherland. „Ich bin sicher, sein Schwanz ist auch nicht kleiner als meiner“, fuhr er in seiner ruhigen, betrunkenen Vertraulichkeit fort, der einzige Homosexuelle, den Malone kannte, der keine Scheu hatte, das zuzugeben. „Seid nicht zu hart zu uns Unberührbaren. Wir Aussätzigen der schwulen Gesell schaft. Ich habe tatsächlich nur drei Schwänze ken nen gelernt, die kleiner waren als meiner, da wir jetzt gerade bei diesem erstaunlichen Organ sind. Der erste war ein medizinisches Phänomen, ein ehemaliger Mönch, den ich in der Sauna kennenlernte, und der auf Griechen stand. Der zweite war ein Puertoricaner, dem ich in diesem Park vor vier Sommern einen ablutschte. Und der dritte, oh, wer war der dritte? Ich glaube, ein Junge in Pittsburgh“, sagte er mit nachdenklicher Stim me. „Na, egal“, er setzte sich auf. „Ein Homosexueller mit einem kleinen Schwanz ist völlig widersinnig, so, wie ein Mann, der ohne Schläger zum Tennisspielen geht. Ein Opernsänger ohne Stimme. Oh, es gibt Hun derte von Beispielen“, sagte er, aber jetzt sprach er zu Malone, denn die anderen waren, deprimiert von die sem traurigen Thema, alle gegangen, um sich jeman den zu suchen, der davon nicht betroffen war. Er drehte sich zu Malone um, hielt die Gardenienblüte in der Hand, die er von der Einladung mitgenommen hatte, mit der er den Abend in einem Haus begonnen hatte, das auch Malone schon bei einem Kunden be such kennengelernt hatte, und sagte: „Na? Willst du nicht wissen, wie es war? Er hat nur nach dir gefragt.“ Er wartete nicht, ob Malone es wissen wollte. „Ich habe ihm nicht gesagt, daß du ein paar Treppen tiefer warst, in Nummer 34 B, und deinen Schwanz gegen das Ge sicht von Louis Rothschild klatschtest und riefst: ,Du dreckiger Jude, du!’ Er war ganz niedergedrückt. Und als wir danach ins Eagle’s Nest gingen, wurde er fast ohnmächtig.“
„Ohnmächtig?“ fragte Malone.
„Der Junge war wie vor den Kopf geschlagen“, sagte Sutherland. „Er war ganz versteinert, sich inmitten so vieler fleischgewordener Fantasien wiederzufinden. Als ich ihn schließlich mit hinausnahm, zitterte er wie Espenlaub – aber er fragte immer noch nach dir. ,Mag Malone diese Bar? Wer waren seine Liebhaber?’ Im mer, wenn ich irgendetwas vorschlage, fragt er, ob du mitkommst. Ich habe ihm gesagt, daß du zu viel zu tun hast, um mit Nichtsnutzen wie mir herumzulaufen, und dann fragte er, ob ich dich nicht dazu bringen könne, zu einer Party zu kommen, einer richtig großen Party, wenn wir eine auf Fire Island gäben. Er ließ es sich nicht mehr ausreden. Ich mußte nachgeben. Und so“, seufzte er und blies einen Strom Rauch aus, „ge ben wir heute in zwei Wochen in dem Haus in Pines das Fest der Saison, wir geben“ – und noch ein Strom Rauch – „die Grünweiße Party. Und alles, mon c her, nur für dich.“
„Die ‚ Grünweiße Party’?“ fragte Malone schwach.
„Ja, Liebling“, sagte Sutherland. „Mir fiel gerade nichts anderes ein. Fellini war schon dran, Carmen Mi ran da auch, Ägypten auch“, er erinnerte an all die großen und berühmten Feste auf Fire Island in den letz ten fünf Jahren, „die Löwenparty, die ‚ Große Hit ze’, die ‚ Schwarze Party’ , die ‚ Weiße Party’, ‚ Fantasie, Magie und Träume’, ,Quo Vadis’,
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